P.r.o.l.o.g

528 52 30
                                    

Ausschnitt aus dem literarischen Meisterwerk Die Weltenwandlung aus dem Jahr 2113 von Celestino Peet.

"Auch wenn es einst übertrieben und pessimistisch erschienen sein mag, bestätigt uns die Gegenwart nun, was John Boynton Priestley einst gesagt hat: 'Der Mensch von heute: das dümmste Lebewesen, das die Erde hervorgebracht hat: Er kriecht mit seinem Auto in der Großstadt wie eine Schnecke, nimmt die Umweltgifte in sich auf wie ein Staubsauger und ist obendrein noch stolz auf das, was er zustande gebracht hat.'

Nicht nur Priestley hat diese Meinung vertreten. Schon lange bevor unser Planet den Bach heruntergegangen war, wusste die Menschheit, dass sie wie Parasiten lebte. Sie wusste, dass sie etwas ändern musste wenn sie ihren Heimatplaneten retten wollte, doch anstatt zu handeln, hat sie sich ihrem Schicksal ergeben.

Es fing alles so an, wie sie – die Menschen – es vorhergesehen hatten. Neben der Überbevölkerung kam es als erstes zur Eisschmelze. Sowohl die beiden Pole als auch die Gletscher dieser Erde schmolzen. In den Wintern sanken die Temperaturen kaum noch unter die Minusgrade und die Kinder unserer jetzigen Welt sollten niemals den Anblick von Schnee kennenlernen. [...]

Durch all das geschmolzene Eis stieg der Meeresspiegel, was zur Folge hatte, dass Inseln und Küsten überflutet und im Meer versenkt wurden. Der Platz auf unserem blauen Planeten wurde weniger und die Menschen mehr. Der Klimawandel kam der Wüste zugunsten, langsam aber sicher erweiterte sie ihren Lebensraum.

Es war unumgänglich, dass die Menschen sich um Ressourcen und Land bekriegten. Sie schlugen sich mit ihren eigenen, höchstentwickelten Techniken. Dies versteht sich wohl unter ausgleichender Gerechtigkeit, wäre da nicht die Tatsache, dass sie somit auch die Artenvielfalt ihrer tierischen Mitbewohner verringerten. Bis zum Ende wollten sie nicht einsehen, dass sie diese Erde nicht alleine besiedelten. Hochmütig und stolz wollten sie über allen Lebewesen stehen und hielten sich für schlau, doch das sind sie keinesfalls.

Nuklearkriege sorgten nicht nur für eine Gesamtverstrahlung von 60 Prozent, sie vernichteten auch unzählige Kulturen. Die heutige Welt verwendet keine andere Sprache mehr als Englisch.

Auch stieg die Anzahl der Naturkatastrophen und deren Auswirkungen. Erdbeben, Tsunamis und Hurricanes suchten die Erde heim, verwüsteten ganze Regionen und nahmen den Menschen und Tieren ihren zuvor hart erkämpften Lebensraum.

Nach diesen Ereignissen schrumpfte die Menschheit auf das Minimum zusammen, doch dem Schicksal schien dies nicht zu genügen. Noch war der Parasit namens Mensch nicht vollends geschlagen. Es schien als würde sich die Erde oder irgendeine höhere Macht von diesem Ungeziefer befreien wollen [...].

Die Radioaktivität sorgte also dafür, dass alles Lebendige auf dieser Welt mutierte. Das Grundwasser, die Pflanzen und sogar das Fleisch waren verseucht und infizierten die, die sich von der Natur ernährten. Der Mensch zuckte mit den Schultern, wehrte sich mit Medikamenten gegen die Krankheiten und mit in Hallen künstlich angebauten Pflanzen gegen die Strahlung. Auch ihre Nutztiere konnten sie künstlich züchten, doch rechneten sie nicht damit, dass die infizierten Wildtiere auch ein aggressiveres Verhalten aufwiesen [...].

Mit der Zeit kam es zu immer mehr Angriffen von Seiten der Tiere, wodurch der Mensch in die Ecke gedrängt wurde. Sowohl die Natur als auch ihre eigene Technik hatte sie dem Untergang geweiht. Doch wie immer wollte der Mensch nicht einsehen und kämpfte dagegen an.

Sie bauten sich Städte, die von gläsernen Schutzwällen umgeben waren und künstlich klimatisiert wurden, um gegen die wüstenähnlichen Verhältnisse anzukämpfen.

Jetzt, im Jahre 2112 existieren nur noch drei große Städte, erbaut in einem schützenden Zylinder aus Glas, der nach oben hin geöffnet ist. Diese durchsichtige, massive Mauer soll die Stadtbewohner nicht nur vor den Mutanten, sondern auch vor der Natur und dessen Katastrophen schützen. Diese Städte sind Atlanta in Amerika, Köln in Deutschland und Moskau in Russland. Neben diesen letzten Lebensräumen der Menschen wurde noch ein Gefängnisbezirk in Australien, Canberra errichtet, [...].

Aus all diesen Städten gibt es nur einen offiziellen Ausgang, beziehungsweise nur ein Eingangstor: Die Untergrundtunnel, die all diese vier Orte miteinander verbinden. Neben dem Ausgang vereinigt die Menschheit einzig das offene Zylinderdach, die Lüftungsschächte und die Kanalisation der Städte mit der verpesteten, unbesiedelten Außenwelt.

Wie konnten sie es so weit kommen lassen, dass die einzige 'Natur', die ihre Kinder nun kennenlernen, die wenigen Parks in ihren Städten und die Abbildungen auf den Hologrammen in ihren Schulen sind? [...]

Und obwohl die Menschen heute höchst modern leben, haben sie immer noch nicht aus ihren Fehlern gelernt. Immer noch handeln sie nicht. Weder die Armut noch das Leid ihrer Erde interessieren sie, denn daran sei ja so oder so nichts mehr zu ändern, sagen sie.

Anstatt zu versuchen den Mutanten zu helfen – denn letztendlich, auch wenn sie aggressiv sind, sind sie unschuldige Tiere, die aufgrund von Menschen leiden müssen – stehen sie teilnahmslos daneben. Sie könnten versuchen, die verstrahlten Lebewesen zu heilen, doch stattdessen haben sie eine Spezialeinheit ins Leben gerufen, die alle Mutanten, die per Luftweg oder Kanalisation in ihre Städte gelangen, mit Hilfe von Elektroimpulspistolen eliminiert: Der Predatorcut. Und ihre Haustiere sind auch nicht mehr lebendig, sondern maschinell, denn Organismen könnten schließlich mutieren. Auch die Menschen und ihre Zuchttiere leben nur noch durch die Impfung am Tag ihrer Geburt.

Doch das ist anscheinend noch nicht genug Leid. Wenn sie wirklich wollten, könnten sie der Armut ein Ende setzten. Sie hätten die Mittel dazu. Jedoch benötigt der Mensch einen Sündenbock: Jemanden auf den er mit dem Finger zeigen und ihn auslachen kann, um sich selbst besser zu fühlen, um einen Ansporn zu haben. Die Städte haben sich also in die unteren und die oberen Ebenen eingeteilt. In Arm und Reich. In die, die ungebildet bleiben und dem Hunger verfallen, und die, die Schulen besuchen, eine Zukunft haben und sich dann auch noch beschweren.

Sie erschufen Solargebäude, Glasscars und sogar neue Religionen, doch keine Zukunft. Keine auf die sie stolz sein könnten, [...].

Zum Schluss kann ich nur mit dem Kopf schütteln und sagen, dass der Mensch das grässlichste aller Lebewesen war und ist. Mit modernsten Techniken hat die Menschheit versucht, die Infektion einzudämmen. Sie hat versucht, Gott zu spielen, doch die Lebewesen auf diesem Planeten haben nicht gehorcht. Sie haben sich vermehrt und sich ihr Land zurückerobert – so wie sie sind, sind sie nun vollkommen. Doch der Mensch ist es nicht.

Sie versuchten, wenn sie schon nicht die Infektion stoppen konnten, die Mutanten zu verstehen. In Forschungszentren wurden diese armen Tiere missbraucht, angeblich im Sinne der Wissenschaft. Doch geholfen war ihnen damit nicht, also lebten sie weiter hinter ihrem Glaskäfig. Die Menschheit allerdings war noch immer nicht zufrieden, denn sie wollten nicht einsehen, dass sie nicht weiter an der Spitze der Nahrungskette stand. Also plante man einen anderen Planeten zu besiedeln, um diesen alleinig zu besitzen – um erneut zerstören zu können.

Es gibt mehrere Planeten, die die Menschheit besiedeln könnte, mit einem intakten Ökosystem und einem für sie angemessenen Sauerstoffwert, doch diese liegen alle viele Lichtjahre entfernt – viele Sonnensysteme, die sie voneinander trennen. Also war ihre einzige Chance der Mars, doch was sollte der Mensch mit einem toten Planeten, indem er in Kuppeln leben müsste? Da könnte er auch gleich seine Zeit auf Erden verbringen. Und so blieben sie. Blieben auf ihrem zerstörten Heimatplaneten. Ein Zurück gab es nun nicht mehr, den Zeitpunkt zum Umdrehen hatten sie schon lange verpasst. Die Gier nach mehr hat sie zu Boden getreten."

H.E.L.L.H.O.U.N.DWo Geschichten leben. Entdecke jetzt