Kapitel 9

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Es bedurfte keiner weiteren Worte und die Flüchtenden spurteten die Seitengasse entlang und auf die offene Straße. Corvin wurde von dem plötzlichen, hellen Licht geblendet - die Sonne schien hoch über der gläsernen Stadt, doch die Straßen waren kaum belebt. Das einzige Lebenszeichen in ihrer Umgebung waren die funkelnden Lichter der Werbungen und die Glasscars, die alle die selbe Richtung einzuschlagen schienen.

„Sie wollen alle zum Ausgang", stellte Corvin fest und blickte zurück zu seinen Freunden. Arwen klammerte sich noch immer wie ein Klammeraffe an seine Hand und Vaith blickte schwer atmend und starr auf den Boden vor sich. Noch immer klebten ihm Blutspritzer in seinem Gesicht. Delian hingegen blickte sich einfach nur panisch um.

„Los, es geht in die Richtung zum Ausgang. Wir müssen noch einige Ebenen hinter uns bringen", sagte Corvin nun und machte sich auf in die Richtung zur nächsten Treppe. Zu Fuß wäre der Weg noch weit, aber ein Glasscar zu stehlen war so gut wie unmöglich. Vaith und Arwen folgten ihrem Freund ohne zu zögern, doch Delian stand noch immer stumm da und blickte sich um.

„Kommst du?", hakte Corvin ungeduldig nach.

Der Blauhaarige strich sich eine seiner lila Strähnen hinter sein Ohr und meinte: „Ich muss meinen Vater finden. Vielleicht ist er zu Hause. Ich muss zu der oberen Ebene." Daraufhin schlug der Reiche schnellen Schrittes die entgegengesetzte Richtung ein.

Im Grunde hätte Corvin ihn ziehen lassen können, dann wäre er die Nervensäge los gewesen, doch er war niemand, der andere Personen in den Tod laufen ließ. Und den steuerte Delian gerade ganz klar an. „Bist du noch ganz dicht!", rief er ihm also hinterher, woraufhin Delian in seiner Bewegung stockte.

„Was willst du noch?", rief er erbost zurück.

Corvin warf seine Arme in die Luft und fing an, wild zu gestikulieren: „Du willst nach oben, obwohl der einzige Ausgang unten liegt? Und dann auch noch alleine, unbewaffnet? Dein Vater ist vermutlich auch auf dem Weg zum Untergrundtunnel, es wäre Selbstmord, nicht diesen Weg einzuschlagen!"

Ehe der verzogene Junge antworten konnte, hörten die Flüchtenden einen lauten Knall aus der Seitengasse. Für Corvin hörte es sich stark nach Stahl an, welcher aufgebrochen wurde. Der Slums blickte perplex auf die Gasse, dann zu Delian, welcher mitten auf der Straße stand. Wie auf einem Präsentierteller. Kein Glasscar war mehr weit und breit zu sehen oder zu hören. Mit stummen Handzeichen winkte der Schwarzhaarige den anderen zu sich herüber. Dieser folgte seiner Anweisung nach kurzem Zögern. Glücklicherweise war der Reiche doch nicht so dämlich wie Corvin erwartet hatte.

Corvin erinnerte sich, dass der Höllenhund angeblich Infrarot sehen konnte und hoffte inständig, dass er nicht auch einen genauso ausgeprägten Geruchssinn besaß wie ein Wolf. Also öffnete er die Tür des Gebäudes neben ihnen und deutete den anderen ihm zu folgen. Im Innenraum erkannte er, dass es sich bei dem Gebäude wohl um einen Klamottenladen handelte - mit vielen Kleiderständern. Er duckte sich hinter die Kasse und die anderen taten es ihm gleich.

Für eine Minute herrschte nur Stille. Das Einzige, was man spürte, waren die bebenden Körper neben ihm. Vom Höllenhund vernahm er kein noch so winziges Zeichen. Corvin hockte sich hin und lugte vorsichtig über die Tischplatte der Kasse. Als er den Mutanten vor dem Schaufenster erkannte, wie er mit der Nase auf dem Asphalt schnüffelte, warf er sich sofort wieder auf den Boden.

„Ist er da?", flüsterte Delian ihm ins Ohr.

Der Slums nickte stumm. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, denn er war sich nicht sicher, ob er unbemerkt geblieben war.

Minuten verstrichen und noch immer traute sich niemand einen Muskel zu regen, dann stieß Delian ihn, als Aufforderung über die Tischplatte zu gucken, an.

H.E.L.L.H.O.U.N.DWhere stories live. Discover now