Kapitel 24

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Der dritte Tag verlief ruhig. Vor allem da Corvin viel nachdachte. Das tat er zurzeit vermehrt. So vieles beschäftigte ihn - Vaith, Arwen, Delian, all ihre Erlebnisse und all das, was zerstört werden würde, wenn sie ihr Ziel erreichten.

Die Nacht war im Vergleich zum Tag tosend. Es regnete und das Schiff schwankte aufgrund des starken Wellengangs heftig. Während der Dunkelheit konnte das Schiff nicht fahren, zwar hatten die Schlepper einen Speicher, der etwas Energie des Tages aufbewahrte, doch hielt dieser Akku nicht die gesamte Nacht über. Nach gut vier Stunden war auch der Speicher aufgebraucht und sie schwankten auf der Stelle.

Am vierten Morgen konnten sie endlich weiterfahren. Daran erfreuen konnte Corvin sich trotzdem nicht. Geweckt wurde er von Vaith, welcher neben ihm zu würgen anfing.

„Hey, was ist los?", fragte er, während auch Nameless, Arwen und Delian erwachten. Wie als Antwort, spuckte der Blonde Blut auf den Boden vor sich und röchelte weiter.

Nameless schrak auf und rief noch ehe er die Treppe hoch verschwand: „Ich hole die Ärztin."

Diese kam auch kurz nach der Ankündigung die Stufen herabgeeilt. Sie hockte sich zwischen Delian und Corvin, welche beide beruhigend auf den Erkrankten einzusprechen versuchten. Arwen hatten sie bereits nach oben zu Livsey geschickt, damit das kleine Mädchen sich diesen schrecklichen Anblick nicht antun musste.

Jegliches Wasser und Essen hatte Vaith abgelehnt und er hatte begonnen, sich die Haut an seinen Armen aufzukratzen. „Es juckt", wiederholte er immer wieder mit geröteten Augen und kratziger Stimme, die klang als würde sie über Schmirgelpapier gerieben werden. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet und die Ärztin blickte besorgt.

Schweigend winkte sie die Gruppe hoch ans Deck, wo sie sich seufzend auf die Reling setzte und sofort aufklärte: „Der Junge hat sich definitiv schwer infiziert."

„Ja, aber können wir etwas für ihn tun?", drängte Corvin weiter. Sein Herz pochte aufgewühlt in seiner Brust. Vaith war neben Arwen der einzige aus seiner damaligen Wohngruppe, welcher noch am Leben war. Ilona hatte es nicht einmal aus der Stadt heraus geschafft, der Höllenhund hatte sie total durchdrehen lassen.

Die Ärztin, die ihre dunklen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, meinte kühl, aber ehrlich gemeint: „Ihn erlösen."

Corvin klappte die Kinnlade herunter, als er das hörte. „Das kann nicht dein Ernst sein!", keuchte er ungläubig.

„Leider doch. Er ist eine Gefahr."

„Wer ist eine Gefahr?", fragte plötzlich ein Schlepper von hinten und schnell hatte sich eine kleine Traube um die Ärztin und die Mitreisenden gebildet. Penski ließ daraufhin nicht lange auf sich warten.

„Wieso arbeitet hier niemand?", hakte er versucht freundlich nach, wobei sich sein Gesicht zu einer Grimasse verzehrte.

„Der blonde Junge...", setzte die Ärztin an.

„Vaith", korrigierte Corvin.

Die Ärztin rollte genervt mit ihren Augen und fing auf ein Neues an: „Vaith ist eine Gefahr für uns. Er hat sich infiziert. Unheilbar." Ein Raunen ging durch die Menge.

Einer schrie: „Dann töten wir ihn halt!"

Eine Frau rief: „Oder wir werfen ihn über Bord!"

Corvin ging dazwischen und knurrte: „Das machen wir nicht!"

„Ach ja, spätestens wenn er anfängt euch im Schlaf zu beißen und ihr dann auch infiziert seid, wirst du das bereuen", konterte ein Mann mit vernarbtem Gesicht.

H.E.L.L.H.O.U.N.DWhere stories live. Discover now