Kapitel 3

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„Lassen Sie uns herein, damit wir vernünftig reden können“, sagte Flynt gerade. Corvin realisierte diese Worte kaum, nur eine Sache schwirrte ihm noch im Kopf herum. Arwen. Arwen war gefangen genommen worden.

Noch ehe der Junge geantwortet hatte, drängten sich die Polizisten an ihm vorbei und stellten sich in der Wohnung auf.

„Hey!“, rief Ilona empört und Vaith blickte perplex, aber schweigsam in die Runde. „Was genau soll Arwen denn verbrochen haben?“, hakte die Schwarze patzig nach und verschränkte ihre Arme vor der Brust.

Flynt drehte sich zu ihr um und schilderte: „Sie hat von mehreren Marktständen vereinzelte Lebensmittel gestohlen. Ein Wachposten hat sie dabei persönlich erwischt, es besteht also keine Verwechslungsgefahr.“

„Sie ist noch nicht strafmündig, ihr müsst sie also wieder frei lassen“, entgegnete nun Corvin, der aus seiner Schockstarre erwacht war.

„Natürlich“, versicherte der Chief, ließ seinen abschätzigen Blick über das Mobiliar schweifen und verkündete: „Allerdings seid ihr nicht zum ersten Mal negativ aufgefallen.“

„Was soll das heißen?“, zischte Ilona und lehnte sich an die Küchenzeile, welche daraufhin gefährlich zu knarren anfing.
Der Glatzkopf ließ seinen dunklen Blick auf Corvin verweilen und stellte klar: „Ihr Bruder wurde heute noch aufgrund von Diebstahl gekündigt. Und Vaith Mitter wurde schon öfter in Schlägereien verstrickt. Ich weiß, dass ihr Slums seid, aber um hier weiter leben zu dürfen, müsst ihr euch trotzdem zivilisiert verhalten. Oder ist das zu viel verlangt?“

„Sie drehen sich auch alles so wie es Ihnen passt“, rief Ilona und trat mit wütendem Blick auf den Polizeichef zu. Seine Begleiter sahen das Mädchen als offensichtliche Bedrohung und machten sich mit ihren Elektroimpuls-Waffen schussbereit.

„Stopp!“, Corvin sprang zwischen das Mädchen und den Lauf und breitete seine Arme schützend aus. „Was wird von uns verlangt?“, hakte er nach.

„Corvin!“, entgegnete seine Freundin hinter ihm empört. Das Mädchen hatte sich noch nie dem System anpassen wollen, aber hier ging es um Arwen. Er musste sie beschützen.

Flynt gab seinen Männern ein Handzeichen, sie sollten ihre Waffen senken. Die Truppe tat wie befohlen und Corvin entspannte sich etwas, nun wo keine Pistolen mehr auf ihn gerichtet waren.

„Wie Sie schon sagten, ist Ihre Schwester noch nicht strafmündig“, fing der Chief an ihre Situation zu erklären und verdeutlichte ihre Probleme, indem er sagte: „Da Ihre Eltern beide verstorben sind, sind Sie nun Arwens Vormund, und das sogar nur inoffiziell. Wir könnten sie jederzeit ins Heim schicken, aber ich werde ein Auge zudrücken.“ Corvin wollte schon erleichtert ausatmen als der Polizist einen Finger hob und mit dem geliebten Wort „aber“, fortfuhr. „Dafür müssen Sie Freiwilligenarbeit leisten.“

„Freiwilligenarbeit?“, hauchte der Junge.

Flynt nickte: „Sozialarbeit.“ Ein Ansatz von Zufriedenheit flog über seine Mimik. Dieser Dreckskerl!

Als erstes wurde Corvin bewusst, dass er mit dieser Aktion Arwen retten würde, als zweites, dass er mit gemeinnütziger Arbeit kein Geld verdienen würde. „Was ist, wenn ich mich weigere?“, informierte er sich über seine momentanen Chancen.

Der Polizeiführer verschränkte die Arme vor seiner Brust. Unangenehm lag die Anspannung in der Luft wie eine schwere Wolke vor einem gewaltigen Gewittersturm. Dann sagte der Mann: „Wenn Sie sich weigern wird Arwen in ein Heim geschickt und Sie in den Gefängnisbezirk.“

Corvin zog seine Brauen nachdenklich zusammen. Wenn man es genau nahm, hatte er also gar keine Wahl. „Na schön“, seufzte er. „Wann soll ich anfangen?“

H.E.L.L.H.O.U.N.DWhere stories live. Discover now