Kapitel 17

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Corvin blickte an sich herab. Auf seiner braunen Haut war die weiße Kontur besonders gut zu erkennen. „Was interessiert dich das?", gab er etwas bissig zurück. Er wollte jetzt kein Gespräch anfangen, nicht mit Delian und erst recht nicht über sein Leben.

„Ich habe noch nie jemanden mit einer Narbe gesehen... War nur neugierig", erklärte der Junge leichthin und schüttelte sich die Tropfen aus den triefenden Haaren.

Corvin jedoch blieb weiterhin stur: „Ach ja? Hast du keine eigenen Probleme?" Daraufhin schwieg der andere einzig und musterte ihn mit einem seltsamen Blick. In ihm lag eine gewisse Ruhe, hauptsächlich allerdings Neugierde, als wäre er ein Zootier.

Auch wenn Corvin es niemals eingestehen würde, machte ihn dieser Ausdruck etwas nervös. „Hörst du auf, mich so anzustarren, wenn ich es dir erzähle?"

„Vielleicht", entgegnete Delian und ein schiefes Grinsen legte sich auf seine Lippen.

Für einen Moment dachte Corvin über dieses Wort nach, dann entschied er sich, dass diese Narbe sowieso keine große Sache gewesen war. Wenn der andere dann aufhören würde so zu starren, sollte er diese irrelevante Information doch erhalten. „Es war ein Messerstich. Als mich jemand überfallen wollte, das war's."

„Das war's?", rief Delian entsetzt aus und konnte anscheinend nicht fassen, dass er den Vorfall so auf die leichte Schulter nahm. „Also wenn mich jemand abstechen würde, würde mein Vater Himmel und Hölle in Bewegung setzen."

Schon wieder fing Delian mit seinem Vater an. War er jetzt gegen ihn oder stand er doch auf seiner Seite? Offensichtlich konnte der Junge sich nicht einmal selbst entscheiden.

„Ich bin aber nicht du, sondern nur ein Slums. Bei uns liegen die Leichen zwei Tage auf der Straße herum - ausgeraubt und vergewaltigt - ehe jemand kommt, um sie wegzuschaffen. Denkst du, es interessiert dann, wie oder warum sie gestorben sind oder ob sie Familie hatten?", murrte Corvin sichtlich genervt. „Oh, ein weiterer Slums, sagen sie", ahmte er mit verstellter Stimme nach. „War bestimmt Selbstmord, ist vielleicht auch besser so, sagen sie", fuhr Corvin frustriert fort. Die Realität war doch so bitter, besonders wenn man zu den Chancenlosen gehörte.

„Ich...", erhob Delian zögerlich seine Stimme. Das Mondlicht ließ seine Haut besonders blass erscheinen oder vielleicht war er tatsächlich so nervös, dass ihm jegliche Farbe entwichen war - nur seine Arme waren Krebsrot aufgrund seines schweren Sonnenbrandes. „Tut mir leid."

Corvin blickte ihn perplex an, dann warf er seinen Kopf in den Nacken und lachte schmerzhaft auf: „Was tut dir leid? Etwa, dass ich arm bin? Im Leben geht es um mehr als nur Geld... Auch wenn man ohne Geld leider nicht leben kann." Wild gestikulierte er mit seinen Händen.

„Das meinte ich damit nicht", warf Delian blitzschnell ein. Als Corvin seinen Blick wieder auf ihn richtete, senkte der Reiche seinen und blickte herab auf seine im Wasser treibenden Füße. Langsam, so musste er sich gestehen, empfand er die kühle Flüssigkeit nicht mehr als angenehm, sondern als eiskalt - wie tote Finger, die sich um seine Fußgelenke schlangen - und eine Gänsehaut legte sich über seinen gesamten Körper.

Corvins Blick blieb eisern. „Und was meintest du dann?"

„Na ja... dass... ähm", Delian kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und dachte scharf über seine folgenden Worte nach. Er wusste, dass sein Gesprächspartner leicht zu reizen war. „Versteh das nicht falsch, ich heuchle kein Mitleid, aber... wie soll ich das sagen..." Er brach den ersten Versuch seiner Erklärung ab.

„Sag doch einfach, was du denkst, tust du doch sonst auch immer", warf der Slums ihm kühl an den Kopf.

Delian nahm seine Beine aus dem Wasser heraus, um zumindest teilweise der Kälte zu entfliehen und rappelte sich dazu auf, erneut eine Erklärung zu starten. „Tut mir leid, dass ich vor ein paar Tagen so scheiße war... und so getan habe, als wäre mein Leben schrecklich gewesen", sagte er letztendlich.

H.E.L.L.H.O.U.N.DTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang