Kapitel 21

125 16 1
                                    

Delian fixierte mit seinen gelben Augen den Leichnam vor sich. Im Dämmerlicht erschien das Blut beinahe schwarz – eine düstere Pfütze am Boden, in welcher der Tote ertrunken zu sein schien. Ein schweres Gefühl machte sich in seinem Magen breit und er glaubte brechen zu müssen. Wie hatte er einen Menschen töten können?

Er schaffte es, sich zwei Schritte von dem Toten zu entfernen, ehe er sich nach vorne beugte und sich auf den sandigen Boden übergab, bis sich nichts mehr in seinem Magen befand, was er hätte ausspucken können und nur noch der bittere Geschmack nach Galle in seinem Mund zurückblieb.

Angewidert wischte er sich die Überreste von den Mundwinkeln und versuchte schleunigst zu vergessen, was gerade vorgefallen war.

Taumelnd wandte er sich dafür von dem Ermordeten ab – als würde es etwas an seiner Tat ändern – und stieß die Glastür vor sich, welche in das große Gebäude führte, auf. Im Inneren schwebten Staubschwaden umher und ließen die Luft stickig wirken. Durch seine durchgelaufenen Schuhe konnte er den harten Boden spüren, was ein ungewohnt gewohntes Gefühl verursachte. Kein Ton war zu vernehmen und der Junge versuchte so vorsichtig wie möglich aufzutreten – hatte kaum den Mut zu atmen. Die Lobby sah edel aus – in schwarz, weiß gehalten mit goldenen Verzierungen. Die Trümmer ließen den Raum traurigerweise bedrückend wirken. Scherben und Sand lagen über den Boden verteilt und die wenigen Einrichtungsstücke waren größtenteils zerstört.

Delian schlich herüber in den ersten Flur und erhoffte dort einen Weg nach unten zu finden. Er bezweifelte, dass der Fahrstuhl noch funktionieren würde, also würde es wohl darauf hinauslaufen, dass er auf die altmodische Weise einen Stock tiefer gelangen musste. Als er um eine Ecke bog, hörte er durch die Ferne gedämpfte Stimmen. Erschrocken blieb er stehen und warf seinen Blick von einer Seite zur anderen auf der Suche nach einem Versteck. Der Gang war leer, außer defekten Wandlampen und einem zerfetzten Teppich war nichts in Sicht. Eine andere Möglichkeit, als schnell zurück um die letzte Ecke zu huschen, blieb ihm nicht. Ängstlich lugte er um diese und sah am Ende des Flures mehrere Gestalten aus einem Zimmer treten. Sie tuschelten undeutlich miteinander und verschwanden kurz darauf in einem anderen Raum. Erleichtert atmete Delian aus, wartete zur Sicherheit noch einige Sekunden und schlich dann weiter vorwärts.

In der Hoffnung, der Raum, aus dem die Räuber gekommen waren, sei der gesuchte Keller, steuerte er die alte Tür an. Sie bestand aus Holz und hing nicht mehr völlig gerade in den Scharnieren. Glücklicherweise quietschte sie nicht als Delian sie zögerlich aufstieß. Vorsichtig warf er einen ersten Blick in den Innenraum. Vor sich reichte eine steinerne Treppe herab in einen nur schwach beleuchteten Raum. Er hörte Stimmen von unten – leider keine ihm Bekannte. Doch änderte dies nichts an der Tatsache, dass dieser Raum nur gerade so nach Gefangenen-Keller schrie. Wenn die anderen nicht hier waren, dann wusste er nicht, wo er weitersuchen sollte.

Lautlos stieg er eine Stufe nach der anderen herab. Sein Herz schlug in einem ungesunden Rhythmus gegen seine Brust und er versuchte seinen Atem weiterhin flach zu halten. Die Wände, die den Raum umschlossen, waren dunkel und brüchig, kein Fenster erhellte den Raum, einzig ein paar wenige Kerzen. Vor ihm standen ordentlich aufgereiht einige befüllte Regale – mit allem nur möglichen Kram. Dahinter, in der letzten Ecke des Kellers, konnte er Gestalten hocken sehen.

Kriechend näherte sich Delian diesen und lugte dabei ängstlich durch die vollgestellten Metallregale hindurch. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass es sich bei den zwei Gestalten um Räuber handelte – eine Frau und einen Mann. Sie hockten vor drei, an Rohre gefesselte, Personen: Corvin, Arwen und Nameless. Einerseits erleichtert, die Verschollenen endlich wiedergefunden zu haben, andererseits besorgt, da sie von zwei weiteren Räubern bewacht wurden, biss Delian die Zähne aufeinander. Jetzt müsste er sich erneut etwas zur Befreiung ausdenken.

H.E.L.L.H.O.U.N.DWhere stories live. Discover now