Kapitel 26

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Das Schiff wurde ein zweites Mal gerammt und Delian entdeckte neben ihnen im Wasser eine gigantische Rückenflosse. „Das sieht nicht gut aus!", rief er panisch und wich von der Reling zurück. „Wieso müssen Mutanten bloß aggressiv sein?"

„Wäre es dir lieber, mit ihnen zu kuscheln?", schnaubte Nameless, eine teils rostige Klinge glitzerte in seiner Hand. Die Schlepper hatten ihm diese vermutlich gegeben.

„Kriegen wir keine Waffen?", hakte Corvin nach und nickte zu der Klinge in Nameless' Hand, die auch er bereits bemerkt hatte. Gegen Haie würden diese Nahkampfwaffen im Moment wohl eher weniger nützen, aber der bloße Gedanke daran, sich im Notfall verteidigen zu können, wäre schon beruhigend genug.

Nameless' Blick huschte zu dem Gegenstand und dann zurück zu dem Jungen. „Ich denke, sie vertrauen euch seit dem Vorfall mit Vaith nicht mehr so ganz. Vielleicht solltet ihr unter Deck gehen."

Corvin legte seine Stirn in Falten und überlegte für einen Moment, während das Schiff hin und her schwankte und Wellen bis über die Reling platschten.

„Wir haben unten noch unsere eigenen Waffen liegen", erinnerte Delian ihn daraufhin, war sich aber nicht so sicher, ob er nicht doch lieber unten in Sicherheit verweilen würde.

„Lasst den Sprecher herab!", vernahmen die drei plötzlich einen Schrei über den tosenden Lärm der Wellen und Rufe. Der Tumult legte sich etwas und die Schlepper fingen an, sich organisierter zu bewegen. Penski deutete über die Reling: „Haltet die Haie von dem Sprecher fern." Daraufhin platzierten sich mehrere Schlepper neben ihm und visierten mit Schusswaffen das Wasser an. Eine Rückenflosse tauchte auf und die Gruppe feuerte.

„Von welchem Sprecher reden sie?", fragte Delian.

Nameless antwortete: „Penski hat gesagt, dass sie einen Lautsprecher besitzen, welcher für die Mutanten unangenehme Töne abspielt. Sie benutzen es einzig im Notfall." Nach dieser Erläuterung erblickten sie eine Schlepper-Frau, die mit einem Kästchen, welches von einem Käfig umschlossen war, zu der Gruppe gerannt kam. Mit Hilfe einer Kette ließ sie es über der Reling baumeln.

„Wo sind die Haie?", rief sie durch den Sturm.

„Zu nah. Warte noch mit dem Herablassen!", kam die Antwort von einem anderen.

Ein weiteres Mal wurde das Schiff hart gerammt. Delian hatte das Gefühl, es würde kurz vorm Kippen stehen. Entsetzt klammerte er sich am Treppengeländer fest und beobachtete, wie einer der Schlepper schreiend über Bord fiel. Keine Sekunde später vernahm man das Schnappen von kräftigen Kiefern und ein angsteinflößendes Fauchen. Der Schrei verstummte.

Delian umklammerte das Geländer noch fester, so als würde sein Leben daran hängen - vielleicht tat es das ja auch. Ängstlich sah er Corvin und Nameless dabei zu, wie sie zu Penski an die Reling traten. Er meinte unverständlich etwas von wegen, dass sie alles unter Kontrolle hätten, zu verstehen. Ob das der Wahrheit entsprach, konnte der Junge nicht so recht glauben. Durch das starke Schwanken drehte sich sein Magen um und er hörte weitere Schüsse und dann den Befehl, den Sprecher herabzulassen. Die Schlepper-Frau von zuvor folgte der Aufforderung und ließ die Kette nach und nach über die Reling gleiten. Das andere Ende war an einem Harken befestigt.

Als Corvin sich kurzzeitig zu Delian umdrehte, ergriff dieser die Möglichkeit und winkte ihn eilig zu sich herüber. Der Slums prüfte noch einmal die Situation - er schien nicht gebraucht zu werden - dann kam er über den rutschigen Boden herüber zu Delian geschlittert. „Was ist los?", fragte er sogleich.

Delian zischte ungläubig auf: „Seid ihr lebensmüde? Wieso stellt ihr euch zu denen an den Rand?"

Corvin stemmte die Hand, mit der er sich nicht am Treppengeländer festhielt, in seine Hüfte und meinte als wäre es selbstverständlich: „Vielleicht hätten sie unsere Hilfe gebraucht."

H.E.L.L.H.O.U.N.DWhere stories live. Discover now