9- Erinnerungen und Ängste

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Ich konnte sein Verhalten einfach nicht begreifen. Wie konnte ein Mensch nur solche Ansichten haben? Niemals könnte ich freiwillig bei ihm bleiben. Nicht nach sowas.

Wäre ich ihm unter anderen Umständen begegnet, wäre ich bestimmt mal mit ihm ausgegangen und hätte mich vielleicht sogar in ihn verliebt, trotz des Altersunterschiedes, welchen ich eigentlich gar nicht so dramatisch fand.

Er gehörte nun einfach zu der Sorte Mann, der bestimmt bei jeder Frau gut ankam. Er war groß, bestimmt fast zwei Meter oder so, aber dennoch nicht zu groß. Außerdem hatte er eine breite Statur, einen ausgeprägten Kiefer und ein kantiges Kinn. Er war eben der Inbegriff von einem Mann.

Hör auf zu sabbern!, dachte ich mir und hätte mir selbst eine Ohrfeige geben können.

Warum musste ich nur solche Gedanken haben? Wäre ich schon vorher mit ihm zusammengekommen, hätte er mich bestimmt sehr schnell zum Heiraten verführen können und dann hätte ich erst später von seinen Ansichten erfahren. Und dann hätte ich alles bitter bereut!

Nur was sollte ich jetzt tun? Ich wollte keinen Mann heiraten, denn ich nicht kannte und ganz bestimmt nicht so einen, der einen behandelte wie ein Spielzeug.

Ich lag immer noch auf den Bett und drehte meinen Kopf nach rechts. Dort konnte ich ein kleines, rundes Fenster sehen.

Neugierde packte mich und ich richtete mich auf, um näher an das Glas zu kommen. Als ich hindurch sah, stockte mir der Atem, wie immer, wenn ich mit einem Flugzeug flog. Die Aussicht war unglaublich schön, aber zum größten Teil ziemlich beängstigend, da ich nur Wolken sah.

Sofort bekam ich ganz weiche Knie und mein Herzschlag beschleunigte sich. Ich bekam Angst. Schließlich befanden wir uns mitten in der Luft, mehrere Kilometer über den Erdboden.

Früher bin ich oft mit meinen Vater geflogen und ich hatte ziemlich Angst bekommen, doch mein Vater hatte mich immer wieder beruhigen können.

"Mach dir keine Sorgen, Prinzessin," sagte er. "Daddy passt auf dich auf."

Er hatte eine beruhigende Art an sich und sobald er mich in den Arm genommen hat, ging es mir wieder besser. Mein Vater würde mich beschützen, mein Vater würde mich immer retten.

Das hatte ich als Kind immer geglaubt und auch jetzt glaubte ich daran. Damals bin ich sogar davon ausgegangen, dass er mich selbst aus einem abstürzenden Flugzeug retten konnte.

Mein Atem ging immer hektischer. Ich hatte Höhenangst, Angst vorm Fliegen und Angst vor engen Räumen. Und all diese Ängste schlugen auf einmal ein.

Ich war in einer unglaublichen Höhe, in einem zu kleinen Raum und das auch noch allein! Natürlich bin ich schon oft mit meinem Dad geflogen, aber bei ihm konnte ich mich wirklich darauf verlassen, dass er einen erfahrenen Piloten angeheuert hatte. Was ist also, wenn dieser hier nicht so gut ausgebildet war? Achtete 'mein Verlobter' überhaupt auf sowas? Was ist also, wenn er völlig unqualifizierte Mitarbeiter hatte. Ich hatte eindeutig zu wenig Vertrauen in andere Menschen, aber das war nicht umbedingt immer schlecht.

Ich konnte in großen Flugzeugen fliegen, ohne dass ich Angst bekam. In Privatjets allerdings nur kurze Flüge und nur, wenn mein Vater dabei war. So genau wusste ich nicht, woran das lag. Schließlich konnte ein großes Flugzeug genau so schnell abstürzen wie ein kleines.

Daher denke ich, dass es einerseits an den Menschen lag, die mir den Eindruck von Sicherheit vermittelten und andererseits an der Größe des Jets. Ich hatte keine schlimme Klaustrophobie. Ich konnte mich schon in kleinen Räumen aufhalten, allerdings konnte ich mich nicht ewig darin aufhalten, denn je nach Größe des Raumes musste ich sofort raus an die frische Luft.

100 Million Tears 18+ Where stories live. Discover now