21- Die Hochzeit

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Ich lag die ganze Nacht lang einfach nur da und konnte nicht schlafen. Zu groß war die Furcht vor dem Tag, der mich auf ewig dazu zwang, mit einem Mann zusammenzuleben, der mich unterdrücken und sogar schlagen würde. Wie konnte ich diesem Schicksal nur entkommen?

Shade war die Nacht über nicht in unser gemeinsames Schlafzimmer gekommen, was wohl bedeutete, dass es ebenfalls Brauch war, dass die Braut und der Bräutigam die Nacht vor der Hochzeit nicht zusammen verbrachten. Doch das war mir eigentlich auch Recht so. Nachdem was im Wintergarten passiert war, konnte ich sowieso keinen klaren Gedanken mehr fassen. Wieso musste das alles nur so kompliziert sein?

Warum konnte ich Shade nicht einfach zufällig irgendwo begegnet sein und er hätte mich nach einem Date gefragt? Vielleicht hätte ich dann sogar Gefühle für ihn entwickeln können.

Ich schüttelte den Kopf. Dann hätte ich diese grässliche Seite an ihm eben später kennengelernt und wäre dann irgendwie doch in dieselbe Situationen geraten, in welche ich mich gerade befand.

Als am nächsten Morgen die Tür auf ging und nicht nur Jonna, sondern auch zehn andere Frauen hereinkamen, war ich ziemlich überrumpelt.

"Guten Morgen, zukünftige Lady Bellmont. Haben Sie gut geschlafen?", fragte mich Jonna und zog die Gardinen auf.

"Ihren Augenringen nach zu urteilen eher nicht.", sagte eine Dame Ende Zwanzig und presste die Lippen zusammen, während sie mich musterte. "Aber das kriegen wir schon hin!"

Ich atmete tief ein und stand dann auf. Die nächsten paar Stunden wurde so viel an mir herumgewerkelt, so dass ich mich danach wie ein komplett neuer Mensch fühlte.

Ich wurde gebadet, enthaart, eingecremt, geschminkt, frisiert und eingekleidet. Sowie wurden mir die Haarspitzen geschnitten sowie Fuß- und Fingernägel gefeilt und lackiert. Zwar habe ich am Anfang dagegen protestiert, aber das war den Frauen egal und nach einiger Zeit gab ich es auf.

Das Kleid, war genau das Gleiche, welches ich damals ausgesucht hatte. Damals, als ich noch der Meinung war, dass es für Jana ist und nicht für mich.

Das Brautkleid hatte einen beachtlichen Rückenausschnitt und lag bis zur Taille eng an. Es war hoch geschlossen und hatte lange Ärmel aus einem Spitzenstoff. Der Rock des Kleides war weit ausgestellt und glitzerte dezent im Licht. Die Schleppe, welche ich trug, war geschätzt zwei Meter lang und bestand aus einem durchsichtigen Stoff mit Spitzenrand.

Widerstrebendermaßen musste ich zugeben, dass das Kleid atemberaubend war und ich wohl noch nie in meinen ganzen Leben so wunderschön ausgesehen hatte.

Als dann plötzlich Marla und Rita ins Zimmer kamen, klappte ihnen der Mund auf. Ich drehte mich zu den beiden um und starrte sie an.

"Du siehst... Wow.", sagte Marla.

"Sie sieht wunderschön aus, nicht war?", fragte ein Mädchen, welches mir Locken gedreht hatte.

"Schöner als jede Braut vorher.", presste Rita hervor und versuchte die Tränen zurückzuhalten.

Jetzt übertreib mal nicht...

"Das wird heute ein ganz großer Tag für die Familie Griffin. Noch nie hat einer aus unserer Familie jemanden aus so einer Mächtigen geheiratet. Du glaubst gar nicht, wie stolz wir sind, Mina!"

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. "Wenn man bedenkt, dass eigentlich Jana Shade heiraten sollte..."

Rita schüttelte den Kopf. "Er hat sich aber für dich entschieden. Als er dich gesehen hat, wollte er nur dich und nicht Jana. Du hast ihm eben den Kopf verdreht." Ihre Stimme war sanft, doch ich konnte diesen leisen Vorwurf daraus entnehmen, dass ich und nicht ihr leibliches Kind die Ehre hatte, Shade zu heiraten.

100 Million Tears 18+ Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon