27- Spiel mit dem Feuer

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Seit einer Woche hatte ich Shade nicht mehr angerufen. Das Handy lag versteckt unter meinem Kopfkissen und es fühlte sich an, als wäre es eine tickende Zeitbombe. Obwohl ich den Entschluss gefasst hatte, zu Shade zurückzukehren, nur um meinen Vater zu retten, schwankte ich wieder. Ich war mir ziemlich sicher, dass er mich früher oder später finden würde.

Ich tönte mir extra regelmäßig die Haare schwarz, allerdings so, dass die Farbe nach ein paar Haarwäschen wieder rausgeht. Färben wollte ich sie mir nicht, da ich Angst hatte, dass es nicht gut aussah. Jedoch sorgte das Schwarz für einen schönen Kontrast zu meinen blauen Augen. Meine Haut war wegen der starken Sonne intensiv gebräunt worden, was mein Aussehen schon etwas veränderte. Doch die gesamte Scheißwelt hatte mein Gesicht gesehen!

Shade hatte Fotos von mir auf jeden Nachrichtensender in jedem Land zeigen lassen. Ich müsste also mein Gesicht operativ verändern lassen, um wirklich etwas zu bewirken. Und selbst wenn ich vielleicht mit Make-up einige täuschen könnte, wie lange würde das gut gehen? Spätestens wenn ich mit jemanden ein Gespräch führte und diese Person mich lange genug anschaut, würde man mich erkennen. Schminke hatte eine unheimliche Kraft und kann auf jeden Fall Wangenknochen zaubern, wo vorher keine waren, doch das war auch nur auf Aufnahmen oder aus ferner Betrachtung möglich. Sobald man nah an einem Gesicht dran war, sah das ganz anders aus.

Vielleicht müsste ich mit Botox und Hyaluron nachhelfen, doch wollte ich mich wirklich so krass verändern? Wollte ich wirklich mein Gesicht verlieren? Ich erschauderte, als ich an einige Prominente dachte, die ihr Gesicht durch die ganzen Operationen verunstaltet hatten. Mein Gesicht fand ich eigentlich ganz hübsch und wollte es nicht vollkommen verändern. Und wenn ich kleine Dinge ändern würde, wären diese nicht genug.

Von daher hatte ich nur zwei Optionen, wenn ich nicht zu Shade zurückgehen wollte: Entweder ich ließ einiges an meinem Gesicht machen, mit dem Risiko, dass es schief geht und ich nachher hässlich aussehen werde, dafür aber studieren und einen Job annehmen sowie eine eigene Familie gründen könnte. Oder aber ich würde mich auf ewig auf dieser Insel verstecken müssen und könnte so aber nicht meine Freiheit genießen. Ich würde also wieder in einem goldenen Käfig gefangen sein.

Zudem gebe es auch keine Garantie, dass Shade mich nicht trotzdem findet. Es waren viele Männer nötig, um mich aus dem Land zu schmuggeln und auf diese Insel zu bringen. Was wäre also, wenn Shade einen dieser Männer findet? Wären sie meinem Vater gegenüber loyal oder würden sie eher zu dem Duke of Bellmont stehen, der diesen Männern so manch einen Traum war werden lassen könnte, wenn sie ihm nur bei der Suche helfen würden.

Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben und schalltete wieder den Fernseher an. Seitdem ich das letzte Mal die Vermisstenanzeige darin gesehen habe, wurde das Gerät von mir gekonnt ignoriert. Doch nun war ich neugierig, ob etwas Neues passiert ist. Wir hatten es kurz vor 12 Uhr und bis mein Vater kommt, konnte ich mir ruhig die Zeit vertreiben, indem ich ein bisschen durch das Programm schaute. Reese hatte mit mir heute Morgen schon ein paar Trainingseinheiten absolviert und würde erst morgen wiederkommen, da er für den Rest des Tages noch etwas vorhatte.

Geduldig wartete ich, bis die Werbung vorüber ging und schaute so lange an die Decke, während ich mich auf dem Sofa ausstreckte. Dabei versuchte ich ein schmerzhaftes Stöhnen zu unterdrücken. Reese war in letzter Zeit sehr hart bei dem Training zu mir gewesen, weshalb ich zahlreiche blaue Flecke und Schürfwunden hatte. Mein rechte Rippe tat mir am meisten weh und darauf zeichnete sich ein riesiger Bluterguss ab, welcher schön blau und lila schimmerte.

Als ich dann meinen Namen aus dem Fernseher hörte, schaute ich auf.

„... Die einundzwanzigjährige Mina Griffin, zukünftige Duchess of Bellmont ist weiterhin vermisst..."

100 Million Tears 18+ Where stories live. Discover now