13- Flucht

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Ich schlendert durch die langen Korridore der obersten Etage. Dabei hatte ich keine Ahnung, ob es der vierte oder fünfte Stock war, aber so schlimm war das nun auch wieder nicht.

Mein eigentliches Ziel war es, aus den obersten Fenstern zu gucken, um zu sehen, in welche Richtung ich wohl am besten fliehen könnte. Die ersten zwei Fenster waren ein ziemlicher Reinfall, da ich nur Bäume sah und kein Ende. Bei den dritten Fenster waren es zwar auch Bäume, aber dort konnte ich wenigstens das Ende erkennen. Hinter diesem Wald befanden sich allerdings nur Felder.

Als ich dann hoffnungsvoll zum vierten Fenster ging, wobei ich in einen riesigen Raum wusste, welches höchstwahrscheinlich ein Gästezimmer war, sah ich -wer hätte es gedacht?- viele Bäume, aber immerhin war eine Straße zu sehen und weiter hinten sogar die Dächer einer kleinen Stadt.

Ich trat weiter an das Fenster hin, presste meine Stirn dagegen und schloss die Augen, um in Ruhe nachzudenken.

Shade hatte gesagt, dass er in vier Stunden zurück sein würde. Ungefähr eine halbe Stunde habe ich gefrühstückt, obwohl ich wohlgemerkt versucht habe, mich zu beeilen, aber Jonna ließ sich einfach nicht abwimmeln und hat sich bei dem servieren meines Essens ziemlich viel Zeit gelassen.

Also hatte ich noch dreieinhalb Stunden, um hier abzuhauen.

Meine Tasche hatte ich schon gepackt. Jetzt fehlte nur noch meine Jacke und schon konnte es los gehen. Das einzige Problem, was es da noch gab, war, dass ich irgendwie unbemerkt an den Angestellten vorbei musste. Damit meinte ich nicht nur Jonna oder Soraya, sondern auch die Männer in Anzügen, die in Grüppchen, um das Schloss verteilt waren. Wollte mich dieser Typ etwa nicht alleine lassen oder standen die Männer immer da?

Als ich mir endlich eine hübsche dunkelgrüne Jacke angezogen hatte, lief ich vorsichtig durchs Treppenhaus. In der zweiten Etage hörte ich das Lachen von zwei Mädchen, welches ich als Jonnas und Sorayas identifizieren konnte und das obwohl ich es noch nie zuvor gehört hatte. Deshalb lief ich schnell weiter in den ersten Stockwerk, wo ich zur Südseite lief und durch eines der Fenster spähte.

Den Raum, in den ich nun stand, schenkte ich keinerlei große Beachtung.

Draußen konnte ich niemanden entdecken, was daran lag, dass das riesige Haus einfach viel zu viele Erker, Bögen, Balkone, Gauben, Türme und Terrassen hatte.

Wenn ich mich recht erinnere, müssten weiter rechts von mir ungefähr drei Männer bei zwei Springbrunnen sitzen und links von mir auf der Ostseite müssten zwei Männer bei den Torbögen sitzen und Karten spielen.

Da diese Männer näher an mir dran waren, hoffte ich, dass mein Plan aufging.

Neben dem Fensterbrett stand an der Wand ein kleiner, dunkelbrauner Tisch mit eine teuer aussehenden Vase darauf. Diese Vase nahm ich nun in meine Hand, öffnete das Fenster und warf sie mit voller Wucht gegen die Hausmauer.

Während die Scherben in den darunter sich befindenden Büschen verschwanden, schloss ich schnell wieder das Fenster, trat einen Schritt zurück und wartete.

Nach gefühlt einer halben Ewigkeit kamen -Gott sei Dank- die Männer von der Ostseite, um dazusehen, was das wohl für ein Lärm waren. Sie hatte die Hand an den Pistolen gelegt und liefen mit Vorsicht auf die Lärmquelle drauf zu.

Ich verlor keine Zeit und schoss wie der Blitz in eines der Zimmer an der Ostseite, welche nun komplett ungeschützt ist, aber das wahrscheinlich nur für ein paar Minuten. Ich riss eines der Fenster auf und kletterte vorsichtig an den festen Ranken an der Hausmauer hinab.

Als ich in der obersten Etage aus den Fenster gesehen habe, schien es mir so, als wäre dies wohl der günstigste Ausweg, da diese Seite erstens am wenigsten bewacht wurde, zweitens die restlichen Leute, die um das Haus verteilt waren, diesen Teil weniger gut einblicken konnten, wegen den Grünzeug und den anderen gebauten Sachen, die hier so zur Verschönerung des Anwesens rumstanden.

100 Million Tears 18+ Where stories live. Discover now