82. Raven Cooper #onmyway

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„Weist du, seit dem ich dich kenne, bist du so sehr von dir selbst überzeugt. Du bist dir immer so sicher, dass niemand dich durchschaut. Das niemand weiß wie du dich wirklich fühlst. Was du denkst - und die meiste Zeit liegst du damit auch komplett Richtig aber genau jetzt, in diesem Moment..."

Seine warme Hand schließt sich fest um mein Handgelenk und hindert mich somit am Weiterlaufen. Crowley hat sich in der Zwischenzeit jedoch schon weggedreht und scheint im ersten Moment nicht zu bemerken, dass ich aufgehalten werde. Er steuert vorerst weiterhin das schwarze Auto an. Ich dagegen atme tief durch, bevor ich mich nachgebend zu dem Alpha umdrehe, auch wenn diese Geste meinem eigenen Vorsatz wiederspricht. Bei der Drehung bleibt seine Hand weiterhin um mein Handgelenk geschlungen und verursacht von dieser Stelle aus ein leichtes Kribbeln. Ich richte meine Augen emotionslos auf den Alpha und fordere ihn wortlos dazu auf, los zu werden, was er noch auf dem Herzen hat. Denn nach dieser Trennung wird er mich wahrscheinlich nie wieder sehen.

„Du lügst," seine Stimme ist beängstigend ruhig, „Warum?"

Seine Frage ist simple. Jedoch umso schwerer zu beantworten. Ich erkenne nicht nur in seinen Worten, sondern auch in seinem Blick, dass er meine zu vorige Worten, meinen Lügen, keinen Glauben schenkt und hinter den gesprochenen Bosheiten die Wahrheit erkennt. Die Wahrheit darüber, dass ich mich wahrscheinlich zum ersten in meinem Leben für jemand anderen Opfer. Ich zögere kurz, anstatt instinktiv zu antworten.

In dieser Sekunde spüre ich bereits Crowley's genervten Blick in meinem Rücken und obwohl er zuvor angetan von dem dramatischen Gespräch zwischen mir und dem Alpha war, wirkt er jetzt nur noch genervt. Ich ahne, dass er mir nur noch wenige Sekunden Zeit lassen wird, bevor er seine Stimme - und vielleicht auch noch sonst was anderes - erhebt, während er vorerst keine Interesse an unserem Gespräch zeigt. Hektisch trete ich wenige Schritte näher an McCall und schenke ihm zum ersten Mal seit unserem offiziellen Kennenlernen ein liebevolles Lächeln. Ich lasse alle rationalen Gedanken verfließen und zögere dieses Mal auch nicht, als ich auf seine Frage antworte.

„Weil ich weiß, dass du und dein," ich verbinde ein leichtes Kopfschütteln mit einem amüsierten Schulterzucken, „dämliches Rudel mich irgendwann retten werden!" Ich sehe, dass McCall meine Worte nicht als beleidigend einstuft, was sie auch in keiner Weise sein sollen. Stattdessen steckt in ihnen ein fast schon ungläubig-erfreuter, vielleicht sogar liebevoller, Unterton. Denn in dieser Sekunde scheine ich tatsächlich erkannt zu haben, warum zur Hölle ich noch nicht bereit war im Kampf zu sterben und mich jetzt stattdessen für einen Haufen Idioten opfere.

Weil es ein Plan B gibt. Ein Plan, der darin bestehe, Crowley als seine eigene Schülerin zu töten und anschließend von McCall gerettet zu werden.

„Und bis da hin," mein rechte Hand wandert zu McCalls Gesicht und sanft lege ich sie auf seine glühenden Wange ab. Ich bin überrascht, dass er nicht zurück weicht oder sonst irgendwie vor meinen Berührungen flieht. Jedoch steht er ganz ruhig da und wartet gespannt auf meine nächsten Worte, „Tust du nichts dummes und bleibst am Leben, ja?" Ich sehe wie er im ersten Moment instinktiv etwas einwenden möchte, weshalb ich schnell weiterspreche: „Erinnerst du dich noch an den Gefallen den du mir versprochen hast, nachdem ich geholfen habe Corey zu retten?" Ich warte noch nicht einmal auf seine Antwort.

„Hiermit löse ich diesen Gefallen ein!"

Langsam nickt der Alpha und mein liebevolles Lächeln wird ungewollt zu einem traurigen. Ich habe es geschafft ihn zu überzeugen und das mit der simplen Wahrheit. Meine zu vorigen, schmerzhaften Lügen: Unnötig. „Woher werden wir wissen, wann?" Ich beiße mir unsicher auf die Unterlippe, bevor ich mein Körpergewicht als Antwort zentimeterweit in die Luft stemme und somit auf Zehenspitzen vor McCall stehe. Zum ersten Mal fällt mir auf, das er nur wenige Zentimeter großer ist als ich. Meine Finger liegen noch immer auf seinen Wangen, während meine Augen die seine im Bahn gefangen haben. Ich atme tief durch, bevor ich mich leicht nach vorne lehne und dem Alpha sanft meine Lippen auf die Stirn drücke.

„Du wirst es wissen!"

Ich trete leicht von ihm zurück, kann jedoch weiterhin seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren. Erst in dieser Sekunde bemerke ich unsere freien Hände, die sich gegenseitig umschlungen haben. Er muss während meinem Stirnkuss danach gegriffen haben und jetzt spüre ich mein ruhig pochendes Herz kräftig gegen meinen Brustkorb schlagen. Ich denke, dass es in dieser Sekunde wohl vermutlich schmerzhaft und um einiges schneller schlagen sollte. Ein Abschied wie dieser ist angeblich immer schmerzhaft und drückt die Brust so fest zusammen, dass man kaum mehr Luft holen kann. Oft sogar mit Tränen.

Ich jedoch fühle mich etwa wie immer. Vielleicht ein kleines bisschen niedergeschlagen. Traurig. Aber zur selben Zeit auch unglaublich leicht. Als würde ich jedoch in jeder weiteren Sekunde einfach wegfliegen können. Es muss das Gefühl sein, das Richtige zu tun.

Ich höre Crowley sich in meinem Rücken bereits drängend räuspern und tief atme ich durch. Anschließend grinse ich McCall auf eine spielerische Art und Weise an, bevor ich mit meinem Daumen leicht über seine warme Haut streiche. Anschließend löse ich unsere Hände voneinander und trete erneut wenige Schritte zurück. Wieder verlieren wir uns in den Augen des jeweils anderen und Sekundenlang nehme ich mir die Zeit, seine dunkelbraunen Augen zu erkunden. Dann jedoch drehe ich mich wortlos von ihm weg und schreite auf meinen Vater zu. Dieser steht bereits vor dem schwarzen Auto und sieht zur Abwechslung mal nicht mehr so glücklich aus.

Dieses Mal treffen meine Augen auf Crowley und wie nur wenige Sekunden zuvor, halte ich auch bei ihm den Blickkontakt aufrecht. Jedoch steckt in meinem Blick dieses Mal die gewohnte Kälte und die Ermarbungslosigkeit. Ich steige ohne äußerliche Veränderung über den toten Körper des Mannes, denn ich erst vor wenigen Minuten mit meiner Waffe das Leben genommen habe. Jedoch scheint das Crowley nicht im geringsten zu beeindrucken. Stattdessen lässt er sich von einem seiner Anhänger die Autotüre öffnen und nachdem er sich versichert hat, dass ich ihm noch immer folge, lässt er sich elegant auf die Rückbank  des Wagens gleiten. Mir fällt zum ersten Mal die Schusswaffe unter seiner Lederjacke auf.

Sein Anhänger bleibt an der Autotüre stehen und als ich ihn passiere, um dem Beispiel meines Vaters zu folgen, nickt er mir kurz respektvoll zu. Ich ignoriere sein Nicken, da es wahrscheinlich von Angst zeugt. Immerhin habe ich ohne zu Zögern einen seiner Kollegen umgebracht und das nur auf Wort meines Vaters hin. Wie es scheint habe ich schon meinen nötigen Respekt.

Ich lasse mich elegant ins Auto gleiten. Die Autotüre wird hinter mir sofort zugeschlagen und für wenige Sekunden habe ich das Bedenken, dass die Verrieglung einsetzt und Crowley dafür sorgt mich im Wagen zu halten. Jedoch bleibt das typische Klickgeräusch der Wagenverriegelung aus. Ich vermeide den Blick, aus dem schwarz getönten Seitenfenstern und schnalle mich stattdessen vorbildlich an. Crowley neben mir tut dasselbe.

„Und was jetzt?" frage ich und richte meinen Blick ohne emotionale Veränderung auf meinen Vater. Dabei höre ich ausserhalb des Autos alle Männer von Crowley einsteigen. McCalls Rudel gibt währenddessen kein Laut von sich. Ich habe Angst, bei einem Blick aus dem Fenster meine Meinung zu ändern - oder erneut die Hoffnung in McCalls Augen zu sehen. Deshalb vermeide ich den Blick nach draußen und versuche alle schweren Gefühle zu vergessen. Ich atme ein letztes Mal tief durch und stelle meinem Vater, noch bevor er auf die erste Frage antworten kann, selbstbewusst eine neue Frage: „Was ist dein großartiger Plan? Wo geht es hin?"

Ein überlegenes Lächeln bilden sich auf den schmalen Lippen meines Vaters, während für Sekunden ein vorfreudiges Glänzen in seinen Augen auftaucht. Zur selben Zeit setzt sich der Wagen ruckartig in Bewegung. Jedoch lasse ich nicht zu, das mein Blick ein letztes Mal McCall  streift und sich melancholische Gedanken in mir breit machen. Stattdessen halte ich den Blickkontakt mit meinem Vater stand und warte auf seine Antwort, die für eine Weile meine ganze Zukunft bestimmen wird.

„Es geht nach London," fängt mein Vater jetzt an seinen Plan zu erklären, während er seinen Blick auf den schwarzen Sitz vor sich richtet. Ab jetzt kann ich nur noch sein seitliches Gesichtsprofil sehen und trotzdem ist sein breites Lächeln unübersehbar. Er spricht mit unterdrückter Vorfreude weiter: „Wir haben noch eine Rechnung mit einem alten Freund offen!"

Ich lehne mich auf der Sitzbank leicht zurück, während der schwarze Range Rover Gas gibt und die Bank hinter sich lässt.

I'm on my way.

Platinum Blonde [Teen Wolf FF]Where stories live. Discover now