Kapitel 36

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Hermine

Dracos Finger zitterten, bemerkte ich, als er nach dem Becken griff und sich daran einhielt. Ich selbst war genauso nervös, wie ich es bei den ZAGs gewesen war. Nur mit Mühe stand ich geduldig neben ihm und wartete ab.

Nach einer halben Ewigkeit senkte er endlich seinen weißblonden Schopf und tauchte in meine Erinnerungen ein. Jetzt gab es kein Zurück mehr. All meine Gefühle, all meine Handlungen ihm gegenüber würde er nun sehen und hoffentlich auch verstehen.

Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte, falls er dennoch nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Wenn ich ehrlich war, konnte ich mir ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen, so absurd es auch klingen mag. Die letzten Wochen waren für mich die Hölle auf Erden gewesen.

Am schlimmsten war es, dabei zuzusehen, wie er blasser und blasser wurde. Wie seine Knochen mehr und mehr herausragten und seine Augenringe immer dunkler wurden. Wie angespannter und trauriger er wurde. Ich nichts anderes tun konnte, als stumm zuzusehen.

Ich konnte nur beten, dass Draco mich nun wieder an sich heranlassen, sich helfen lassen würde. Dass seine Augen wieder silber leuchten würden und er mich wieder aufziehen würde, mit mir diskutieren würde und mich bis zur Weißglut treiben würde wie es noch nie einer zuvor geschafft hatte.

Und umso mehr wollte ich etwas, was ich selbst nach wie vor nicht begreifen konnte: Ich wollte seine Lippen wieder auf den meinen spüren.

Auf einmal keuchte Draco auf und riss mich damit aus meinen Gedanken.

Seine hellen Brauen hatte er zornig zusammengezogen. Das Becken umklammerte er dermaßen stark, dass ich befürchtete, es würde brechen. Welche Erinnerung sah er sich bloß gerade an?

Steckte er noch in den Erinnerungen vor Hogwarts dieses Jahr? In der Zeit, in der Ron mich komplett ignoriert hatte? Hätte ich diese nicht einfügen sollen? Ich wollte lediglich, dass er meine Verzweiflung nachvollziehen konnte. Oder war er etwa sauer auf Ron? Nein, wieso sollte er sauer auf ihn meinetwegen sein?

Er musste schon weiter sein. Sicherlich erlebte er gerade die Erinnerung, in der Harry das erste Mal den Plan ansprach. Ja, das musste es sein! Und natürlich war Draco wütend, dass er in diesem Plan einfach so ausgenutzt wurde! Das konnte ich sogar verstehen. Wahrscheinlich ärgerte er sich zudem darüber, wie genau wir diesen in der Bibliothek ausgearbeitet hatten.

Und jetzt lachte er über meine kläglichen ersten Versuche, mit ihm ein zivilisiertes Gespräch zu führen und wie ich ihn dabei heimlich gemustert hatte. Zudem sah er, wie lange ich für ihn shoppen war um mich sexy anzuziehen. Selbst ich musste dabei lachen. Ich würde niemals elegant wie er durch einen Raum stolzieren und alle Augen bewundernswert auf mich ziehen.

Wieso hörte Draco nicht auf zu lachen? Als Nächstes sollten doch die Erinnerungen kommen, in denen ich ihn 'sehnsüchtig' anstarrte. Fand er das etwa auch amüsant? Und unseren Streit auf dem Weg zum Krankenflügel als er mir einen Waffenstillstand vorgeschlagen hatte? Bei Merlins Bart, er hatte nun auch gesehen, wie meine Blicke zum ersten Mal auf seinem Hinterteil gehangen waren! Wie peinlich!

Doch auf einmal verging ihm das Lachen und seine grauen Augen weiteten sich immens. Oh nein! Was durchlebte er denn nun? Wieso hatte ich mich nicht mit ihm in die Erinnerungen gestürzt? Warum hatte ich gedacht, es wäre eine gute Idee seine Gesichtsausdrücke dabei zu beobachten und versuchen zu interpretieren?

Zu meiner eigenen Überraschung verformten sich seine Lippen langsam zu einem kleinen Lächeln, das mein Herz erwärmte. Ich vermutete, dass er nun bei der Erinnerung war, in der ich ihn gerettet und mich anschließend um ihn gekümmert hatte. Alles andere würde keinen Sinn ergeben. Vielleicht realisierte Draco nun, dass ich an diesem Tag nicht nur aus Verpflichtung, sondern aus wahrer Sorge um ihn gehandelt hatte und auch aufrichtig wütend war, als ich hörte, wie er dermaßen zugerichtet wurde.

Oder lächelte er, da Pansy sich um ihn in dieser Erinnerung gekümmert hatte? Aus seiner Beziehung mit Pansy war ich bis jetzt noch nicht schlau geworden. Lief zwischen den beiden etwas? Oder waren sie lediglich gute Freunde?

Das Lächeln, das sein ganzes Gesicht aufhellte, hielt solange an, dass ich mich zu wundern begann. War er etwa bei den Erinnerungen, in denen ich ihn unabsichtlich und ohne an den Plan zu denken, anstarrte? Machte es ihn glücklich, die Erinnerungen zu sehen, in denen wir dank mir in Zaubertränke zusammenarbeiteten? Wie wir sogar in Alte Runen miteinander sprachen und ich seinen Geruch praktisch inhaliert hatte? Ihn zu einem Date gezwungen hatte?

Als er wieder lachte, schreckte ich leicht hoch. War er nun an dem Tag angelangt, an dem er mir zugezwinkert und seinen Löffel abgeschleckt hatte? Natürlich musste mein Schock ihn sicher amüsieren. Oder sah er etwa schon, wie Ginny mich ausgequetscht hatte und ich selbstverständlich jegliche Gefühle zu ihm mit roten Wangen abgelehnt hatte? Fand er das witzig?

Moment! Vielleicht hörte er bereits den Vortrag von Ginny über unser perfektes Date und wie verstört Harry von der Beschreibung war. Möglicherweise erlebte Draco nun auch den Tag des Dates und bekam mit, wie aufgeregt und verzweifelt ich angesichts meiner Augenringe und Haare war.

Wie peinlich, wieso nochmal wollte ich diese Erinnerung einfügen? Richtig, ich wollte ihm zeigen, wie mir bereits unterbewusst meine Gefühle zu ihm klar waren. Draco sollte sehen, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt mehr als nur der Erzfeind Malfoy war, den ich ausnutzen wollte um mit Ron wieder ein Paar zu werden.

Ach herrje, morgen musste ich mit Ron auf den Ball gehen. Was sollte ich nur tun, wenn meine Gefühle nicht wieder die vorherigen im Laufe des Abends wurden? Die Wut nach wie vor alles übertonte? Mein Herz nicht schneller schlug? Sollte ich dann mit ihm Schluss machen?

1/4 der Lesenacht 🙂
Freut mich, dass ihr dabei seit 🤗

Potter's slytherin planWhere stories live. Discover now