Kapitel 40

4.9K 335 535
                                    

Hermine   

Allmählich begannen meine Füße zu schmerzen. Wahrscheinlich lag es nicht nur an den vielen Tänzen, sondern auch an der Tatsache, dass Ron mir mehrmals auf die Füße gestiegen war. Er würde wohl immer ein Trampel bleiben.

Malfoy würde mir niemals auf die Füße steigen – außer es war Absicht. Sicherlich hatte er als Kind schon Tanzunterricht gehabt. Moment, wieso dachte ich über ihn nach? Und wo blieb er eigentlich? Wollte er nicht mit mir tanzen?

Verwirrt sah ich mich um, konnte seinen hellen Schopf jedoch nirgends entdecken. Hm, vielleicht ließ er mich absichtlich warten?

Plötzlich blieb Ron stehen und beugte sich zu mir herab. Gespannt hielt ich den Atem an und wagte es nicht mich zu berühren.

Wieso schwitzte Ron wie verrückt? Meine rechte Hand klebte deswegen schon praktisch an seiner, stellte ich ekelerregt fest.

Ron schien von meinen schockierenden Gedanken nichts zu merken, denn ehe ich es mich versah, lagen seine Lippen auf den meinen. Irgendetwas passte nicht. Sein warmer Atem kitzelte mich unangenehm im Gesicht. Verzweifelt wartete ich auf das spezielle Gefühl, das mich bei Rons Küssen überkam und schloss verkrampft die Augen.

Ich wusste nicht, was ich mit meiner rechten Hand anstellen sollte. Sollte ich sie wie beim Tanzen auf seiner Schulter lassen? Normal war das nie ein Problem. Ich musste noch nie darüber nachdenken. Verwirrt ließ ich sie auf seiner Schulter und entschied mich, den Kuss zu genießen.

Langsam begann er seine Lippen zu bewegen, doch das Kribbeln und auch das Gefühl in meinem Magen blieb aus. Ich konnte nichts tun, außer steif still zu halten. Ron versuchte erneut den Kuss zu vertiefen, doch konnte ich mich nicht aus meiner Starre befreien.

Er löste sich von mir. „Mine, alles okay?", sein Atem ging schnell.

Ein unwohles Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Mir gefiel es ganz und gar nicht, wie er mich mit seinen hellen, fröhlichen Augen und dem breiten Grinsen anlächelte und so tat, als wäre alles in Ordnung. Wer hatte ihm darüberhinaus die Erlaubnis erteilt, meinen Spitznamen wieder verwenden zu dürfen?

Und warum hatte ich nichts bei seinem Kuss gespürt? Was stimmte nicht mit mir?

„Nein, es ist nicht alles okay, Ronald!", fuhr ich ihn an ohne darüber nachzudenken und zog damit alle Blicke auf uns.

„W-was?", stammelte er.

„Du hast mich schon verstanden", nuschelte ich und zwang meine Füße, sich wieder zu bewegen. Ron schien zu verstehen und tanzte ebenfalls weiter. Ich konnte kaum fassen, dass ich ihn vor aller Augen angeschrien hatte.

„Was stimmt denn nicht?", fragte er unschuldig und stieg mir auf den Fuß. Dafür entschuldigte er sich nicht einmal oder warf mir einen entschuldigenden Blick zu. Er sah mich lediglich wartend an.

Jetzt reichts! Wütend riss ich meine Hand aus seiner klebrigen und trat einen Schritt zurück.

Ron fragte mich, was nicht stimmte? Wie konnte er nur vor allen vorgeben, alles wäre in Ordnung? Sich als der Unschuldige darstellen? Ein paar Blumen, eine Schokolade und ein Gedicht machen es wieder gut oder wie? Machen es wieder gut, dass Ron mich aufgrund einer Erpressung monatelang ignoriert hatte und sich währenddessen mit Brown vor mir amüsiert hatte? Machen es wieder gut, dass er mich, als ich ihm alles gestanden hatte, angeschrien und gegen die Wand gedrückt hatte? Machen es wieder gut, dass er mich danach einfach stehen gelassen hatte?

Wieso war ich diejenige, die sich schuldig fühlen sollte? Warum musste ich ihm das verzeihen? Und warum konnte er nicht einmal Entschuldigung sagen, wenn er mir auf den Fuß stieg?

Ich konnte es nicht. Tränen stiegen in meinen Augen auf. Ich konnte es ihm nicht verzeihen. Ich konnte sein idiotischen Lächeln nicht erwidern und sagen, alles würde wieder gut werden.

Würde Draco mir jemals wieder verzeihen können? Ließ er mich vielleicht aus Wut warten? Würde er überhaupt auftauchen?

„M-mine?", stotterte Ron. Seine blauen Augen strahlten vor Ungeduld und Unsicherheit.

Ich konnte Ron nicht einmal mehr küssen. Es war, als würde ich mich selbst küssen. Ich spürte nichts, rein gar nichts. Wenn ich Draco küsste, dann war mir, als... Meine Augen weiteten sich.

Hatte ich etwa aufgehört Ron zu lieben? War das vielleicht das Problem? Liebe sollte doch alles verzeihen können, oder nicht?

„M-mine?", wiederholte er.

„Ich...", ich schluckte den Kloß im Hals herunter, „Ich kann das nicht, Ronald, es tut mir leid", murmelte ich, drückte seinen Arm und machte kehrt.

Tränen liefen mir über die Wangen als ich von der Tanzfläche rannte und dabei andere Schüler auf die Seite stieß. Die Blicke von ihnen machten es noch schlimmer.

Eine Träne nach der anderen lief mir über die Wange. Wie konnte ich nicht merken, dass ich Ron nicht mehr liebte? So etwas merkte man doch, oder?

Ich war unheimlich erleichtert als ich endlich das Ende der Großen Halle erreichte und um die Ecke bog. Doch dann sah ich sie:

Ginny erwartete mich schon mit einem unlesbaren Gesichtsausdruck und verschränkten Armen. Oh je, was sollte ich ihr nur sagen? Ich holte tief Luft, wischte mir die Tränen ab und ging weiter auf sie zu.

„Ich wusste es", lachte sie kopfschüttelnd, „Es ist vorbei zwischen euch, oder?"

Beschämt senkte ich den Kopf. Ich hatte Ron vor aller Augen einfach stehen gelassen. Mit den dummen Worten: „Ich kann es nicht, Ronald, es tut mir leid" war ich einfach gegangen. Ohne es zu bemerken, hatte ich aufgehört ihn zu lieben und dennoch weiterhin den Plan ausgeführt.

Ich hatte mich in Draco Malfoy verliebt ohne es jemanden zu erzählen, ohne Draco die Wahrheit zu sagen. Ich hatte ihm unheimlich wehgetan und er würde mich wahrscheinlich immer dafür hassen. Warum sonst war er gegangen nachdem ich ihm meine Erinnerungen gezeigt hatte? Warum sonst war er heute nicht erschienen?

Was war ich nur für ein Mensch? Ginny würde mich dafür doch nicht hassen, oder?

„Malfoy ist bei McGonagall."

Wie bitte? Hatte ich da richtig gehört? Erstaunt sah ich auf.

Ginny schenkte mir ein kleines Lächeln. „Wieso stehst du hier noch rum? Hilf ihm! McGonagall sah nicht gerade glücklich aus! Ich kümmere mich um Ron, keine Sorge."

Potter's slytherin planWhere stories live. Discover now