» Epilog

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» Epilog

Wenige Tränen rannen über meine Wangen. Es war schwer Abschied zu nehmen und das für eine sehr lange Zeit, denn ich wollte versuchen Bradford nicht mehr zu betreten. Vielleicht werde ich es eines Tages schaffen hier her zurück zu kommen und alles zu vergessen was mir in Bradford passiert war. Das schlimmste ist, ich hatte mit meinen Ängsten Recht. Alles hatte mich wieder eingeholt und es hat mich praktisch wie eine große Welle nach unten ins Wasser gezogen. Tief nach unten an den tiefsten Grund des Meeres. Doch auch dort hatte mich wieder jemand gefunden der mich nach oben und dann ans Land zog. Zayn.

„Ich werde dich vermissen.", riss mich Emilia aus meinen Gedanken. Sie umarmte mich noch einmal. „Ich dich auch.", nuschelte ich in ihre Halsbeuge. Es war wirklich schwer sie jetzt zu verlassen. In den letzten Wochen wurde sie einfach meine beste Freundin hier in Bradford. Ehrlich gesagt konnte ich es noch gar nicht glauben, dass dieses Schuljahr jetzt schon vorbei war. Ich hatte nicht nur meinen Abschluss in der Tasche. Nein, ich konnte auch auf eine der größten Musik- und Tanzschule in New York gehen. Langsam löste ich mich von ihr und drückte ihr einen Kuss auf ihre rechte Wange. „Wir werden jeden Tag miteinander schreiben und am Wochenende immer telefonieren oder skypen, okay?" „Versprochen.", lächelte sie und wischte ihren Tränen weg.

Lächelnd schaute ich von ihr zu meiner Mum. „Ich ruf dich an wenn ich gelandet bin.", informierte ich sie bestimmt schon zum zehnten Mal. „Pass auf dich auf, Krümel." Sie hatte Tränen in ihren Augen, doch versuchte nicht zu weinen. Das sah ich ihr an. Ich umarmte sie und zog sie an mich. Diese Umarmung brachte mich dazu noch mehr Tränen zu verlieren. Ich vermisste sie jetzt schon und ich konnte mir noch nicht vorstellen ohne meine Mum irgendwo zu leben. Sie war einfach mein ganzes Leben lang da und hatte mich begleitet. Natürlich war sie bei Klassenfahrten nicht dabei, aber ich wusste, ich würde in ein paar Tagen wieder zu Hause sein und sie sehen. Doch jetzt werde ich sie für eine längere Zeit nicht mehr sehen.

Ein Hupen ließ mich leicht zusammen zucken. „Dein Taxi ist da.", seufzte Mum. Traurig löste ich mich von ihr. „Bis bald, Mum." Ich wischte meine Tränen weg und griff nach meinem Koffer. Meine restlichen Sachen werden mit einem anderen Flugzeug nach New York gebracht. Ich ging auf das typisch britische Taxi zu und gab dem Fahrer, der ausgestiegen war, meinen Koffer. Diesen verstaute er im Kofferraum. In dieser Zeit öffnete ich die Beifahrertür und drehte mich noch einmal zu meiner Mum und Emilia. Ich winkte ihnen zu und stieg in das Auto. „Wohin muss ich Sie bringen?", fragte der Taxifahrer. „Zum Manchester Flughafen.", sagte ich und schaute nach draußen. Der Angesprochene startete den Motor und fuhr langsam los.

Ich winkte noch einmal nach draußen und spürte richtig wie mein Herz anfing zu schmerzen. Auch wenn ich Bradford mehr als hasste, war hier irgendwas was mir diese Schmerzen verbreitete. Was genau es war wurde mir sofort beantwortet. Als das Taxi an Zayn's Haus vorbei fuhr sah ich ihn draußen vor seiner Haustür stehen. Mein Herz schmerzte automatisch noch schneller. Zayn, war die Antwort. Für einen kurzen Moment war es so als würde alles still stehen und es gab nur Zayn und mich. Wir schauten uns tief in die Augen. Mir kam es auch so vor als hätte er Tränen in seinen Augen. Doch diese kurze Zeit wo es nur mich und ihn gab wurde beendet als das Taxi schneller fuhr und Zayn so aus meinem Sichtfeld verschwand.

Die restliche Fahrt dachte ich über Zayn und mich nach. Ich konnte mich noch gut daran erinnern wie wir uns getroffen hatten. Auf einem Friedhof umgeben von Toten. Irgendwie hatte er es schon damals in mein Herz geschafft auch wenn ich, dass nicht wahr haben möchte. Dann die Dinge im Matheunterricht und das Essen mit unseren Nachbarn. Die wunderschönen Abende die er mit mir verbracht hatte und auch unser wahrscheinlich letztes Date gestern. Auch wenn er mich einmal geschlagen hatte, schlug mein Herz immer noch in seiner Nähe. Jedoch werde ich, was er getan hatte, niemals vergessen. Denn wenn er es noch einmal getan oder Anzeichen auf Gewalt gezeigt hätte, wären die letzten Tage niemals so passiert.

Ich atmete tief ein und noch einmal tief aus. Das Ortsschild von Bradford war zu sehen und einzelne Tränen liefen meinen Wangen herunter. War es doch ein Fehler zu gehen? Auf Wiedersehen, stand auf dem gelben Schild. Jetzt hatte ich Bradford ein zweites Mal verlassen, doch es fühlte sich nicht so gut an wie beim letzten Mal. Trotzdem war es befreiend. Sollte ich umkehren? Nein, dafür würde ich mein Stipendium, meinen Traum und einfach alles aufgeben. Ich versuchte diese Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen. Irgendwann gelang es mir an etwas anderes und die letzte Stunde Fahrt schaute ich mir einfach die Umgebung an.

Als ich nach zwei Stunden Fahrt am Manchester Flughafen ankam, bezahlte ich den Taxifahrer und holte meinen Koffer aus dem Kofferraum. Dann nahm ich tief Luft und trat in das große Gebäude. Der Flughafen war ziemlich überfüllt. Hektisch rannten Menschen von einem Ort zum anderen. Ich versuchte mich irgendwie durch die Menschenmassen hindurch zu drängen. Immer wieder stieß ich gegen hektische Menschen und entschuldigte mich, aber diese waren schon wieder verschwunden und hörten nicht mehr was ich sagte.

Wenige Minuten, was bestimmt über fünfzehn Minuten waren, kam ich am Check-In an. Dort zeigte ich mein Ticket und meinen Ausweis einem älteren Mann. Dann musste ich durch so einen Türrahmen laufen der feststellte ob ich irgendwelche Metallgegenstände bei mir trug. Zum Glück piepste dieser bei mir nicht auf. Ich hasste es einfach wenn bei mir etwas piepste, auch wenn ich wusste, dass ich nichts bei mir trug. Dann durfte ich weiter gehen um ins Flugzeug zu steigen. Mein Koffer war inzwischen auf dem Weg dorthin.

Auf dem Weg ins Flugzeug hinein drehte ich mich auf der Treppe noch einmal um. Ich erblickte den Manchester Flughafen. Es war zwar nicht Bradford und ich war mehrere Kilometer von Bradford entfernt, aber als ich immer weiter nach oben stieg schmerzte irgendwas in meiner Brust. Wieder. Nein, ich werde nicht zurück nach Bradford fahren, Zayn in die Arme fallen und sagen wie sehr ich ihn liebe. Nein, ich werde es nicht tun. Ich werde meinen Traum nicht aufgeben für etwas wo ich mir nicht einmal sicher bin ob dies von Dauer ist. „Miss? Könnte ich Ihre Karte noch einmal sehen?", fragte mich eine Stewardess. Ich drehte mich zu ihr um und schaute in ein lächelndes Gesicht. Ihre braunen Haare waren zu einem Duett zusammen gebunden. „Natürlich.", murmelte ich und fischte mein Ticket aus meinem Handgepäck. Die Frau schaute sich kurz die Karte an. „Sie sitzen in Reihe B34 auf Platz 291."

Als ich mein Ticket wieder in meinen Händen hielt und meinen Platz gefunden hatte versuchte ich es mir gemütlich zu machen. Immer mehr drückte es in meiner Brust und immer mehr zog sich alles zusammen. Ich versuchte mich abzulenken und fing an ein Kinderlied in meinem Kopf zu singen. „Der Mond ist aufgegangen, die Sternlein..." Es wurde etwas besser, aber brachte nicht so viel, dass ich den Schmerz vergaß.

„Unser Team und die Piloten heißt die herzlich willkommen bei British Airways. Bitte schnallen Sie sich an und schalten ihre Handys und andere Geräte aus. Wir werden in Kürze starten.", sagte eine helle Frauenstimme durch die Lautsprecher. Ich schnallte mich an und machte noch mein Handy aus. Dann schloss ich die Augen und summte weiter das Lied in meinem Kopf. Nur am Rande bekam ich mit wie wir starteten und endgültig in der Luft waren.

Der Schmerz hörte nie auf und irgendwann wurde er zur Gewohnheit.





They call him Danger » z.m. ✔ Where stories live. Discover now