{ I } 1. ~ „Meine Damen und Herren."

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Es war einmal ...



















Teil { I }

















Sia - My Love

„Meine Damen und Herren", die laute monotone Stimme dröhnt in meinem Kopf, sodass ich die Augen schließe. „Darf ich hinein beten", neben der Stimme ertönt das grauenhafte Quietschen der Türen vor mir.
Ich erhebe den Kopf und recke den Nacken, während ich angespannt die Augen wieder öffne. „Das Oberhaupt Englands"
Ich trete mit zwei Schritten in die Türschwelle und spanne jeden Muskel meines Körpers an. „König Travis Graham"
Die Musik setzt wieder an, was mich zusammen zucken lässt, als ich die Menschenmenge vor mir sehe. Der Saal ist voll mit Leuten, ansehnlich bekleidet oder in Uniform, die sich alle im gleichen Moment von einer Verbeugung erheben. Ich muss schlucken, als meine Augen über die ganzen Menschen schweifen, als ich ein hektisches Winken aus der Mitte der Menschenmenge entdecke. Ich wische mir die Hände aneinander ab, als ich Ethan erkenne, der mich zu sich winkt. Doch keine Sekunde drauf muss ich meine Augen zusammen kneifen, denn die Sonne scheint mir durch die Wolken direkt ins Gesicht, sodass ich einen Schritt zurück schreite. „Eure Majestät", räuspert es sich plötzlich neben mir. Ich spicke zur Seite und wische mir dabei die schwitzigen Hände an der Hose ab. Johnathan steht zu mir gewandt und schaut mich ernst an, während er die Treppen hinunter nickt.
Ich schaue zuerst der vorbei ziehenden Sonne hinterher, bevor ich wieder in die Menschenmenge blicke, die gespannt zu mir hinauf schaut und muss erneut schlucken, ehe ich wieder zu Johnathan schaue und die Hände in die Hosentasche stecke, bevor ich mich die Treppen hinunter wage.
Jeder Schritt fühlt sich schwer an, als ob ich immer weiter in das Unbekannte ziehe. Ich spüre so viele Augenpaare auf mir und senke darauf den Blick, denn meine Narbe beginnt zu zwicken, sodass ich das Gefühl habe, dass das wovor ich mich am meisten fürchte ganz unten auf mich wartet. Mit der letzten Stufe schnappe ich nach Luft, richte mich wieder auf und schaue dabei zu Ethan, der mir demonstriert die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Also ziehe ich widerwillig meine schwitzigen Hände aus den Hosentaschen und verschränke sie hinter dem Rücken, während ich die restlichen Blicke auf mir spüre.
Doch im selben Moment schaut die komplette Menschenmenge, wie in einem Schwarm über mich hinweg, an die Türen über mir, so als ob ich nicht mehr existieren würde.
Ich folge ihren Blicken, drehe mich um und ziehe mich ans Treppenende zurück, während Johnathan vor die Türen tritt und die Hände erhebt, sodass die Musik wieder abklingt.
„Meine Damen und Herren", gleich darauf tritt er wieder zur Seite, als sich wieder die Türen öffnen und eine Stille im Saal herrscht, die fast erdrückend scheint. „Eure Königin, Anabeth Beatrice Elenore-Adelaide"
Ich erstarre, als sie in der Türschwelle zum Vorschein kommt.
Sie schaut nicht mich an, sie schaut auch nicht in die Menge, ihr Blick ist geradewegs nach draußen gerichtet. Ich folge ihrem Blick und betrachte die bunten Wolken durchs Fenster, die sich gerade verdunkeln, als ich bemerke wie sich alle verbeugen und ich der Einzige bin, der noch erhoben steht.
Ich wende mich rasch wieder zu ihr, um ihr die Ehre zu erweisen, die sie verdient, doch sie steht bereits vor mir, auf der letzten Treppenstufe und schaut mich an. Ich lockere meine Hände hinter dem Rücken und trete einen Schritt vor, sodass sie mir auf Augenhöhe steht. Ihre hellen blauen Augen schauen mich wortlos an und werden von Sekunde zu Sekunde glasiger, während sie die Treppe komplett hinter sich lässt und nun ganz dicht an meinem Körper steht.
Ich atme tief aus und schüttle etwas amüsiert den Kopf, als die grauenhafte Musik wieder ansetzt und schlinge meine Arme um ihren Körper, sodass ihr Kopf sich an meine Brust drückt. „Anabeth"
Ein Schniefen und Kopfschütteln ihrerseits. „Du bist wieder da", ihre Hände krallen sich in meine Kleidung, während ich die Nase in ihrem Haar vergrabe und ihr einen Kuss darauf gebe. „Betty", ich drücke sie ein Stückchen von mir und nehme dafür ihr Gesicht zwischen die Hände, während ich beobachte wie sich Tränen in ihren Augen bilden. „Wieso weinst du?", sie schaut mich wieder wortkarg an und schüttelt erneut den Kopf. „Ich dachte ich sehe dich nie wieder"
Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, während sie zittrig meine Handgelenke umfasst. „Von was redest du?"
Ihre Augen entweichen meinen, sie schaut an mir vorbei und wischt sich schnell die Tränen aus dem Gesicht, als auch mir wieder bewusst wird, dass wir nicht alleine sind.
Ich lasse von ihr los, doch schaue sie weiterhin an.
Ich war nicht lange weg, aber sie sieht verändert aus. Ihr Haar ist wieder ein Stück länger geworden, ihre Haut voller Röte und ihr Körper, in diesem langen Kleid, viel anziehender als jemals zuvor. Ich trete einen Stück zurück, doch sie greift rasch nach meiner schwitzigen Hand und verschränkt ihre mit meiner. „Du warst einfach weg", sie flüstert und hat sich kaum im Griff, das sehe ich. Ermutigend drücke ich ihre Hand und ziehe einen Mundwinkel hinauf, um sie zu beruhigen. „Später", nicke ich leicht, worauf sie ebenfalls kurz zustimmt und meine Hand loslässt.
Sie fällt leblos an meinem Körper hinab und es fühlt sich einen kurzen Moment so an, als ob sie mich loslässt, in einem übertragen Sinn.
Ich blinzle kurz perplex in die Leere, denn sie ist weitergezogen, doch ich spüre ihre Präsenz noch ganz deutlich an mir. Ich atme tief ein und wieder aus, suche dabei Konzentration und spanne mein Kiefer an, bevor auch ich mich sammle, umdrehe und Anabeth hinterher schaue.

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