eins

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Sie saß vor meiner Tür. Saß einfach dort und schaute mich aus großen, ängstlichen Augen an. Wie ein verschrecktes Tier. Wie jemand, den man ertappt hatte.

„Hi.", sagte sie und hob die Hand zu einer begrüßenden Geste. Die Geste musste ihr egal sein, denn sie war absolut halbherzig.
„Hi.", erweiterte ich.
„Meine Eltern haben mich raus geschmissen."
„Was willst du hier?"
„Kann ich bei dir schlafen?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Bitte.", sagte sie. Ihre Hände zitterten.
„Das ist keine gute Idee, Juno."
„Ich kann sonst nirgendwo hin."
„Das tut mir Leid.", ich versuchte mich an ihr vorbei zur Wohnungstür zu schieben. Sie roch nach Rauch und Schnaps. Sie roch nicht gut.
„Bitte Anna.", wiederholte sie und schaute mich wieder aus großen, verängstigten Augen an.
Ich kramte den Hausschlüssel aus meiner Jackentasche, öffnete das Schloss und hätte absolut kein Problem damit gehabt meine Wohnung zu betreten und sie einfach sitzen zu lassen, aber Junos Hände griffen nach meinem linken Knöchel.
„Nur für eine Nacht, Anna. Bitte."

Also ließ ich sie rein. Weil man das so macht. Man lässt Leute nicht auf der Türschwelle sitzen. Vor allem die Leute nicht, die man einmal geliebt hat.
„Willst du duschen oder so? Was essen? Was trinken?", fragte ich als wir für gut drei Minuten einfach nur schweigend und unbehaglich nebeneinander gestanden hatten.
Juno wollte alle drei Dinge.
Ich zeigte ihr das Bad, gab ihr ein Handtuch und saubere Klamotten aus meinem eigenen Kleiderschrank, sie bedankte sich und dann brauchte sie in 40 Minuten mein ganzes warmes Wasser auf.

Es war Sonntag. 16:30 Uhr.

An für immer glauben wir doch beide eigentlich eh nicht, stimmts?Where stories live. Discover now