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Am nächsten morgen kochte Juno extra Kaffee für Kara und mich, aber diese nette Geste traf auf wenig Erwiderung. Und so begann eine harte Zeit.

Das ganze Jahr über hatte Juno nicht eine einzige Person mit in meine Wohnung gebracht. Sie hatte auch nie jemanden erwähnt. Aber das änderte sich schlagartig.

Sie waren alle Männer und Juno wurde noch weniger schön.

Ich weiß nicht, wo sie sie traf, ich weiß nicht, warum sie sie ausgerechnet in meine Wohnung bringen musste, ich weiß auch nicht, warum sie alle aussahen, wie echt nette Typen von nebenan. Aber so war es. Kara sprach mich mehrmals darauf an, ob es mir denn nichts ausmachte, dass mein Wohnzimmer, zu einer Art Schleuse für Männer Mitte 20 wurde, aber ich konnte nur antworten, dass das Wohnzimmer eigentlich schon seit einem Jahr nicht mehr mir gehörte. Es war Junos. Sie konnte machen, was sie wollte.

„Zahlt sie eigentlich Miete?", fragte Kara an einem Abend, den wir auf Grund von Junos Begleitung, in meinem Zimmer verbringen mussten.
Ich schüttelte den Kopf.
„Du weißt, dass das verrückt ist, oder?"
„Sie kauft dafür ein und bezahlt das Waschmittel. Ich spar mir ne Menge Geld, seit sie hier ist."
„Ich kann's echt nicht glauben, dass du deine Ex-Freundin bei dir wohnen lässt. Einfach so. Und dann auch noch zulässt, dass sie andauernd Sex mit irgendwelchen Typen auf deinem Sofa hat."
„Juno hat kein Sex mit ihnen.", erwiderte ich.
„Woher willst du das wissen?", fragte Kara und klang genervt. Ich war enttäuscht. Es hätte ein schöner Abend werden können. Wir hatten Popcorn, Bier und einen guten Film, den wir sehen wollten, aber Kara redete die ganze Zeit nur über Juno. Oder beschwerte sich besser gesagt.
„Ich weiß es eben."
„Aber mit dir hat sie geschlafen, oder?", sagte sie und klang bitter.
„Was soll das denn heißen?"
„Ja oder nein?"
„Klar. Wir waren zusammen."
„Ich wette sie schläft mit diesen Typen. Sie sieht aus, wie die Art von Mädchen, die das tut.", mit diesen Worten kuschelte sich Kara in meinen Arm und startete den Film.

Ich konzentrierte mich jedoch kein bisschen auf die romantische Komödie, die vielleicht ganz lustig war, zu sehr musste ich daran denken, ob Juno nun mit diesen Typen schlief oder nicht. Popcorn, Bier und ein Film kamen mir plötzlich gar nicht mehr gut vor und am liebsten hätte ich Kara nach Hause geschickt. Leider würde eine Nacht in ihrer eigenen Wohnung Kara vermutlich an einer Gasvergiftung sterben lassen und das konnte ich nicht riskieren. Trotzdem, ich kam mir vor wie eine Gefangene in meinem eigenen Zimmer. Das Wohnzimmer war viel näher an der Küche und dem Badezimmer gelegen, Juno hatte also eindeutig die besseren Karten.
Nach gut 30 Minuten Film schob ich Kara sanft zur Seite und stand auf.
„Wo gehst du hin?", fragte sie gähnend.
„Ich hab Durst.", antwortete ich.
Sie wies auf die Wasserflasche auf dem Nachttisch. „Da ist doch was."
„Ich will Milch.", sagte ich und verließ mein Schlafzimmer.

Juno hatte keinen Sex. Und das erleichterte mich ungemein. Stattdessen schlief sie. Ihr Date saß am anderen Ende des Sofas und schaute irgendeine Sportsendung auf meinem Fernseher.
„Alles okay hier?", fragte ich und knipste die Stehlampe in der Ecke an, damit der arme Kerl wenigstens seine eigene Hand vor dem Gesicht sehen konnte.
„Sie ist einfach eingeschlafen.", erwiderte er ratlos.
Ich musste Lächeln. „Sie hat einen anstrengenden Job."
„Wo arbeitet sie?", fragte er.
„Im Baumarkt."
Er nickte langsam. „Tut mir echt Leid.", sagte er dann: „Ich wusste nicht, ob ich einfach gehen kann. Sie hat gefragt ob ich einen Film sehen will und ist dann eingeschlafen."
„Sie kann immer und überall schlafen.", versuchte ich ihn zu beruhigen: „Das liegt nicht an dir."
„Ist das hier deine Wohnung?"
Ich nickte.
„Und Juno wohnt auf deiner Couch?"
„So zusagen."
„Interessant.", meinte er und lächelte. Er war wirklich nett. Juno würde ihm vermutlich weh tun. Fast tat er mir Leid. Aber er sah Tom ein bisschen zu ähnlich um das Bedürfnis danach ihm die Nase zu brechen komplett zu eliminieren.
„Dann pack ich's jetzt wohl.", sagte er nach kurzem Schweigen und stand auf.
„Willst du noch ein Bier trinken oder so?", bot ich ihm an: „Meine Freundin schläft wahrscheinlich auch gleich ein. Ich hab noch kalte Pizza im Kühlschrank."
Er willigte ein.

Es wurde ein echt netter Abend. Marlon und ich tranken Bier, aßen die Pizza vom Vortag und redeten über Sport. Er spielte Tennis und hielt einen deutschen Rekord für den 500 Meter Sprint. Ich war selbst nicht mehr besonders aktiv, aber ich hörte ihm gerne zu und lernte einiges über Leichtathletik und Tennisaufschläge. Um Mitternacht wachte Juno auf, tapste in die Küche, schaute Marlon und mich sehr verwirrt an und legte sich dann wieder schlafen. Kara kam nicht. Ich hörte nur, wie ihr Laptop zugeklappt und das Licht ausgeschaltet wurde. Sie ging wohl schlafen.

Früh morgens verabschiedete sich Marlon von mir.
„Das war zwar ne merkwürdige Nacht, aber ich hatte trotzdem eine gute Zeit.", sagte er zum Abschied und bedankte sich für das Bier.
Ich konnte nur zustimmen.

An für immer glauben wir doch beide eigentlich eh nicht, stimmts?Where stories live. Discover now