einundzwanzig

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Jetzt fehlt mir so viel
Was mir wegen dir gefiel
Ich schrei' zuhaus gegen die Wand
Und draußen stumm in mich hinein
Und manchmal denk' ich
Und manchmal denk' ich
Ich müsste wieder mit dir zusammen sein

Nicht nichts ohne dich
Aber weniger, viel weniger für mich
Nicht nichts ohne dich
Aber weniger, viel weniger für mich

AnnenMayKantereits Frontmann hat vielleicht das widersprüchlichste Verhältnis zwischen Stimme und Körper, das es geben kann. Aber er singt über kluge Dinge, also hörten wir seine Musik. Juno hatte die Schuhschachtel aus meinem Schrank geholt und las ihre alten Briefe an mich.
„Warum hast du mich gemocht?", fragte sie irgendwann und schaute mich ernst an: „Ich war ein furchtbarer Mensch."
„So furchtbar auch wieder nicht.", erwiderte ich.
„Doch", sagte sie: „Ich habe mich selbst nicht gemocht, das kann ich sogar fühlen, wenn ich diese Briefe lese. Und das habe ich an anderen Menschen ausgelassen. An dir."
„Juno, du warst in einer schwierigen Situation. Ich will nicht leugnen, dass du Fehler gemacht hast, das habe ich aber auch. Du warst einfach verletzt."
„Das ist keine Entschuldigung.", erwiderte sie und legte kopfschüttelnd einen der Briefe zurück in den Karton: „Nur weil man selbst verletzt ist, hat man nicht das Recht andere Menschen zu verletzen."
„Es ist schwer erwachsen zu werden. Ich glaube du musst dir keine Vorwürfe machen."
Juno ließ sich zurück in die Kissen fallen. Die Decke verrutschte und entblößte ihre linke Brust. Wir hatten uns vor langer Zeit zusammen die Nippel piercen lassen. Sie trug ihren immer noch.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet.", sagte sie nach einer Weile: „Warum hast du mich gemocht?"
„Das habe ich dir doch alles in meinen Briefen geschrieben."
Sie schüttelte den Kopf. „Du hast meistens nur geschrieben, dass du gerne aufhören würdest mich zu lieben."
Ich legte mich neben sie und dachte einen Moment nach.
„Du warst anders.", sagte ich: „Vielleicht war es das."
Juno legte ihren Kopf auf meine Brust und fragte: „Was meinst du damit?"
„Du sahst perfekt aus. Wie ein typisches, feines, reiches Töchterchen. Alles an dir hat diesen Eindruck erweckt. Dein Lächeln, deine Frisur, deine Klamotten. Aber du warst nicht typisch. Jeden Sonntag von 12-16:30 Uhr warst du irgendetwas anderes. Ich hab zwar nie ganz verstanden was du in diesen Stunden genau warst, aber ich konnte nicht genug kriegen."
Sie lächelte. „Ich mag das.", sagte sie.
„Außerdem warst du auch echt heiß.", fügte ich hinzu: „Und wir hatten immer Spaß. Es war aufregend, wenn wir zusammen waren."
„Schon komisch.", sagte sie und fuhr mit ihrer Hand mein Schlüsselbein entlang: „Ganz vergessen habe ich dich nie. Du warst immer in meinem Kopf, auch wenn es irgendwann nicht mehr so weh getan hat. Vielleicht habe ich immer auf dich gewartet."

An für immer glauben wir doch beide eigentlich eh nicht, stimmts?Where stories live. Discover now