~Kapitel 36 - Die Nacht wird zum Tag ( Teil 1 )~

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,,Ich habe Sie umgebracht", wiederholte Vlad, diesmal hörte man in seiner Stimme  Vergnüglichkeit. Langsam realisierte ich die Wörter, die mein Onkel mir so eben mitgeteilt hatte und schüttelte ohne es zu merken meinen Kopf, was ein Anzeichen dafür sein sollte, das ich es nicht glauben wollte. ,, D..Du..h..hast..sie...umgebracht?" Das letzte Wort war nur ein Wispern und gleichzeitig begann mein komplette Körper an zu zittern, während mir die Tränen die Sicht verschleierten. Onkel Vlad grinste amüsant, die ich am liebsten wegpoliert hätte. Ich konnte und wollte es nicht glauben, was so eben mein Onkel zugegeben hatte. Er hat meine Eltern umgebracht? Meine Eltern, die unschuldig waren und so jung sterben mussten, nur weil mein Onkel die Unsterblichkeit bekommen wollte? War das gerecht?

 ,, Ja, dass habe ich getan. Es war leicht gewesen deine Eltern in ihr Auto zu locken, wo ich die Bremsen außer Funktion machen ließ." Diesmal schüttelte ich noch kräftiger den Kopf und die Wut, die sich in sekundenschnell angesammelt hatte, explodierte. ,, WARUM? WARUM HAST DU DAS GETAN?", schrie ich so laut, dass alle zusammenzuckten, bis auf mein Onkel. ,, Hast du es immer noch nicht kapiert? Deine Eltern standen im Weg. Ich musste sie los werden, damit ich die volle Vollmacht über dich bekam und die habe ich auch bekommen. Als ich deine Mutter wissen lassen habe, dass ich am sterben lag, zögerte sie nicht lange und machte sich sofort auf dem Weg zu mir. Ich kannte meine Schwester zu gut, ich wusste das sie sich sorgen um mich machen würde und ich wusste ebenfalls, dass sie nicht lange zögern würde, mit deinem Vater ins Auto steigen und zu mir fahren würde. Die beiden haben mich nie erreicht, da sie während der Fahrt ins Schleudern gerieten, dabei nicht bremsen konnten und dann in die Tiefe stürzten. Meine Aufgabe war somit zum Teils erledigt gewesen, also brauchte ich dich nur noch 12 Jahre zu betreuen und kurz vor deinem 18 Geburtstag wollte ich dich Azrael übergeben, was ich auch tat.", er erklärte mit alles ruhig, als wären seine Taten das normalste auf der Welt. Ich stand einfach fassungslos da und  konnte das Ganze immer noch nicht glauben. Er hatte mir alles weggenommen, alles, was für mich wertvoll war. Meine Eltern, meine Kindheit und meine Freiheit. Ich hasste ihn dafür. Ich hasste ihn und seine Taten, die er getan hatte, nur um seine eigene Bedürfnisse zu stillen. Wie egoistisch konnte man nur bloß sein und seine eigene Schwester, dass gleichzeitig seine Familie war, umbringen? Wie krank war das denn?

,, DU BIST KRANK! DU HAST MIR ALLES WEGGENOMMEN, ALLES WAS MIR WICHTIG WAR. WEGEN DIR MUSSTE ICH OHNE ELTERN AUFWACHSEN, WEGEN DIR HATTE ICH KEINE KINDHEIT MEHR UND KEIN LEBEN! ALLES IST DEINE SCHULD!", schrie ich unter meine Tränen durch die ganze Halle. Lange konnten mich meine Beine nicht mehr tragen, da sie einfach keine Kraft mehr dazu hatten und fielen deshalb hart auf die Knie, während meine Tränen einen nach dem anderen auf dem Boden tropften. Die Wut und die Trauer, die mich in dem Moment kontrollierten, führten mich dazu, mehrmals mit den Fäusten auf den kalten, harten Betonboden zu schlagen. Es tat weh, doch ich ignorierte die Schmerzen an meinen Händen. In mir herrschte nun das völlige Chaos, die sich nicht mehr aufhalten ließ. 12 Jahre meines Lebens hatte ich mit einem Mörder gelebt, 12 Jahre meines Lebens hatte ich damit verbracht, ohne Eltern aufzuwachsen, was aber nie funktioniert hatte.

Im Hintergrund nahm ich ganz leicht die Stimmen meiner Freunde wahr, die immer wieder meinen Namen mitleidend zu flüsterten, doch ich beachtete sie gar nicht, sondern ließ mich vom Schmerz lenken und kontrollieren, die gleichzeitig mein Inneres zerfetzte. ,, Du hast sie mir weggenommen. Du hast sie mir weggenommen.", wiederholte ich im Schockzustand. Nebenbei zog sich alles in mir schmerzhaft zusammen und wie bei einem schwarzen Loch, wurde alles eingesaugt. ,, Nun beruhigt dich doch Kleines. Dies liegt jetzt nun 12 Jahre zurück. Du bist ja genau so sensibel wie deine Mutter.", hörte ich ihn seufzen. Ich ignorierte sein Kommentar und heulte mich weiter aus, während ich mit einer Hand gegen meinen Magen presste, weil sie mir schrecklich wehtat. ,,Wie krank kann man bloß sein?", hörte ich diesmal Ramiel wütend rufen. ,,Was für ein Onkel bist? Lynn musste all die Jahre ohne Eltern aufwachsen und mit einem Mörder wie dir leben! Du bist Krank alter Mann, du bist echt krank!" Vlad lachte teuflisch.  ,, Was mischt du dich da ein? Du bist grad nicht besser, als ich. Schließlich hast du den alten Herrn..." Vlad zeigte mit seiner Zeigefinger in den Himmel. ,,... da oben verraten und anstatt deine Pflichten nachzugehen, hast du dich mit Weibern vergnügt, weshalb er dich auch später aus dem Himmel verbannt hatte. Hab ich nicht Recht, Ramiel?" ,,Halt deine Klappe!", war das einzige, was Ramiel wütend zurück schrie, doch mein Onkel lachte nur. ,,Keine Angst, du bist nicht der einzige, der sein Vergnügen hatte. Dein netter Freund Nekael war ebenfalls nicht besser." Diesmal ließ Vlad seine Blicke zu Nekael wandern. ,, Er hat sich nämlich mit meiner Ur-Urgroßtante zweiten Grades vergnügt." Nekale und Azrael knurrten. ,,Vlad, pass auf was du sagst!", mahnte Azrael knurrend neben ihn und ballte seine Hände zu Fäusten.  Nekael der lange geschwiegen hatte, sagte endlich nach einer Weile wieder etwas. ,,Großtante? Was meinst du damit?" Vlad lachte diesmal noch lauter. ,, Du hast mich schon richtig verstanden. Lea war meine Ur-Urgroßtante und somit war sie Lynn's Ur-Ur-Urgroßcousine. Deshalb auch diese Ähnlichkeit. Ich frag mich wirklich, was meine Großtante so anziehendes in sich hatte, dass sie so viele Verehrer hatte?", fragte Vlad nachdenklich und genau in der Sekunde hörte ich einen lautes Knacken, so als würde ein Knochen brechen. Ich blickte verheult auf und sah diesmal meinen Onkel auf dem Boden liegen, während Azrael seine Hände kraftvoll und ausladend gegenläufig aneinander klatschte, so als hätte er etwas zu Ende geführt. ,, Der kann echt nervt. Bringt ihn hier raus und lasst uns allein!, befiehl Azrael seinen Männern und es dauerte nicht lange, da waren alle schon weg. Ich realisierte es erst Recht spät, dass mein Onkel vorhin von Azrael umgebracht wurde. Mein Onkel war tot. Er war wirklich tot und es juckte mich nicht Mal, nicht Mal ein bisschen. Ich verspürte kein Trauer, kein Mitleid aber auch keine Freude an seinem Tod. Was nützte es mir glücklich zu sein, wenn meine Eltern durch den Tod meines Onkels nicht wiederkamen? Sie waren weg und das…für immer...

,, Es tut mir leid.", hörte ich plötzlich Azrael neben mir flüstern. Ich zuckte leicht zusammen und hatte ihn nicht Mal gemerkt, dass er sich neben mir gekniet hatte und einige Haarsträhnen mir hinters Ohr legte, dabei sah ich in seinen Augen, die meine Schmerzen wiederspiegelte. ,, Ich hätte ihn viel früher töten sollen, dann hättest du bestimmt nicht so viel gelitten. Ich…kann zwar deine Eltern nicht zurückholen, doch ich werde versuchen dich abzulenken, dir immer beizustehen und für dich immer da zu sein...Doch um das zu können, muss ich…", seine Stimme brach ab und schaute mich forschend an, die ich unter den Tränen erkennen konnte. Plötzlich holte Azrael irgendetwas aus seiner hinteren Hosenbund und ich konnte ein mittellanges, silbernes Etwas erkennen, die ich später als Dolch zuordnen konnte. ,,...zu aller erst, etwas wichtiges zu Ende bringen.", sprach er weiter und stand langsam auf. Genau in dem Moment, wusste ich was er damit meinte. Wie von alleine, krallte ich mir seinen Arm fest, sodass er nicht mehr weiter auf die Gefangene zu laufen konnte. Azrael drehte leicht seinen Kopf zu mir und sah mich fragend an. Ich erwiderte seine Blicke und flüsterte ganz selbstsicher: ,, Ich will es tun..." Azrael's Gesichtsausdruck veränderte sich sekundenschnell und hob fragend eine Braue, weshalb ich auch diesmal deutlicher wurde. ,,Ich will sie töten.."

Die Nacht der UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt