42.

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Jungkook’s PoV.:

In der Nacht hatte ich kein Auge zugetan. Obwohl Taehyung mich in den Armen gehalten und mir beruhigend über den Kopf gestreichelt hatte, sind meine Lider nicht ein einziges mal zugefallen.
Und auch, wenn das vermutlich ziemlich gemein von mir war, hoffte ich, dass es Seokjin genauso beschissen ging wie mir. Er hatte es verdient. Ich wünschte ihm ein schlechtes Gewissen und pure Verzweiflung, nur damit ich sagen konnte, dass er selber dran schuld war.

„Kakao?“, jemand hielt mir einen kleinen Pappbecher entgegen, indem eine dunkelbraune Flüssigkeit vor sich hin dampfte. Es war Yoongi, welcher sich scheinbar zu mir auf den Stromkasten gesellen wollte, denn er deutete stumm auf den schmalen Platz neben mir.

Ich nahm ihm den Kakao ab, rutschte dann ein wenig und sah dabei zu, wie der Ältere zu mir hoch sprang. Er selber hatte einen Kaffee in der Hand, von welchem er auch gleich ein bisschen schlürfte, als er sich vernünftig hingesetzt hatte. Nun saßen wir beide auf dem Stromkasten, den Blick auf das Stoppelfeld gerichtet, auf welchem Seokjin am Vorabend noch seine Tat gestanden hatte. Da es noch früh am Morgen war, hob sich feiner Nebel zwischen den einzelnen Wurzen hervor und stieg direkt vor der aufgehenden Sonne in die Luft. Es sah wunderschön aus und wirkte fast wie ein heilendes Balsam, für mein geschundenes Herz.

„Alles klar bei dir?“, fragte Yoongi nach einer Weile des schweigens leise nach. Ich zuckte daraufhin mit den Schultern. „Weiß nicht genau… Ich fühle gerade zu viel auf einmal und doch nichts“.
„Verstehe… Wenn ich dir einen Tipp geben darf, dann denk gut über all das hier nach. Über uns als Freunde, über Jimin und auch über Seokjin. Ich denke es wird dein durcheinander an Gefühlen etwas sortieren“.
„Wie soll ich darüber nachdenken, wenn ich jedes Mal die Fassung verliere und wütend und traurig werde? Das ist schwer…“, murmelte ich gekränkt. Ich wusste das Yoongi es nur gut meinte und es war sowieso ein Wunder, dass ausgerechnet er so auf mich zugegangen war, weswegen ich seinen Rat umso lieber befolgen wollte. Doch es war schwer.

„Das wird schon, Kooks“, er legte einen Arm um meine Schulter und tätschelte diese dann etwas. „Und wenn nicht? Was ist, wenn wir alle uns nach dieser Fahrt wieder verlieren? Oder wieder Streit ausbricht?“, fragte ich nach.
„Ich weiß nicht wie du jetzt zu Seokjin stehst, aber ich persönlich könnte dem Kerl gerade die Eingeweide rausreißen. Wahrscheinlich ist er mir nach einer Woche egal und nach einer weiteren könnte ich mich wieder mit ihm anfreunden. Aber gerade ist er bei mir einfach nur unten durch…“, antwortete Yoongi. „Bei mir auch. Nur weiß ich nicht, ob ich mich jemals wieder mit ihm vertragen kann. Ein Gedanke an ihn reicht aus, um mich auch gleich an Jimin und seine dämliche Idee zu erinnern. Wie soll ich denn dann bitte vernünftig mit ihm reden oder lachen?“.

„Jungkook, Zeit kann nicht nur Menschen auseinander bringen, sondern sie auch wieder zusammen führen. Warte also ein bisschen ab. So lange, bis du bereit bist ihm wieder in die Augen zu sehen. Wenn du das alles verarbeitet hast, ja?“, der Blondhaarige sah mich durchdringlich an, doch ich konnte nur auf meinen unangerührten Kakao schauen.

Damals hatte uns die lange Zeit ohne jeglichen Kontakt zueinander komplett auseinander treiben lassen; wie in einem endlos großen Meer, dessen wir ausgeliefert waren. Deswegen vermochte ich auch kaum zu glauben, dass eine lange Auszeit uns nun zusammenbringen konnte.
Ich hatte das Gefühl, nicht in Ruhe über meine Gefühle und den dazu anfallenden Entscheidungen nachdenken zu können, denn schließlich konnte jeder einzelne Tag uns weiter trennen.

„Wieso warst du dir eigentlich so sicher, dass es Seokjin war?“, umging ich das eigentliche Thema. Yoongi schnalzte daraufhin genervt, ging jedoch auf meine Frage ein. „Er war einfach auffällig. Größtenteils hatte er diese alberne trotzige Fassade auf, welche überhaupt nicht zu ihm gepasst hat. Erst recht, weil er in so gut wie jeder Situation total übertrieben reagiert hat. Manchmal ist dann auch seine nette Seite durchgekommen…“.

Hope // VKookWhere stories live. Discover now