Kapitel 08

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„Und wie läuft es mit der Unnahbaren?", fragte Rayan, als sie gemeinsam die Sporthalle verließen und sich auf den Weg zu ihren Autos auf dem Parkplatz machten. Hayden seufzte. Er hatte sie seit ihrer Begegnung am Strand vor wenigen Tagen nicht mehr gesehen und nichts mehr von ihr gehört. Er war sich auch nicht sicher, ob er seine Schwester wirklich nach ihrer Nummer fragen sollte. Immerhin hatte Phoebe gewirkt, als würde sie Mary vor ihm schützen wollen - aus irgendwelchen Gründen.
Er zuckte ratlos mit den Schultern. „Ich habe schon eine Weile nichts mehr von ihr gehört. Am Sonntag haben wir uns darauf geeinigt Freunde zu sein."
„Freunde?" Rayan sah ihn ungläubig an. „Meinst du das wirklich ernst?"
„Natürlich nicht, aber ich hatte es satt, dass ich mich nicht zivilisiert mit ihr unterhalten kann und jederzeit damit rechnen muss, dass sie mir entwischt. Ich meine, das Date mit Reyna war ganz nett, aber mit ihr wäre es wesentlich besser gewesen." Hayden strich sich mit einer Hand durch das noch feuchte Haar und seufzte ein weiteres Mal. Ihm war nichts anderes über geblieben, als die Freundschaftskarte zu spielen und nun den richtigen Moment abzuwarten, um ihre Beziehung wieder in die Bahn zu lenken, in der er sie ursprünglich hatte haben wollen. In den vergangenen Jahren war er vielen Frauen begegnet und mit ihnen ausgegangen, aber keine hatte ihn von der ersten Sekunde an so fasziniert und in ihren Bann gezogen wie die abweisende, geheimnisvolle Mary.
„Bist du dir sicher, dass das der richtige Weg ist?" Er zuckte mit den Schultern.
„Ich bezweifle, dass ich mit einer Frau befreundet sein kann, die ich mich stärker anzieht als andere Frauen. Was habe ich schon zu verlieren?"
„Ich drücke dir die Daumen. Ich muss jetzt los. Wir sehen uns morgen." Rayan klopfte ihm zu Abschied auf die Schulter, öffnete die Beifahrertür seines weißen Aston Martin und raste kurz darauf vom Parkplatz. Sein Handy vibrierte und er zog es aus der Tasche.

Steht unser Abendessen noch?
Phoebe

Eilig tippte er eine zustimmende Antwort, verstaute seine Tasche im Kofferraum und machte sich dann auf den Weg zu Phoebes Wohnheim.

Hände legten sich über ihre Augen und machten es ihr unmöglich die Seiten des Romans zu überfliegen. Ihr Puls raste und ihr Atem ging stockend.
„Hayden?" Sein beruhigender, angenehmer Duft stieg ihr in die Nase.
„Richtig", hauchte er ihr ins Ohr, wobei sein warmer Atem über ihren Hals strich. Seine Hände lösten sich von ihren Augen. Eilig drehte sie sich um, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang ihre Arme um seinen Hals. Gefühlvoll umfing er ihre Taille und fuhr mit einer Hand über ihren Rücken.
„Du wirkst traurig. Was ist passiert?" Mit einem Mal verschwand die Leichtigkeit und Sorglosigkeit, die sie mit Haydens Anwesenheit völlig erfüllte und wich der sonst stets präsenten Traurigkeit, Einsamkeit und Aussichtslosigkeit . Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals und sie wand ihren Blick ab, damit er die aufsteigenden Tränen nicht sah. Sie hasste dieses hilflose Gefühl. Viel lieber wollte sie lachen, sich am Leben erfreuen und vor Glück weinen - jene Empfindungen, die Hayden mit nur einem Lächeln in ihr auslöste. „Rede mit mir, Mercedes. Was ist los?"
Seufzend setzte sie sich auf ein Sofa, legte das Buch in den Schoß und faltete ihre Hände. „Meine Eltern .. Sie .. Ich habe in Physik eine zwei geschrieben und sie waren sauer. Sie .. Sie haben viele unschöne Dinge gesagt."
Grummelnd ging Hayden vor ihr in die Knie, umfing ihre Hände und reckte sein Gesicht in ihr Sichtfeld. „Du solltest kein Wert auf die Worte deiner Eltern legen. Du bist eine Musterschülerin und ich bewundere deine Leichtigkeit neue Inhalte zu erlernen, umzusetzen und schließlich weiterzudenken. Du musst dich in deiner Haut wohlfühlen. Wenn deine Eltern an deiner Stelle hier säßen, bezweifle ich, dass sie die Leistung erbringen können, die du tagtäglich hier absolvierst. Du bist perfekt und deine Eltern sollten stolz auf dich sein."
„Danke Hayden."
„Ich kann deine Eltern echt nicht verstehen. Du bist hübsch, klug, hilfsbereit und man kann sich immer auf dich verlassen. Andere Eltern wären stolz, wenn sie eine Tochter wie dich hätten." Sachte strich er mit einer Hand über ihre Wange.
„Meine Eltern sind halt nicht wie andere Eltern", schluchzte sie.
„Meine Eltern finden dich wunderbar. Du hast sie vom ersten Moment verzaubert und sie finden es super, dass ich mir eine so intelligente, bodenständige, zielstrebige Freundin gesucht habe und keine Flatterhafte."
„Ich bin froh, dass du mich damals hier angesprochen hast und hartnäckig sowie geduldig bist." Mercedes hob ihren Blick und sah Hayden an. Seine Augen spiegelte jede Emotion wieder. Im Augenblick konnte sie eindeutig Liebe, Glück und Zuversicht in seinen Augen erkennen.
„Ich bin dein Fels in der Brandung. Solltest du Probleme mit deinen Eltern haben, so kannst du dich immer auf mich verlassen. Ich biete einen Platz zur Flucht, Halt bei Sturm und Unterstützung bei jedem unvorhersehbaren Katastrophe."
Sie spürte wie sie erröte und die Schmetterlinge in ihrem Bauch zurückkehrten. „Ich liebe dich, Hayden."
„Ich dich auch, Schneeflocke." Zärtlich legte sie ihre Hände auf seine mit Stoppeln überdeckte Wange und fuhr mit Daumen über seine Lippen. Ein überraschtes Quieken verließ ihre Lippen, als er sie ohne Vorwarnung aus ihrem Sitz hob, an sich zog und soweit drehte, sodass sie letztlich auf seinem Schoß saß.
Liebevoll legte er seine Stirn an die ihre, schloss langsam die Augen und kam ihr immer näher. Ihre Münder kamen einander näher und sie konnte seinen festen, fördernden Lippen schon fast auf sich spüren.
„Hayden! Mercedes! Ich muss euch was erzählen!"

UnverhofftWhere stories live. Discover now