65. Kapitel

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,,Noch drei Minuten."
Die Bühnenassistentin drückte mir das Mikrofon in die Hand und überprüfte noch ein letztes Mal die Kabel, die an mir befestigt waren.
Ich atmete tief durch.
Gleich war es soweit.
Ich hatte in meinem Privatflugzeug auf dem Weg nach Los Angeles genug Zeit gehabt, um nochmal ausgiebig über meinen Plan und das bevorstehende Konzert nachzudenken.
Hoffentlich ging alles gut.
Meine Managerin kam zu mir. ,,Willst du das wirklich durchziehen?"
Entschlossen sah ich Cara an. ,,Ja."
,,Dann werde ich alles vorbereiten, damit es klappt."
,,Danke."
,,Du musst raus."
Ich nickte und stellte mich gerade noch rechtzeitig auf die Platte, bevor diese nach oben auf die Bühne fuhr.
Mittlerweile war ich es so gewöhnt bei großen Konzerten aus dem Boden hoch gefahren zu werden, das mir der kurze Ruck am Anfang gar nichts mehr ausmachte.
,,Are you ready?" brüllte ich ins Mikrofon, noch bevor ich ganz auf der Bühne stand.
Jubeln und Geschrei begrüßte mich.
Es war eine der größten Konzerthallen in denen ich je aufgetreten war und komplett ausgebucht.
Ich ließ meinen Blick über die Menge schweifen, fand jedoch nicht das was ich gesucht hatte.
Dann fing ich an zu singen und meine Choreografie zu performen.
Nach einer Stunde gab es eine kurze Pause in der die Fans sich was zu trinken und auf Toilette gehen konnten.
Ich nahm die mir gereichte  Wasserflasche an, und setzte mich kurz hin, um einmal zu verschnaufen.
Eine Maskenbildnerin wischte mir erst den Schweiß weg und puderte mich dann nochmal nach.
Ich bat ein junges Mädchen mir mein Handy zu holen, die sogleich erfreut über diese Aufgabe los rannte.
Nachdem sie mir mein Handy gebracht hatte, bedankte ich mich bei ihr und wählte dann Timon's Nummer. ,,Timon? Hat es geklappt? Wo bist du?"
,,Ja es hat alles geklappt, obwohl es echt schwer war ihn davon zu überzeugen. Zum Glück kam uns die Mutter zu Hilfe und hätte gemeint, dass man so ein tolles Angebot doch nicht ausschlagen dürfte. Genauer Wortlaut:,, Jayden, du kannst das doch nicht ernst meinen! Du bist doch so ein Fan von dieser Sängerin! Und dann bekommt deine Schwester von einem jungen hübschen Schauspieler das Angebot mit ihm in seinem Privatflugzeug zu einem Konzert von dieser Jolie Royal nach LA zu fliegen und du darfst auch mitkommen! Und das alles kostenlos! Und deine Schwester wird ganz sicher nicht alleine mit ihm fliegen! Also los, ich wünsche euch Dreien viel Spaß!
Es hat also funktioniert. Shelly ist gerade auf Toilette und Jayden hat sich was zu trinken geholt. Ich versuche gerade ein paar Teenis auszuweichen, die mich die ganze Zeit kichernd anstarren und irgendwie immer näher kommen. Ich glaube sie haben mich erkannt"
,,Gut, danke, das du mir geholfen hast. Ich bin froh das du da bist, dann sind es wenigstens zwei, die mich nicht ausbuhen  werden."
,,Niemand wird dich aus ausbuhen, Jolie. Sie werden dich wahrscheinlich nach dem ersten Schock dafür noch mehr Lieben. Vertrau mir."
,,Danke."
,,Alles gut. Achtung Jayden und Shelly kommen gerade wieder. Bis später." Timon legte auf.
Ich legte das Handy weg und verbrachte den Rest der Pause mit ausruhen.
,,Es geht weiter."

Auch die zweite Hälfte des Konzerts verlief gut.
Ich sang den letzten Ton ins Mikrofon und schaute dann schweratmend in die Kamera, die vor mir schwebte und jede meiner Bewegungen live übertrug.
Vorallem bei solch großen Konzerten war ein Livestream nichts ungewöhnliches.
Und diesmal kam es mir sogar sehr zu gute.
Ich trat ein paar Schritte nach vorne. ,,Hey Guys, danke das ihr alle gekommen seit! I love You! Aber ich habe noch etwas wichtiges zu sagen. Oder mehreres. Bitte hört mir bis zum Ende zu und verurteilt mich nicht dafür."
Der Jubel verstummte langsam und unruhiges Getuschel machte sich in der Halle breit.
Ich sah viele verwirrte, aber auch neugierige Gesichter, als ich kurz hinter der Bühne verschwand.
Cara reichte mir meine Madlyn Sachen und schenkte mir einen aufmunternden Blick.
Ich trat so wieder auf die Bühne und ließ mir meine Unsicherheit dabei nicht anmerken.
Überraschte und irritierte Rufe wurden laut.
,,Viele von euch haben wahrscheinlich schon von den ganzen Gerüchten gehört, die um dieses Outfit gesponnen wurden. Aber keins war richtig.
Denn nicht zu Jolie gehörte dieses Outfit, wie es hieß, sondern zu Madlyn. In den letzten Monaten war ich Vormittags immer Madlyn Sumner, ein Nerd, der eine ganz normale Highschool in New York besuchte. Die Idee stammte von meiner Managerin, die mir mit dieser falschen Identität etwas ermöglichen wollte, was ich sonst nie hätte haben können als Jolie. Indem ich als Nerd verkleidet zur Schule ging, hatte ich ausnahmsweise mal meine Ruhe, keine Fans, keine Paparazzi, ich konnte einfach nur ich sein. Ich hatte die Möglichkeit echte Freunde zu finden, da ich als Madlyn weder reich noch schön war und niemand wusste wer ich in Wirklichkeit war. Ich habe eine beste Freundin gefunden, von der ich weiß, das es ihr egal ist wer ich bin und sie einfach nur mich mag. Und ihr erinnert euch sicherlich noch daran, wie ich in dem einen Interview übers Mobbing gesprochen und gesagt habe, ich wäre in der Schule gemobbt worden. Nun ja, ich wurde tatsächlich gemobbt, aber nicht als Jolie sondern als Madlyn. Doch sie haben sich später bei mir entschuldigt, ohne zu wissen wer ich bin. Und ganz besonders einem von ihnen habe ich viel Zeit verbracht. Sowohl als Madlyn als auch als Jolie. Es war schön ein ganz normaler Teenager zu sein."
Die ganze Konzerthalle schwieg.
In dieser Stille zog ich die Madlyn-Sachen wieder aus und stand nun also wieder als Jolie vor ihnen. ,,Ich habe durch dieses Doppelleben viel gelernt. Doch ich habe auch Fehler gemacht und verstanden wie wichtig es ist ehrlich zu sein und die Wahrheit zu sagen. Denn eine Lüge kann alles zerstören, auch wenn sie nie böse Absichten hatte. Ich hoffe ihr könnt verstehen, warum ich das getan habe und Lieber als jemand anderes die Schule besucht habe, um meinen Abschluss nachzuholen. Meine beste Freundin, Shelly Parker, hat mir bereits verziehen, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Aber da gibt es noch etwas was ich sagen möchte, und zwar einer ganz bestimmten Person." Ich suchte in der Menge nach diesem einem Gesicht und fand es schließlich etwas abseits.
Mit verschränkten Armen und einem unleserlichem Gesichtsausdruck stand er da und sah zu mir hoch.
In der Halle herrschte immernoch Stille.
Wahrscheinlich mussten alle diese Nachricht erstmal verdauen.
Ein paar Bühnenassistenten brachten ein Klavier auf die Bühne und verschwanden dann wieder.
Ich setzte mich auf den kleinen Hocker und steckte das Mikrofon in den Halter. ,,Ich habe ein Lied geschrieben. Über meine Geschichte als Madlyn und meine Gefühle. Es heißt 'Forgive me', denn ich hoffe dieser eine Junge wird mir verzeihen, dass ich ihn auch nachdem er mir sowohl als Madlyn als auch als Jolie seine Gefühle  gestanden hat, weiter angelogen habe." Meine Augen suchten wieder Jayden's. ,,Also, Jayden Parker, das Lied ist für dich. Es tut mir leid."
Dann begann ich die ersten Noten zu spielen und schloss die Augen. Dann fing ich an zu singen.
Beim Refrain legte ich meine ganzen Gefühle in die Zeilen.
,,Forgive me, forgive me, forgive me, darling
I'm so sorry
Please, forgive me"
Das Ende Des Liedes drückte meinen Schmerz und meine Verzweiflung aus und gleichzeitig meine Hoffnung auf ein Happy End.
Eine einzelne Träne floss über meine Wangen.
Ich sang dieses  Lied vor Millionen von  Menschen und doch zählte nur einer für mich.
Der letzten Ton verklang und ich öffnete die Augen.
Ich schaute unsicher in gefesselte, ergriffene und fassungslose Gesichter.
Stille.
Dann Jubel und Applaus.
Erleichterung machte sich in mir breit und automatisch wanderten meine Augen zu Jayden.
Wie würde er reagieren?

Undercover StarWhere stories live. Discover now