⊱Kapitel 28⊰

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Das Gelände liegt in völliger Dunkelheit, als ich mich mit federnden Schritten Richtung Footballfeld bewege. Passend zu den Farben der Titans habe ich mich in ein blaues Sommerkleid geworfen und mir Shanes rotes Titans Cape geliehen.

Um mich herum herrscht heiteres Geplapper und ich lasse mich mit einem zufriedenen Lächeln von der ausgelassenen Stimmung anstecken. Ich schließe mich dem Strom aus Schülern der Arcadia und der Coronado High an, die man kaum voneinander unterscheiden kann, weil Rot und Blau auch die Farben der Coronado Dons sind.

Kaum habe ich es bis zum Footballfeld geschafft, stelle ich mich auf die Zehenspitzen und halte nach einem bekannten Gesicht Ausschau. Dass ich keines entdecken kann liegt nicht nur an meiner geringen Größe, sondern auch daran, dass die gesamte Tribüne restlos überfüllt ist.

Die Beleuchtung ist hier besser; die großen Flutlichter sorgen für strahlend weißes Licht und malen die Nacht kinderleicht zum Tag. Noch immer habe ich weder Zara noch Ian oder Dylan entdeckt.

Gerade als ich es aufgeben will und mich dazu entschließe mich unter die Masse zu mischen, erblicke ich Nici. Die blauen Strähnchen und ihre unverwechselbare Lockenmähne ziehen nicht nur meine Aufmerksamkeit auf sich, während ich ihr mit den Augen folge.

Ich beiße mir auf die Unterlippe, entscheide mich dann allerdings doch dazu ihr zu folgen. Wo sie ist, dürfte Zara nicht weit sein oder Evan ...
Heftig schüttele ich den Kopf und zwinge meine Gesichtszüge zu einem erneuten Lächeln.

Tief atme ich durch. Evan wird mir den Abend heute ganz sicher nicht verderben. Falls ich ihm begegne, werde ich ihn so gut es geht ignorieren. Mit diesem Plan im Kopf schiebe ich mich hinter Nici durch die vielen unbekannten Gesichter.

Ehe ich begreife, dass sie die falsche Richtung eingeschlagen hat, habe ich mich bereits so weit vom Footballfeld entfernt, dass das helle Licht nur noch eine vage Erinnerung ist. Es ist meiner verflixten Neugier zuschulden, dass ich nicht sofort umkehre als es mir auffällt.

Nein, stattdessen gebe ich mir nun extra viel Mühe leise zu sein. Möglichst unauffällig schleiche ich ihr hinterher und habe Glück, dass sich Nici nicht ein einziges Mal umdreht. Andernfalls hätte sie mich sofort bemerkt, da keine einzige Versteckmöglichkeit in meiner Reichweite liegt.

Als Nici in das im Dunkeln liegende Schulgebäude schlüpft, stutze ich das erste Mal. Was macht Nici überhaupt hier? So viel ich weiß, geht sie nicht auf die Arcadia High. Und wie kann es überhaupt sein, dass sie das Schulgebäude so ohne weiteres betreten kann?

Normalerweise müssten die Türen zur Schule abgesperrt sein – so wie eigentlich das gesamte Gelände. Verwundert stelle ich fest, dass eigentlich auch die Flutlichtanlage auf dem Footballfeld nicht funktionstüchtig sein dürfte.

Wie hat man das alles hinbekommen, ohne einen Lehrer in die Veranstaltung mit einzubeziehen? Hat jemand von den Schülern tatsächlich einen Schlüssel ausgehändigt bekommen oder hat es jemand geschafft einen zu entwenden?

Meine unnötigen Gedanken bringen mich nicht weiter. Ich vertreibe sie und tauche eine Sekunde später ebenfalls in die Dunkelheit ein. Ich brauche einige Augenblicke um mich in den verwaisten Korridoren orientieren zu können, erkenne allerdings das Nici in einem der Klassenzimmer verschwunden sein muss.

Ganz in der Nähe kann ich einen schmalen Streifen Licht ausmachen und bewege mich automatisch auf ihn zu. Er fällt durch den dünnen Spalt einer Tür, die nur angelehnt ist. Auf leisen Sohlen nähere ich mich, bis ich direkt davor stehe und meine Hand auf das kalte Metall der Türklinke legen kann.

Vorsichtig spähe ich in den Raum, muss dabei jedoch gegen das viel zu helle Licht anblinzeln.

»Und was soll ich jetzt hier? Das Spiel fängt jeden Moment an. Ich kapiere nicht was so wichtig ist, dass ich extra herkommen musste. Wieso bist du überhaupt hier? Ich dachte, du würdest heute Abend arbeiten.«

Nicis Stimme ist näher als erwartet, sodass ich nur knapp eine falsche Bewegung vermeiden kann, als ich heftig zusammenfahre. Das schlanke Mädchen steht direkt vor der Tür, sodass sie mir die gesamte Sicht versperrt.

Umso überraschter bin ich, als nicht wie erwartet Evan, sondern eine mir unbekannte Stimme spricht.
»Hat er Verdacht geschöpft?«, wird sie genervt unterbrochen, was Nici ein hohles Lachen ausstoßen lässt.

»Nein, natürlich nicht. Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Er hat keine Ahnung von unserem Plan.«
»Und deine Verbindung zu mir?«
»Ist ihm unbekannt, Keith. Und wenn du willst, dass das noch eine Weile so bleibt, solltest du gefälligst nicht einfach hier aufkreuzen! Was soll die Scheiße überhaupt? Ich dachte, du würdest mir das Ruder überlassen!«

»Ach ich weiß auch nicht, wieso ich plötzlich hier auftauche und darüber nachdenke dich abzuziehen? Lass mal überlegen, vielleicht habe ich keine Lust mehr mit anzusehen, wie dieser kranke Bastard meine Cousine fickt!«

Ich kann nicht verhindern, dass mein Puls bei diesen derben Worten plötzlich in die Höhe schießt und meine Hände vor Anspannung schweißnass werden.

Nici schnaubt abschätzig und stützt die Hände in die Hüften. Ich sehe wie sie ihre prächtige Lockenmähne schüttelt und dann ein paar Schritte weiter in den Raum und von der Tür weg tritt. Ich atme erleichtert aus und bemerke erst dann, dass ich unwillkürlich die Luft angehalten haben muss.

»Ach Keith, wir hatten das doch besprochen. Es macht mir nichts aus dieses kleine Opfer zu bringen, wenn ich dir im Gegenzug helfen kann deine lang ersehnte Rache zu bekommen.«

Ich verstehe überhaupt nichts und habe keine Ahnung, worüber die beiden sich unterhalten. Das einzige, was ich weiß ist, dass es nicht für meine Ohren bestimmt ist und ich lieber schnell die Biege machen sollte. So lautlos wie es mir gelingt, trete ich langsam den Rückzug an.

»Du hast recht, Nic. Er wird dafür bluten, was er mir angetan hat.«

»Das wird er«, bestätigt Nici und ihre eisige Stimme beschert mir am ganzen Körper eine Gänsehaut. »Und nun hau ab, du leichtsinniger Trottel. Ich schaffe das schon. Die Frage ist eher, ob du die Sache bis zum Schluss durchziehen kannst.«

Ich muss mich zu sehr auf das Gespräch konzentriert haben, anders kann ich mir meine Unachtsamkeit nicht erklären.

Mein Rücken knallt ehe ich es mich versehe, gegen die Wand aus Schließfächern und verursacht dadurch einen höllischen Lärm, der in den leeren Gängen widerzuhallen scheint. Während ich zu Eis erstarre, verstummen auch Nici und Keith.

Es verstreicht ein Wimpernschlag in dem ich nur meinen abgehackten Atem hören und meinen wilden Herzschlag spüren kann.
Dann renne ich los.

Light up my WorldWhere stories live. Discover now