⊱Kapitel 49⊰

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Polizeisirenen und Blaulicht lassen mich erschrocken innehalten, allerdings nur so lange, bis Evan meine Hand ergreift und mich lachend mit sich zieht.
»War klar, dass sie uns auch heute nicht in Ruhe lassen würden«, dröhnt Rons Stimme, die aber nicht gerade unerfreut klingt.

»Hast du etwas anderes erwartet?«
»Eigentlich nicht, Kumpel. Egal, wir sehen uns dann nächstes Mal. Ich mache mich mal lieber schnell vom Acker, bevor ich wieder eine Nacht auf dem Polizeirevier verbringen muss.« Ron nickt uns zum Abschied zu, dann verschwindet er nach rechts, während wir nach links und zurück zum Wagen rennen.

Ich blicke über meine Schulter und sehe mehrere Polizeibeamte näher kommen, aber sie sind zu weit weg, als dass sie uns wirklich einholen könnten. Außerdem sind wir zu viele gewesen, sodass sie nun nicht wissen, wen sie verfolgen sollen, weil wir uns in alle Richtungen zerstreuen.
Als ich das erkenne, dringt auch ein freudiges Lachen aus meiner Kehle, welches sich mit dem von Evan mischt. Ich genieße das Adrenalin in meinen Adern, während wir Hand in Hand durch die Nacht rennen.

»Ich nehme mal an, die Veranstaltung war illegal?«, frage ich ganz außer Atem kaum, nachdem wir endlich das Auto erreichen.
»Bist du sauer, weil ich dir das Detail verschwiegen und dich zu einer Straftat angestiftet habe?«
Evan nimmt mir die Farbdose ab und verstaut sie mit seiner wieder im Kofferraum.

»Soll ich dir was gestehen?«, lächele ich, als er zu mir zurückkommt. Von irgendwoher klingen Schreie von wütenden Polizisten zu uns, eindeutig, weil sie vergeblich versuchen die Sprayer zu erwischen.
»Ich bin ganz Ohr«, lässt er mich zwinkernd wissen.

Ich mache einen Schritt auf ihn zu, ehe mich mein neu gewonnener Mut wieder verlassen kann und verflechte seine Hand mit der meinen.
»Ich habe mich noch nie lebendiger gefühlt«, wispere ich in sein Ohr und nehme den leichten Duft nach Minze wahr, der ihm anzuhaften scheint.

Evan, der sich ein wenig zu mir heruntergebeugt hat, schenkt mir ein deutlich zufriedenes Grinsen. Unsere Nasenspitzen berühren sich beinahe, ich spüre seinen heißen Atem auf meinen Lippen und bevor es zwischen uns wieder ernst und angespannt werden kann, küsse ich ihn.

Für einen Moment ist es so, als würde die Zeit stehen bleiben. In diesem Augenblick gibt es nur Evan und mich. Nur seinen berauschenden Geschmack auf meiner Zunge, seine warme, mir Halt gebende Hand, die noch immer meine hält und sein unvergleichlicher Duft, der mich an Regen im Sommer erinnerte, während mir schwindelig vor Glück wird und mein Herz viel zu schnell gegen meine Rippen pocht. Tausende Schmetterlinge durchfluten meinen Magen und mir wird heiß und kalt zugleich.

Ist das bereits Liebe?

»Hey, da hinten sind noch zwei!«, schreit plötzlich einer der Beamten mit Taschenlampe, um seine Kollegen auf uns aufmerksam zu machen. Trotz allem ist er noch gut dreihundert Meter von uns entfernt, was mich an dem Verstand des Beamten zweifeln lässt. Wäre die bessere Taktik nicht Anschleichen gewesen?

Und so kommt es wie es kommen muss. Evan und ich lösen uns lachend voneinander und verschwinden mit dem Wagen bevor der Polizist auch nur den Hauch einer Chance hat, das Kennzeichen zu entziffern.

»Machst du das öfters?«, erkundige ich mich ausgelassen und lehne mich gut gelaunt zurück.
Dabei betrachte ich schmunzelnd Evans Profil, während sich mein Herzschlag langsam wieder normalisiert und das Adrenalin aus meinen Adern verschwindet. Evan lacht und legt erneut seine Hand auf meinen Oberschenkel. Ein warmes Prickeln erfasst die Stellen, wo er durch die Löcher in meiner Jeans meine nackte Haut berührt. Habe ich jemals so etwas in der Gegenwart eines Jungen gefühlt?

»Habe ich dir zu viel versprochen, was die Spannung betrifft?«, lacht Evan und schenkt mir ein spitzbübisches Grinsen, bevor er sich wieder auf den nächtlichen Verkehr konzentriert.

»Ganz sicher nicht. Aber ich nehme an, dass ich es lieber nicht meiner Mutter oder Shane erzählen sollte«, meine ich daraufhin locker und grinse zurück. Im nächsten Moment bin ich jedoch enttäuscht, dass ich es meinem besten Freund nicht anvertrauen kann.

Es ist mir unmöglich zu sagen, wie Shane darauf reagieren würde. Was sagt das über unsere Freundschaft aus, wenn ich ihn und seine Reaktionen nicht einmal einschätzen kann?

Außerdem hält er Evan und seine Freunde auch so schon alle für Kriminelle und wenn er dann erfahren würde, dass es stimmt und ich kein Stückchen besser bin ... Nein, ich möchte nicht darüber nachdenken. Hätte unsere Freundschaft dann überhaupt noch Bestand?

Bevor ich weiter in meine Grübeleien versinken kann, rettet mich Evan aus dem weiten Ozean aus Fragen.
»Hast du Hunger oder soll ich dich lieber nach Hause fahren?«
Instinktiv schüttele ich den Kopf. Auf gar keinen Fall möchte ich jetzt schon nach Hause. Nicht nachdem sich mein Leben gerade in einem freudigen Hoch befindet.

»Etwas zu Essen könnte ich gut vertragen.«
»Ich kenne ein tolles kleines Restaurant, hier ganz in der Nähe. Es wird dir ganz bestimmt gefallen«, antwortet er und zwinkert mir aufreizend zu.

Light up my WorldWhere stories live. Discover now