⊱Zusatzkapitel: Evans Sicht⊰

2.5K 74 14
                                    

Mir ist schwindelig, weil ich zu viel von Keith’ billigem Scotch getrunken habe. Die ganze Welt dreht sich. Ich muss meinen Kopf an die kühle Fensterscheibe lehnen und die Augen für eine Weile schließen, um das ungute Gefühl zu vertreiben.
»Verträgst du etwa nichts mehr?«, lacht Nici, die hinter dem Steuer sitzt. Ich hasse ihre Stimme.

»Tu mir einen Gefallen und halt einfach die Klappe, Nici«, brumme ich mit schwerer Zunge. Nach dem Treffen mit Keith bin ich nicht in der Stimmung für ihre dämlichen Spiele.
»Du weißt, dass es nur einen Anruf braucht und Keith wird deine kleine Freundin krankenhausreif schlagen«, gibt sie zuckersüß zurück und für diese Aussage hätte ich am liebsten meine Faust mitten in ihrem Gesicht geparkt. Mädchen hin oder her.

»Wenn er ihr auch nur ein Haar krümmt, ist unsere gesamte Vereinbarung hinfällig!«, blaffe ich, was Nici aber nicht im geringsten beeindruckt. Sie sitzt am längeren Hebel und weiß es auch.

Fuck, hätte ich auch nur geahnt, dass sie mit Keith verwandt ist, hätte ich mich niemals auf sie eingelassen. Ich hasse es wie viel Macht die beiden mittlerweile auf Maggie, mich und mein Leben ausüben. Innerhalb von Sekunden können sie meine Existenz komplett zerstören.

»Keine Angst, Davis. Alles läuft glatt, solange du deinen Teil der Vereinbarung erfüllst.«
Meinen Teil der Vereinbarung. Sühne leisten, weil ich als dreizehnjähriger Junge nicht die Nerven behalten habe und abgehauen bin. Es ist alles meine Schuld, auch, dass Maggie nun in Gefahr schwebt.
Bin ich zu selbstsüchtig, wenn ich trotz allem nicht bereit bin sie gehen zu lassen?

»Werde ich«, erwidere ich widerwillig und starre wütend durch die Frontscheibe.
»Dann hat sie nichts zu befürchten.«

Es schüttet wie aus Eimern, als Nici zwei Querstraßen entfernt parkt. Ich will bereits wortlos aussteigen, als sie meinen Arm packt.

»Ich komme mit«, sagt sie bestimmt. »Du schuldest mir einen Drink, nachdem ich nüchtern bleiben und dich fahren musste.«
Am liebsten hätte ich sie zum Teufel geschickt, aber ich habe keinen Bock auf die Scheiße, die daraufhin unweigerlich folgen würde. Ohne Frage würde sie wieder Keith und Maggie ins Spiel bringen.

Deswegen zucke ich nur mit den Schultern.
»Mir egal, solange du danach verschwindest. Bei mir kannst du nicht pennen.«

Nie wieder werde ich zulassen, dass sie bei mir über Nacht bleibt. Ich könnte mich mittlerweile selbst dafür in den Arsch treten, so dumm gewesen zu sein und mit ihr geschlafen zu haben. Ein weiterer Fehler auf einer nicht enden wollenden Liste.

Nici und ich sind innerhalb von Sekunden völlig durchnässt. Blitze erhellen die Nacht und lauter Donner verursacht ein unangenehmes Klingeln in meinem linken Ohr, als ich den Schlüssel aus meiner Tasche ziehe und die Haustür öffne. Nici schiebt sich an mir vorbei in den Flur und entledigt sich sogleich ihres hautengen schwarzen Kleids, welches dem Regen erbarmungslos zum Opfer gefallen ist.

Ich knirsche zornig mit den Zähnen und versuch ihre billigen Versuche, mich dazu zu bewegen sie wieder zu berühren, so gut es geht zu ignorieren.

»Evan, bist du das?«

Henry steckt seinen Kopf aus dem Wohnzimmer und ich seufze innerlich genervt, als er Nici entdeckt und schockiert die Augen aufreißt. Ich habe die Schnauze gestrichen voll. Wie soll ich Henry bloß erklären, dass sie in Unterwäsche in unserem Flur steht? Die Antwort steht fest. Überhaupt nicht. Soll er doch denken, dass ich mit ihr schlafe. Ich bin ihm keine Rechenschaft schuldig.

»Wir sind oben, falls du was willst. Ein Anklopfen wird nicht nötig sein«, sage ich trocken und schiebe Nici in Richtung Treppe, als diese keine Anstalten macht zu gehen.
»Was soll das?«, knurre ich, als wir außer Hörweite sind und bin erleichtert, dass sich die Welt mittlerweile nicht mehr dreht. Dennoch fällt es mir noch immer nicht leicht deutlich zu sprechen.

Light up my WorldWhere stories live. Discover now