⊱Kapitel 35⊰

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»Wer sorgt dafür, dass wir wieder nach Hause kommen?«, frage ich Zara, während wir auf den Wagen von Kota zugehen, der sich dazu bereit erklärt hat, uns zu fahren.

»Kota hat versprochen nichts zu trinken und keine Sorge, spätestens halb zwei bist du wieder Zuhause, damit deine Mutter nichts bemerkt, wenn sie morgen früh wieder heim kommt.« Zara, die sich bei mir untergehakt hat, öffnet die Autotür und weist mich an durchzurutschen.

»Hey, ihr zwei«, begrüßt mich Kota, während Dylan, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, mich schamlos anstarrt. Wie es aussieht, hat Zara tatsächlich sehr gute Arbeit geleistet.

»Hi«, lächele ich. Umständlich kämpfe ich mit dem Sicherheitsgurt und atme tief aus, als ich es endlich geschafft habe. Dämliche Dinger. Die sind eindeutig nicht für mich gemacht.
»Wir können los«, verkündet Zara überschwänglich. Kota nickt lediglich, wobei sein Blick etwas länger auf Zara verweilt. Dann startet er den Motor.

Die Fahrt dauert nicht lange und vergeht dank Zaras Drang sich zu unterhalten schnell. In weniger als einer halben Stunde parkt Kota das Auto in einer nicht gerade gut beleuchteten Querstraße und steigt aus. Kaum bin ich von meinem Sitz geklettert und stehe draußen auf dem Asphalt, ist Dylan bereits an meiner Seite.

»Komm, wir sollten uns beeilen. Die Party ist schon vorangeschritten und wie du siehst, ist das Haus bereits ganz schön voll.« Dylan bietet mir seinen Arm an, aber es kommt mir zu seltsam vor, als das ich ihn hätte annehmen wollen. Stattdessen beeile ich mich, zu Zara und Kota aufzuschließen und ignoriere dabei Dylans enttäuschten Blick.

Auf dem Weg ins Haus, treffen wir auf zwei Jungen, mit denen Dylan zwar lächelnd einschlägt, aber keine Worte wechselt. Heimlich mustere ich das Ed Sheeran Double von der Seite, dass nun wieder ein strahlendes Lächeln auf den Lippen trägt.

Trotz, dass er immer nett und freundlich ist, hätte ich nicht geglaubt, dass er mit so vielen Leuten befreundet ist. Aber da hat mich der rothaarige Junge, mit den verschiedensten bunten Tattoos mal wieder eines Besseren belehrt.

»Ich werde mir erstmal was zu trinken besorgen, ich bin nämlich noch viel zu nüchtern!«, flötet Zara, kaum haben wir das Innere des Hauses erreicht. Kota lacht und folgt ihr durch das wie immer rege Gedränge.

Um nicht den Weg zu blockieren, bahne ich mir einen Weg an den Rand, wo ich kaum angekommen, einen Becher in die Hand gedrückt bekomme.

Entgeistert starre ich erst den mir unbekannten Typen an, der bereits wieder geht, und anschließend das nicht identifizierbare Getränk in meinen Händen. Eines steht fest, ich werde das ganz sicher nicht trinken.

Dylan, der mir wie ein läufiger Hund gefolgt ist, hat seinerseits irgendwo eine Flasche Gin aufgetrieben und setzt gerade zum Trinken an, als er sich zu mir gesellt. Anscheinend werde ich ihn heute wohl nicht loswerden.

»Super Party, oder?«, fragt er, kurz nachdem er bereits ein Viertel der Flasche runtergekippt hat. Ich verziehe angewidert das Gesicht und stelle den Becher auf die nächstbeste Kommode ab.
»Ja. Wo ist Ian?«

Dylan zuckt die Schultern und nimmt einen weiteren Schluck Gin.
»Weißt du schon, was du nach der Schule machen wirst?«
Verwundert starre ich ihn an, weil ich nicht mit dem Thema gerechnet habe.
Reden wir jetzt wirklich über unsere Zukunft?

»Ich werde vermutlich aufs Collage gehen, so wie jeder andere auch«, erkläre ich und lehne die Flasche ab, als Dylan sie mir fragend entgegenstreckt. »Was ist mit dir?«

»Ich werde das Familienrestaurant weiterführen und Koch werden. Das erwarten meine Eltern von mir«, gesteht Dylan, wobei seine blauen Augen plötzlich leer scheinen und er unmerklich das Gesicht ein wenig verzieht.

»Ist es denn das, was du willst?«, frage ich zweifelnd und nehme nun doch den Gin von Dylan an. Es brennt fürchterlich als ich einen Schluck nehme und er meine Kehle hinunterrinnt. Als ich einen zweiten nehme, wird es besser und beim dritten, breitet sich eine angenehme Wärme in meinem Bauch aus.

»Mir bleibt keine Wahl. Das Restaurant bedeutet meinen Eltern alles. Sie werden enttäuscht von mir sein, wenn ich mich dazu entscheide weg zu gehen und Schauspieler zu werden«, seufzt Dylan. Ich gebe ihm die Flasche zurück.
»Du willst Schauspieler werden?«

»Hatte ich eigentlich vorgehabt«, sagt er, sodass ihn die Musik fast komplett übertönt. »Aber das Leben ist eben nicht gerecht, was?«

Er prostet mir zu und grinst, aber es erreicht seine Augen nicht. Ich nicke und denke dabei an meine Eltern. Meine Mutter hatte es nicht verdient von meinem Vater betrogen zu werden. Er hat unsere ganze Familie auseinandergerissen und nun müssen wir alle mit den Folgen leben. Aber Dylan hat noch sein ganzes Leben vor sich, er hat eine Wahl.

»Du solltest Schauspieler werden«, verkünde ich mit fester Stimme, woraufhin mich Dylan irritiert ansieht.
»Meinst du wirklich? Und was ist mit meinen Eltern?« Die Zweifel stehen ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben, aber er darf sich von ihnen sein Leben nicht vorschreiben lassen. Genauso wenig wie ich mir mein Leben vorschreiben lassen darf, bemerke ich verbittert.

»Wenn sie dich wirklich lieben, werden sie es verkraften und dich unterstützen, Dylan. Denk einfach mal darüber nach. Du musst dich erst in einem Jahr entscheiden.«
Dylan lächelt und beugt sich zu mir herunter. Er ist etwas kleiner als Evan, sodass er mich nur um wenige Zentimeter in Zaras Highheels überragt.

»Danke«, wispert er mir ins Ohr und ich versuche den Drang zu unterdrücken, vor ihm zurückzuweichen. Es ist mir unangenehm, dass er mir plötzlich so nah ist, dass ich den Gin in seinem Atem riechen kann. Als er den Blick auf meine Lippen senkt, bricht mir kalter Schweiß aus und ich versuche ihn aufzuhalten, indem ich meine Hände auf Dylans Brust lege. Das scheint er allerdings gänzlich falsch zu interpretieren, denn er neigt den Kopf und kommt meinem Gesicht damit nur noch näher.

»Na, störe ich?«

Light up my WorldWhere stories live. Discover now