14- Wir planen einen Ausbruch

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 heute

➴♚➶

          „Sie wird scheitern."
Ich warf eine Perle in die Schmuckdose auf meinem Schminktisch. Beeindruckend, wenn man bedachte, dass ich auf dem Fußboden neben meiner Zimmertür saß und sonst nicht einmal mit der Gabel meinen Mund traf. Aber ich hatte inzwischen Übung.

„Woher willst du das wissen?", Kers Stimme klang gedämpft von der anderen Seite des Holzes zu mir hinüber, „Vor einem Jahr hätte auch niemand gedacht, dass eine Königin ungesehen von einem Zirkel in den nächsten fliehen könne."

Plong. Noch eine Perle. Mit dem Handrücken wischte ich mir eine verfilzte braune Strähne aus den Augen.
„Weil jeder scheitern würde, wenn es niemanden gäbe, der ihnen beim Schummeln hilft."
Sollte Cladina sehen, was ich aus der Kette gemacht hatte, die sie mir aus dem Palast-Schatz gebracht hatte, würde sie sicher ohnmächtig werden. Wäre die Palastmauer ein wenig näher, ich hätte sie den Passanten zugeworfen.
„Ich meine: Sie verbinden dir die Augen und erwarten, dass du deinen Mann an seinem Tanzstil und durch dein Vertrauen in De erkennst. Verzeih mir, aber das ist Blödsinn!"

„Du bist nicht sonderlich gläubig, hm?"

Plong. Es gab nur einen einzigen Umstand, der mich davon abhielt jede Anwesenheit einer Gottheit zu leugnen. Und das war die Tatsache, dass ich keine Ahnung hatte, warum unsere Inseln flogen. Niemand wusste, warum die Inseln flogen. Manche priesen De dafür, andere erklärten, dass Anziehungskräfte oder der Wind sie in der Luft hielten. Ich wusste lediglich, dass sie flogen, weil sie es konnten. Und dass es niemals weise war, einen Steinbrocken auf physikalische Gesetze hinzuweisen, wenn ihre Befolgung bedeutete, dass man tausende Meter in die Tiefe stürzte. Aber das tat hier nicht zur Sache.
„Du darfst vorher nie mit dem Kerl tanzen. Und bei dem Ball selbst berührst du ihn auch nicht."

„Wie hast du es dann damals geschafft?"

„Caridad hat mir geholfen."

Plong.

Ich stand auf und sammelte meine daneben geworfenen Perlen wieder ein. Ich wollte nicht, dass meine Kammerzofe später doch noch eine unter den Sesseln fand. Sie und Ker waren meine einzige Gesellschaft und das auch nur, weil beide stur Constantins Anweisungen falschverstanden. Ohne sie wäre ich schon lange wahnsinnig geworden. Vom Balkon stürzen konnte ich mich nicht mehr. Nach einem misslungenen Fluchtversuch an der Hausfassade entlang, hatte Constantin die Scheiben mit Brettern versperrt.

„Na und? Dann scheitern sie eben bei dem Tanz, die Leute denken, De hat etwas gegen sie und senden die Königin mitsamt ihrer Mutter heim. Jeder ist glücklicher, weit weg von diesem Ort." Er verlagerte sein Gewicht und die Rüstung ächzte von den langen Wachen, die er vor meiner Tür schob.

Ich war ihm unsagbar dankbar. Es hatte nicht viel Überzeugung gebraucht, nachdem ich ihn von meinen vorherigen Erfahrungen mit langen Zimmeraufenthalten erzählt hatte. Ker traute ich. Mehr zumindest, als den anderen Soldaten.
Müde ließ ich mich auf das Bett fallen.
„Wenn du deine Ruhe vor ihm haben willst, sprich ein Wort und ich tausche gerne mit dir."

„Früher wäre er niemals so mit dem Leben dieser Zimmermädchen umgegangen. Aber wundern tut's mich nicht", er brummte noch ein paar unverständliche Worte und fügte dann hinzu, „Was kümmert es dich eigentlich, ob Miss Vanna Königin bleibt oder nicht?"

Mit einem halbunterdrückten Stöhnen rollte ich mich auf den Bauch, nur um nicht länger das Bild an meiner Decke anzusehen. Tagelang hatte ich es angestarrt, bis es mich in meine Träume verfolgte. Inzwischen konnte ich es sicher problemlos nachmalen.
Was kümmerte mich, wer Königin war? Oh da gab es einige, die bestimmt Interesse daran hätten, wenn ich zurück in das Spiel um den Thron geworfen werden würde. Und ich hatte ein Interesse daran, dies zu verhindern. Alle anderen Gedanken verbrannte ich in die Kissen.

Das Königreich der Geheimnisse - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt