24 - Weniger glückliche Wiedersehen

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          Dara Sarei.
Der Saum seiner grünen Kutte war vom Staub der Straßen verdreckt aber nicht schäbiger, als ich ihn zuletzt gesehen hatte. Seine Haare waren länger, genauso dunkel wie vorher und sein Backenbart ordentlich gestutzt. Ruhig stand er mitten im Leben des Marktplatzes und sah mich an.

Irgendwie hatte ich gehofft, dass er mit seiner Verbannung vom Hof auch die Stadt verlassen hätte. Aber ich lag falsch. Und jetzt wusste er, dass ich wieder hier war.

„Ein Vorschuss für deine Beerdigung", las Constantin die Karte vor, die zwischen den Blumen steckte.

Ich holte tief Luft. Warum auch nicht?

„Wer hat diese Blumen gekauft?", fuhr er die Frau an, der prompt das Lachen aus dem Gesicht fiel.

Ihre tiefen Falten erzitterten.
„D-der Mann do- dort." Doch als wir dieses Mal beide den Kopf drehten, war da keine Spur mehr des ehemaligen Senators des Königs. Fortgespült.

Ich drückte Constantin die Blumen in die Arme. Das würde ich alleine klären.
„Ich bin gleich wieder da." Und damit quetschte ich mich zwischen den Leuten durch.

„Dinah..."
Hinter mir fluchte Constantin und machte Anstalten mir zu folgen, aber ich kannte diesen Ort besser als er. Dicht an dicht drückten sich die Menschen, pressten ihre Schultern aneinander, bis niemand mehr den Boden sah. Constantins Rufe zogen neugierige Blicke auf sich, doch keiner konnte ihm Platz machen, ganz gleich wie er ihnen drohte.

Ich schlüpfte zwischen ihnen hindurch und hinter mir schloss sich die Masse wie eine geballte Faust und schnitt mich von ihm ab.
Seine Rufe wurden von meinem hämmernden Puls verschluckt. Ich musste Dara Sarei finden. Und gleichzeitig wollte ich nichts lieber, als die äußerste Stadtmauer zu erreichen und niemals wieder zurückzublicken.

Die Entscheidung wurde mir allerdings abgenommen, als mich eine große Hand am Oberarm erwischte und zwischen zwei Stände zerrte. Hatte mich vorhin noch jeder gekannt, sah jetzt niemand, wie ein grobschlächtiger Kerl mich beinahe zu Boden warf.

Meine Füße waren zu langsam, um mit ihm mitzuhalten, und ich stolperte gegen einen Karren. Der Typ hielt mich an der Schulter fest, ganz gleich wie sehr ich mich wehrte. Meine Kapuze fiel zurück und der Regen traf mein Gesicht.

Er war groß- riesig sogar. Seine massige Gestalt lehnte über mir wie ein Felsbrocken. Er war rasiert, glatzköpfig und ordentlich angezogen. Doch Dreckschmieren an seinen Händen verrieten die harte tägliche Arbeit. Kein gewöhnlicher Dieb, doch das hatte ich auch nicht erwartet. Sein Teint war gleichmäßig mit einem olivfarbenen Unterton, der ihn von dem Hautton der heimischen Bauern unterschied.

Meine Brust pumpte nicht genug Sauerstoff in mein Gehirn.
Ich versuchte, mein Messer zu erreichen, doch er blockte meinen Griff und verpasste mir einen Ellenbogenhieb gegen die Schläfe, der mich doppelt sehen ließ. Träge blinzelte ich gegen den Schmerz an. Ich kannte diesen Typen nicht. Einer von Dara Sareis Fußvolk?

Ich nutzte seinen kurzen Moment des Triumphs und trat ihm seitlich gegen das Knie. Er knickte sofort ein. Man hätte ihn vor mir warnen sollen.

Doch anstatt zu einem Häufchen vor mir zusammen zu sacken, knirschte er mit den Zähnen und griff in seine Tasche. Ich erwartete ein Messer oder eine andere Waffe und wollte ausweichen, doch er hatte mich eingekeilt zwischen den Ständen.

Aber der Gegenstand war golden und als er es mir in die Hände drückte, erkannte ich es auch. Ein Dolch wäre mir lieber gewesen.

Mein Herz blieb einfach stehen. Mein Medaillon. Mein gottverdammtes Medaillon.
Aus geweiteten Augen starrte ich ihn an. Wo hatte er das her?

Das Königreich der Geheimnisse - Band 1Where stories live. Discover now