29- Es war nicht genug Glaube für alle da.

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       „Bitte erleuchte mich, auf was du dich beziehst." Constantins Gesicht war versteinert vor widersprüchlichen Emotionen. 

„Du verletzt andere um dich herum mit Absicht, damit du dich nicht alleine schlecht fühlst. Das ist keine Art damit umzugehen, das ist ein mieser Zug."

Er lachte rau auf, doch etwas überlagerten den Laut.
„Und trotzdem bist du an mich verheiratet und nicht an meinen Bruder." Etwas an dieser Idee füllte ihn mit absurder Schadenfreude.

Ich schüttelte einfach nur den Kopf. Warum konnte ich nicht mit ihm reden, wie mit normalen Leuten? Warum machte er es mir so schwer?
"Du könntest so viel mehr sein."

„Flirtest du etwa mit mir?"

"Nein."

Diesen Moment nutzte Caridad, um atemlos hinter uns aus dem Gebüsch zu platzen.
Er wurde langsamer, als er mich und seinen Bruder am Boden sah, einander niederstarrend und schwer atmend wie zwei Ringer.Schließlich blieben seine blauen Augen an mir hängen. Frust schüttelte mich und maßlose Enttäuschung in einen Mann, von dem ich wusste, dass er keines dieser Worte so gemeint und sie trotzdem gesagt hatte.
„Der König glaubt, an eine Prostituierte verheiratet zu sein, und benimmt sich dementsprechend."

Caridads Augen wurden blank. Allein aus Gewohnheit nutzte er die Hände.
‚Sieht aus, als bräuchte außer mir jemand anderes eine Auszeit.'
Und damit nahm er mich an der Hand und zog mich fort.

"Ja, geht ruhig", schnappte mir Constantin hinterher, wie einer von Caridads abgerichteten Hunden. 

Ich beschloss ihn zu ignorieren. Man konnte nicht mit ihm reden, wenn er so drauf war. Das hieß aber nicht, dass ich nicht über meine Gefühle reden musste. 
„Ich habe nie darum gebeten Königin zu werden", teilte ich niemand Bestimmtem mit. Wenn das wieder ein: ‚Wenn du nicht gelauscht hättest, hätte ich mir meine Braut aussuchen können'- Anfall war, würde ich mich vielleicht doch von ihm scheiden lassen.

„Er mag dich eben", zuckte Caridad abwesend mit den Schultern, den Blick auf die Klippen vor uns gerichtet. Man konnte nicht hinuntersehen, denn die Kante war von einem breiten Streifen Bäume gesäumt, sodass niemand Gefahr lief versehentlich zu fallen.
Die gelben, sandigen Steine des Weges sprangen in meine Schuhe. Aber die Schatten der Bäume waren eine wohltuende Abwechslung. Jemand hatte Glockenspiele in ihre Äste gehangen, deren Melodien mir eine Gänsehaut über den Rücken jagten.

Verzögert hob ich die Augenbrauen. Constantin mochte mich nicht. Constantin konnte es nur nicht leiden, wenn jemand anderes mit seinen Puppen spielte.
„Dann vergleichst du auch all deine Freunde mit Prostituierten?" Sicher doch. Er brauchte ihn nicht verteidigen. Nicht heute.

„Hmmmm...", Caridad ließ sich zurückfallen und wog dramatisch den Kopf von einer auf die andere Seite, als müsse er ernsthaft darüber nachdenken, „Wenn ich mir meine Freunde so ansehe..."

Ah, ich vergaß. Caridad ging normalerweise bereits mit seinen Bekanntschaften ins Bett.
Er war definitiv der falsche Ansprechpartner für sowas.
„Lass mich dir helfen: Falls du dich jemals doch noch einmal ernsthaft für ein Mädchen interessieren solltest-..."

„Frage ich meinen Bruder, ob er sie wüst beschimpft, damit ich im Vergleich galant und ehrenhaft aussehe", grinste er halbherzig und bot mir den Vortritt zu den schmalen Stufen die Klippe hinunter. Es war kein offizieller Gartenweg- eher ein nachgeschobener Gedanke des Architekten.

Ich lehnte ab. Als er an mir vorbei ging, erhaschte ich den Schimmer von der zurückgebliebenen Trauer in seinem Gesicht. Er hatte sie noch nicht vergessen. Natürlich.
Eine Welle des Mitleids erfasste mich. Constantin mochte zwar nicht mein Traummann sein, aber zumindest hatte ich für ihn niemanden aufgeben müssen, der mir nahestand.
„Wie war ihr Name?"

Das Königreich der Geheimnisse - Band 1Where stories live. Discover now