16- Tatsächliche Detektivartbeit

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           Constantin leitete mich in das kleinere Versammlungszimmer des Senats, in dem noch weit entfernt die Melodie des Balls zu hören war.

„Wir haben deine Wache beim Schlafen erwischt. Weißt du, welche Strafe auf Schlafen während des Wachdienstes steht?" Er stand zwischen zwei Bücherregalen, an die Kante eines Schreibtisches gelehnt und hatte die Arme fest vor seinem Oberkörper verschränkt. Er sah erstaunlich förmlich aus, in seiner Festtagskleidung. Bemerkenswert gut, aber dann wiederum auch nicht ganz er.

Ich wippte auf meine Zehenspitzen vor und wieder zurück.
„Keine, wenn du nicht unbedingt vom König höchst persönlich erwischt wirst. Und ich müsste es wissen, ich habe schließlich zwei Jahre lang Recht gesprochen."

„Ah- ironische Antworten, wie ich sie vermisst habe." Der Sarkasmus machte ihn wieder ein bisschen zu sich selbst. Um im nächsten Augenblick ernster zu werden: „Nur, um deine Erinnerung aufzufrischen: Zehn Peitschenhiebe sind die von De festgelegte Bestrafung, damit der verurteilte Soldat für eine ganze Weile nicht mehr schlafen kann."

Das Mondlicht fiel durch die großen Fenster und leuchtete seine zweifarbigen Augen an, als wäre er einer der nachtaktiven Jäger, die sich durch unsere Wälder schlichen. Die Muskeln seiner Oberarme spannten sich unter dem Stoff seines Festwamses an.

Ich widerstand dem Drang, eine der blonden Strähnen aus seiner Stirn zu wischen. Oder ihm eine Kopfnuss zu verpassen- ganz sicher war ich mir da nicht. Mit einem Seufzen zupfte ich den falschen Schnurrbart von meiner Oberlippe.
„Ich bekomme fast den Eindruck, du wärst sauer auf mich."

„Und wie verdammt wütend ich auf dich bin." Er stieß sich von dem Schreibtisch ab und kam auf mich zu, nicht ungleich eines Raubtiers. „Du behandelst die Befehle deines Königs, als würde ich nichts weiter als Vorschläge machen. Sag mir Dinah, wen muss ich über die Sicherheitsmauer werfen, damit du mich erst nimmst?"

Die Antwort wäre vermutlich ‚mich' gewesen, aber ich hing leider an meinem Leben. Mein Blick fiel auf die Briefe hinter ihm, die ordentlich verkorkte Tinte und den Siegelstempel darauf.
Ich stockte. Siegelstempel. Natürlich.
„Wo ist der Pfeil, den sie aus dir gezogen haben?"

Constantin blinzelte mich verwirrt an. Sicherlich auf der Suche nach einer gehässigen Bemerkung, brauchte er einen Moment zu lange, um zu antworten. Bis dahin war ich bereits zur Tür zurück gelaufen und zog sie auf.
„Jemand soll Sebastian hierherschicken. Und den Pfeil, der auf den König geschossen wurde."

Einer der wartenden Soldaten nickte abrupt und machte sich sofort auf den Weg.

Das hatte ich vermisst. Leute, die tatsächlich taten, was man ihnen sagte.
Doch kaum da ich den Kopf wieder zurück in den Ratsraum gezogen hatte, wurde ich wieder mit der Realität in Form von Constantin konfrontiert.
„Lust mir zu erklären, was das soll?"

Ich bekämpfte ein stolzes Grinsen. „Pfeile erhalten Siegel, um die Qualität der Herstellung zu sichern. Jeder Zirkel hat sein eigenes."

Constantin runzelte die Stirn.
„Weißt du nicht, wer alles Pfeile innerhalb eines Zirkels verwendet? Jäger, Soldaten, jeder Auftragsmör-..."

„Aber jeder von ihnen verwendet unterschiedliche Pfeilspitzen. Kleintierjäger nutzen andere Pfeile, als jemand, der zum Beispiel durch ein Kettenhemd zielt." Oder durch eine Fensterscheibe. Und das wollte ich ihm auch gerade sagen, als hinter mir die Tür sich vorsichtig aufschob und Sebastian seinen Kopf hineinschob.

„Ich wurde gerufen? Gibt es Entwicklungen in Eurer Ermittlung?"
Das wäre die perfekte Ablenkung gewesen, wenn er nicht ausschließlich mit mir gesprochen hätte.

Das Königreich der Geheimnisse - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt