Kapitel 11

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Kein auffälliges Verhalten. Einfach nichts. Er war lediglich Spitzenspieler des Lacrosse-Teams unserer Schule, 18 Jahre, hatte gute Noten, kein Wissen über ehemalige Freundinnen - er war aber keinesfalls unbeliebt - eher im Gegenteil, Hailey! Scheint kein Bad Boy zu sein, gehörte dennoch zu den Angesagten.  Leider gibt es wirklich kaum etwas hilfreiches, tut mir echt leid.

-June

Stimmt, da war was gewesen. June hatte vorgeschlagen mir ein wenig zu helfen, da ihr nicht sonderlich viel auf die Schnelle eingefallen war. Selbst ihre besten Quellen schienen nicht mehr über ihn gewusst zu haben. Die Informationen waren aber gar nicht Mal so unpraktisch wie sie vielleicht dachte.

Ich schmunzelte und tippte Ich schreibe dir gleich in die Tastatur meines Handys, was einen fragenden Blick seinerseits provozierte. »Was gibt es zu lachen?«, kam von ihm, wohingegen ich meine Lippen aufeinanderpresste und mein Handy in meiner Hosentasche verschwinden ließ.

»Nichts worüber du dir sorgen machen müsstest«, entgegnete ich wahrheitsgemäß und ging sonst nicht weiter auf seine Frage ein - mein Gesicht hingegen zeigte genug Emotionen.

Er schüttelte nur den Kopf, während ich schon wieder zu lachen anfing. Was war los mit mir? Ich hatte mir dieses 'Treffen' um einiges anders vorgestellt. Viel angespannter. Die Sonne schien etwa knapp über meinen Augen und tauchte den Himmel in ein warmes rosarot, was ich so über alles liebte.

Vor allem im Sommer - meiner absoluten Lieblingsjahreszeit. Sonnenuntergänge empfand ich dadurch schon immer als magisch. Ich liebte sie.

Für einen Moment schloss ich meine Augen und genoss die warmen Strahlen der Sonne auf meiner Haut. Als ich meine Augen wieder öffnete bemerkte ich, dass Liam mich beobachtete und er seinen Blick in der gleichen Sekunde wieder von mir nahm.

Ertappt mein Lieber.

An dem Eisladen vorbei schlug ich unbewusst den Weg in Richtung meines Hauses ein, Liam mir dicht folgend. Ich schaute ihn etwas genauer von der Seite an und musste feststellen, dass sich seine warmen Gesichtszüge mit seinen dunkelbraunen Haaren wohlig ergänzten.

Schlecht aussehen tat er definitiv nicht.

»Ich glaube, den Rest schaffe ich alleine«, brach ich unser Schweigen und kamen somit zum Stehen.

«Wohnst du in diesem Haus?«, fragte er und deutete mit seinem Kopf an das nächstgelegene Haus. »Ja«, antwortete ich und schaute zu Boden. »Das mit dem roten Briefkasten also«, stellte er fest, woraufhin ich leicht lächelte. Das klang so süß und unschuldig.

»Ja genau das.«

»Nochmal danke...für's Eis«, verabschiedete ich mich und ging die letzten Meter bis zu meiner Haustür und drehte mich noch einmal um, da ich seine warme Stimme ein weiteres Mal - diesmal jedoch unerwartet - wahrnahm.

»Wir sehen uns wieder...oder?«, fragte er mit einem Hauch Nervosität in der Stimme. Ich nickte ihm schließlich zu und lächelte leicht. Daraufhin sah ich, wie sich seine Angespanntheit legte und sich sein Gesicht aufhellte.

Vielleicht mochte ich diesen Jungen doch...aber nur ein kleines bisschen.
                                                                    ***

»Wo warst du?«, fragte mich meine Schwester Lili, während ich die Tür unseres Zuhauses sanft schließen wollte und bei dem Klang ihrer Stimme aufzuckte. Ich musterte sie - mit einer Schüssel Kellogg's und ihrem Handy saß sie auf der Couch und schaute sich sicherlich wieder ihre Lieblingsserie an.

»Ach...ich war nur ein wenig draußen, die frische Luft und unsere Sommerferien genießen.« Ich blinzelte ein paar Mal und hoffte, dass meine Worte nicht allzu angespannt und nervös herüberkamen.

Lili runzelte ihre Stirn und pausierte sogar ihre Serie. Glaubt mir, das tat sie sonst nie. »Sicher, dass alles in Ordnung ist?«, hakte sie nochmal nach und ließ mich dabei nicht aus den Augen. Jetzt musste ich mich besonders gut herausreden und sowas fiel gerade mir immer besonders schwer - ich ließ es deshalb auch sein und wechselte möglichst unauffällig das Thema.

»Wo sind Mom und Dad?«

»Sie wollten zu Freunden, angeblich kann es ein wenig spät werden«, klärte sie mich auf. Sie musste mir an meinem relativ normalen Ton abgekauft haben, dass wohl doch nichts Besonderes passiert war und so schaute sie seelenruhig ihre Serie weiter an.

Glück gehabt.

Meine Schwester konnte sogar - man wollte es kaum glauben - noch neugieriger sein als June und würde oben drauf noch gleich alles meiner Mom mitteilen. Wie man kleine Geschwister eben kannte. Und darauf wollte ich lieber verzichten. Sie schenkte mir kaum noch Beachtung und das war für mich der Moment zurück in mein Zimmer zu kehren.

June schuldete ich wohl wirklich eine Erklärung, doch heute war ich eindeutig zu müde dafür. Ich schälte mich aus meinen Klamotten, zog mir bequeme Kleidung an, putzte mir meine Zähne und schminkte mich sorgfältig ab. Eine Welle von Müdigkeit überrollte mich förmlich. Mir fiel es schwer meine Augen aufzuhalten und meine warme Bettdecke unterstützte meine Schläfrigkeit nur noch mehr...

                            ***
                                                              »Also«, begann ich, während ich versuchte nicht allzu aufgewühlt und aufdringlich die Geschehnisse zu schildern. June und ich waren bei diesem warmen Sommerwetter draußen und unterhielten uns ein wenig.
»Du, ich glaube deine 'Liste'«, so nannte ich die Informationen, die sie mir gestern über Liam geschickt hatte, »kann ich ein wenig vervollständigen.« Das war der Moment, in dem ich aus meinem Redeschwall nicht mehr herauskam und versuchte ihr in detailtreue das gestrige Treffen zu schildern.

»Kaum zu glauben Hailey, du und Baker.« Über diese Aussage verdrehte ich nur meine Augen und rieb mir nervös die Hände.

»Quatsch, es-es war doch nur ein einmaliges Treffen«, versuchte ich die Situation etwas zu drehen, doch nichts der Gleichen. Ich knabberte an meiner Unterlippe und selbst ich hatte mir den Satz nicht abgekauft.

»Ja, genau Hailey, da kann ich dir nur zustimmen. Ist ja nicht so, dass er dich wiedersehen wollte«, hörte ich sie ironisch sagen und erwischte mich dabei, wie ich vor mich hin grinste.

»Ich bin mir sogar ganz sicher, der will dich sicher nie wiedersehen.« Meine beste Freundin setzte noch einen drauf, woraufhin wir zeitgleich ins Gelächter fielen.

»Aber ich vertraue ihm natürlich noch nicht ganz, das verstehst du sicherlich. Er gehörte schließlich nicht umsonst zu den Beliebten aus der Zwölf«, sprach ich meine Gedanken aus.

»Ist natürlich verständlich, aber das sollte dann wohl deine Aufgabe sein das herauszufinden. Eine Vermutung hätte ich dennoch«, erklärte sie mir, während ich gebannt zuhörte.

»Unerreichbarkeit würde ich das nennen.«

»Was?« Ich verstand sie überhaupt nicht und runzelte meine Stirn. »Ich sag's dir, seine Unerreichbarkeit macht ihn so interessant und beliebt. So viele Mädchen haben Interesse und er hatte jedes Mädchen ständig abgeblockt, selbst die wirklich Beliebten.« Ihre Worte ließ ich mir durch den Kopf gehen. In der Zwischenzeit setzten wir uns auf die Wiese eines Parks, in welchem es sich viele Menschen bereits bequem gemacht hatten.

»Überleg Mal«, setzte June erneut an und drehte sich zu mir herüber, »hattest du das Gefühl, deine Aufmerksamkeit wollte?«
Ich nickte. »Ja, sogar sehr, er kämpfte regelrecht darum, dass ich mehr von mir erzählte.« June grinste mich breit lächelnd an und so langsam ließ es sich glaube ich nicht mehr leugnen, dass es nicht bei einer einmaligen Sache bleiben würde.

»Wo ist Louis eigentlich?« Seit der Abschlussparty hatte ich ihn nicht mehr gesehen, geschweige denn von ihm gehört. »Er meinte doch vor zwei Tagen, dass er für zwei Wochen abreisen würde, wir hatten doch jetzt Ferien.« Ich blickte sie erstaunt an. Ohne mir etwas zu sagen?

»Okay, das wusste ich gar nicht.« Aber ich nahm es ihm ehrlich gesagt auch nicht besonders übel, er vergaß sowas ständig. Ich war froh, wenn er sich an meinen Geburtstag erinnerte – auch wenn ich mir sicher war, dass June ihn wahrscheinlich jedes Jahr auf's neue darauf aufmerksam machte.

LAST SUMMERWhere stories live. Discover now