Kapitel 15

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Es dauerte gar nicht lange, bis nur noch der letzte Schluck Kakao übrig geblieben war und Julia traurig in ihre Tasse schaute. »Man, ich wollte noch mehr«, schmollte sie, setzte sich wieder aufrecht hin und leerte ihre Tasse auch schon in der nächsten Sekunde.

»Morgen vielleicht«, tröstete Liam sie und strich ihr über die blonden Zöpfe. »Aber ich denke, dass es für dich langsam Zeit wird, schlafen zu gehen, nicht wahr?« Er schaute sie bestimmend an.

Ich stützte meinen Kopf mit meiner Hand ab und dachte ein wenig nach. Solch eine Fürsorge hatte ich von ihm nicht erwartet. Na ja, dass er eine Schwester hatte wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt genauso wenig. Und der Junge war voller Überraschungen - ich sollte mich daher nicht mehr fragen, was mich an ihm noch wunderte.

Plötzlich zog mich die Kleine in eine Umarmung, mit der ich gar nicht gerechnet hatte. Die Umarmung erwiderte ich – nur vielleicht etwas weniger stürmisch. Dennoch lächelte ich etwas.

»Kommst du ganz bald nochmal wieder?«, fragte Julia in einem besonders kindlichen Ton und schaute mich mit großen Augen an. Ihren Augen konnte man doch keinen Wunsch ausschlagen.

»Ich...uhm-«

Dabei linste ich herüber zu Liam, welcher sich hinter ihr befand und mich musterte. Nicht zu vergessen das verschmitzte Grinsen, was er oft aufrecht behielt, sobald ich mich in einer Situation befand, die ich nicht immer direkt zu lösen wusste.

»Für dich Julia, würde ich gerne nochmal vorbeikommen«, erklärte ich seiner Schwester und strich ihr über den Rücken. Liam schaute mich nun mit hochgezogenen Augenbrauen an. Dagegen blickte ich ihn an, als wüsste ich nicht, worüber er sich wunderte.
»Das ist toll, darauf freue ich mich«, antwortete sie mir und ging schließlich mit ihrem Bruder mit, der sie in ihr Zimmer begleitete.

Derweilen schlug ich den Weg zurück in sein Zimmer ein und verzog mich wieder zurück auf das Bett, auf dem meine bunten Zettel ringsherum verstreut waren. Ich schüttelte meinen Kopf, war aber eher positiv gesinnt – wir würden das sicherlich wann anders fortführen. Bevor daraus überhaupt irgendwas entstand, was man als wissenswert bezeichnen könnte, würde es sowieso noch dauern.

»So so, für Julia würdest du also wiederkommen?«, hörte ich eine Stimme mir entgegen sprechen, weshalb ich augenblicklich hochstarrte. »Ja, für sie schon«, neckte ich ihn und packte alle meine Zettel in meine Tasche, bis auf mein Notizheft und die zwei Blättchen, die er sich durchgelesen hatte.

»Ganz sicher?«

»Kannst dich darauf verlassen«, erwiderte ich selbstbewusst und beendete sein kleines Spiel schneller, als ihm wahrscheinlich lieb war.

»Hier, die beiden sind für dich.« Ich ging auf ihn zu und drückte ihm die beiden Klebezettel in die Hand.

»Du schreibst, was dir dazu einfällt und ich ergänze dann.« Als ich ihm von meinem Plan erzählte, schaute ich auf mein Handgelenk und war überrascht.

»Oh, es ist schon nach acht.« Ich hob meine Augenbrauen.

»Du gehst schon?«, fragte er beunruhigt und ging mit mir in Richtung Küche.

»Ja, ich denke so langsam wird es an der Zeit.«

Liam begleitete mich bis zur Tür, wo meine Schuhe noch standen. Er öffnete sie bereits, als ich meine Schuhe anzog und wieder eine gewisse Stille in der Luft hing, welche er nicht lange standhielt. Das erkannte ich an seiner nervösen Körperhaltung und an seinen dunklen Augen, die bei unserem letzten Treffen sehr viel heller wirkten. Aber da schien uns die Sonne auch geradezu in die Augen. Eine schöne Erinnerung.

»Nochmal wegen heute...ich bin mir sicher, dass du dir das anders vorgestellt hast«, startete er einen nervösen Versuch, um sich von mir zu verabschieden. Er kratzte sich am Nacken und lehnte am Türrahmen. Ich hatte mein Notizheft unter meinem rechten Arm und stand ihm gegenüber. Kopfschüttelnd wohl bemerkt.

LAST SUMMERWhere stories live. Discover now