Kapitel 4

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Alea

"Pass auf dich auf. Und falls irgendetwas sein sollte, ruf mich sofort an!", Cole ruft mir noch die Worte hinterher, doch ich kann gar nicht mehr darauf antworten. Denn der Mann mit den dunklen Haaren der sich an einen schwarzen BMW lässig anlehnt und mit seinem Schuh hin und her wippt, erlangt unverzüglich meine Aufmerksamkeit.

"So schnell sieht man sich wieder, Principessa", seine geraden Zähne strahlen mich aus der kurzen Ferne an. "Arschloch", nicke ich ihm kurz und knapp zu. "Autsch, das hat ja mal gesessen", fasst er sich theatralisch an die Brust und mimt dabei einen angeschossenen Mann. "Steig ein", er hält mir die Tür seines Wagens auf und lässt mich nicht aus den Augen.

"Wohin fahren wir?", er hat sich eine schwarze Ray-Ban angezogen und das macht mich echt kirre. Ich kann es nicht abhaben, wenn jemand eine verdunkelte Brille anzieht. Ich sehe nicht, wohin er hinsieht und das macht mich nervös. So kann ich noch weniger einschätzen.

"Wir fahren zu mir nach Hause. Mein Vater möchte dich kennen lernen", und in genau diesem Moment möchte ich die Autotür aufmachen und mich hinausschmeißen. Wieso zum Teufel will sein Vater mich treffen? Ich wollte doch nur meinem Onkel aus der Patsche helfen, nicht einer beschissenen Mafia beitreten. "Was will er von mir?", der Idiot neben mir sieht stur auf die Strasse, bis wir an einer roten Ampel ankommen. Meine Güte wir sind nicht einmal eine Woche zusammen und schon muss ich seine Familie kennen lernen. Ich kenne ihn nicht einmal richtig.

"Du stellst viele Fragen, Principessa", dabei sieht er mich durch die verdunkelten Gläser hindurch an. Ich gib ihm gleich Fragen und entreiße ihm seine dämliche Brille aus dem Gesicht. "Nenn mich nicht so", nuschle ich nur. "Sorry, hab dich nicht gehört. Was willst du?", er kommt mir von der Seite aus näher. Und schon wieder breitet sich sein Duft in meinem Inneren aus.

"Verpiss dich", ich schubse ihn wieder zur Seite und deute ihm loszufahren, nachdem die Ampel auf Grün gewechselt hatte.

***

Sein Zuhause erstreckt sich über ein fussballgrosses Feld. Ich wusste nicht, dass er wirklich so viel Geld besitzt. Warum um Himmels willen brauchen sie dann noch das Geld von meinem Onkel? Viel zu viele Fragen in meinem Kopf. "Na los, komm Principessa. Mein Vater wartet nicht gerne", er legt sanft eine Hand auf meinen unteren Rücken und schiebt mich in Richtung des mehrere Meter hohen Tores zu.

An der Eingangstüre angekommen, warten zwei große und stämmige Typen. Kaum sind wir bei ihnen angekommen, nickt ihnen Damon zu und sie öffnen uns die Tür. Innen gleicht es noch mehr einer pompösen Villa. Alles ist so rein und nichts an der falschen Stelle. "Komm", er lässt mir keine Gelegenheit mir alles einzuprägen. Zieht mich die Treppen hoch und wir halten erst an einer großen holzigen Tür an.

"Vergiss nicht, du bist meine Freundin. Also benimm dich auch wie eine", er zieht sich seine Sonnenbrille ab und sieht mich durchdringend an. Dabei klopft er an die schwere Tür. "Das werde ich, solange deine Griffel bei dir bleiben", knurre ich ihm leise zu. Hinter der Tür hört man schwere Schritte durch den Raum poltern. "Das kann ich leider nicht versprechen, Principessa", als ich mich schon dazu entschieden habe ihm eine reinzuhauen, werde ich von der Tür gestoppt.

"Damon, na endlich. Und Besuch hast du auch noch im Schlepptau. Kommt rein", ein sehr großer breitgebauter Mann öffnet uns die Tür und an seinem schwarzen Anzug nach zu urteilen, sieht er nach einer sehr wichtigen Person aus. "Hallo, Dad", erst jetzt fällt es mir wie Schuppen vor den Augen. Natürlich! Deshalb kam er mir auch so bekannt vor. Bis auf die braunen Augen und Haare sieht er ihm wie aus dem Gesicht geschnitten aus.

"Wie geht es dir Alea?", seine dunklen Augen sehen zu mir. Ich schlucke schwer und überwinde mich ihm zu antworten. "Gut danke, Sir", ich würde ihn ja auch gerne fragen, wie es ihm geht, jedoch habe ich die Befürchtung, dass seine Frage nur beiläufig war. Er nickt mir lächelnd zu. Was mich aber unsicher werden lässt. Es erreicht seine Augen nicht und ich werde das Gefühl nicht los, dass er es nicht so ernst meint.

"Also kommen wir sofort zum wesentlichen. Da du jetzt zur Familie gehörst", nicht ganz freiwillig, würde ich gerne ihm ins Gesicht schreien. Doch beiße mir auf die Zunge. Stur lächeln. "Musst uns deine Loyalität beweisen", kurz weicht mir jede Farbe aus meinem Gesicht. Verkaufe ich gerade meine Seele an den Teufel oder wieso klingt dieser stämmige Mann in diesem riesengroßen Sessel vor mir danach?

Ich glaube ich werde die ganze Scheiße hier mächtig bereuen. "Was soll ich tun?", in meiner Stimme befindet sich keine Spur von Unsicherheit und ich klopfe mir innerlich erleichtert auf die Schulter.

Damon's Vater steht langsam auf und knöpft sich seinen schwarzen Anzug zu. "Du musst wissen, dass wir gerecht sind, Alea. Wir tun keine Dinge, die nicht verdient sind", auf was will er hinaus? Mit seinem Auftretten schüchtert er mich wirklich ein und das bekommt echt nicht jeder hin. Seit dem meine Eltern nicht mehr da sind, habe ich mir geschworen, nicht mehr das kleine trauernde Mädchen zu sein. Doch der Anzugtyp vor mir macht es mir nicht so einfach.

"Bitte zeig ihr den Keller, Damon", dieser nickt ihm zu und zieht mich aus dem Raum hinaus. "In welchem beknackten Psychofilm befinde ich mich eigentlich hier?" Also langsam fühle ich mich echt verarscht. "Du wolltest es so", zuckt er mit seinen breiten Schultern. Egal, ob er mich um einen ganzen Kopf überragt, ich zerreisse ihm gleich seinen scheiß Knackarsch, wenn er mich weiter so behandelt.

"Genau, freiwillig habe ich mich dazu erklärt mich als deine verliebte Freundin vorzustellen und mich indirekt in eine Mafiafamilie einzuschleusen", ich bin nur noch müde und er reizt meine Nerven bis zum geht nicht mehr.

"Wir sind da", er sieht mich nicht an und stößt mich durch eine kalt wirkende Tür hindurch und sofort umhüllt mich ein unangenehmer Geruch nach Blut, Schweiß und purer Angst. "Wo sind wir hier, Damon?" Spätestens jetzt, klingt meine Stimme nicht mehr so tuff. Vor mir erstreckt sich ein langer leerer Raum, doch in der Mitte des Raumes sitzt jemand an einem Stuhl befestigt, mit einer Augenbinde im Gesicht.

An dessen Schläfe läuft ihm das Blut hinunter und sein gesamter Körper zittert. Die Kleidung die er trägt ist mit dunklen Flecken bedeckt. Ich glaub mir wird schlecht. Nicht nur das der Anblick der Person mir schon genug Übelkeit bereitet. Nein, der unerträgliche Geruch verpasst mir noch den Rest.

"Was machen wir hier? Und wieso ist er an diesem Stuhl angemacht", Damon ignoriert mich gekonnt. Und schickt die Anzugtypen, die ich bis jetzt gar nicht bemerkt habe nach draußen. Nur einer von ihnen kommt direkt auf uns zu und drückt mir eine Waffe in die Hand. Ach du heilige Scheiße, was soll ich mit diesem Teil machen?!

"Das ist Diego Santè. Er war Teil unserer Familie. Leider ist ihm das Geld zu Kopf gestiegen und er hat uns hintergangen. Das hat ihm auch nicht genügt und er hat zusätzlich all unsere Geheimnisse an Dritte weitergegeben. Außerdem hat er sich an unschuldige Frauen und Kinder vergriffen", ich sehe Damon mit ungläubigen Blick an. Wieso erzählt er mir all diese Dinge?

"Du musst einen Schuss abgeben und ihn damit umbringen", er sagt das so leicht, als wäre es keine scheiß Straftat, was er von mir verlangt. "Sag mal, willst du mich echt verarschen, Damon? Hälst du mich für so kaltblütig, dass ich ihn einfach so mal umbringen kann. Hackt's bei dir?", ich schwöre wären wir unter anderen Umständen hier gestanden, hätte ich ihm lachend den Vogel gezeigt und wäre über alle Berge gegangen.

"Alea, ich meine es ernst. Wenn du das nicht tust dann muss ich meinem Vater über deinen Onkel erzählen", als er meinen Onkel ins Spiel bringt, ist es um mich geschehen. "Du bist so ein Arschloch, Damon. Das du mir mit meiner Familie drohst, das gleicht einer indirekten Erpressung", er verdreht seine hübschen Augen und sieht mich wütend an.

"Keine Ahnung in welcher kranken Welt du aufgewachsen bist, aber das geht echt nicht. Das werde ich niemals tun, komme was wolle. Da musst du mich als aller erstes umbringen. Und dann den Typen. Aber ich mache das sicher nicht", er denkt wirklich das ich das einfach so mal machen kann.

Egal was ein Mensch gemacht hat, wir können nicht Gott spielen und über Leben und Tod entscheiden. "Alea, ich bitte dich nicht darum. Wenn du es nicht tust wird man deinen Onkel ganz anders umbringen als ihn hier", ich sehe nochmals zu dem Typen, der bewusstlos auf dem Stuhl hockt. Das Einzige was sich bei ihm bewegt, ist das frische Blut, dass aus seinen Wunden herausquillt.

Ich schüttle langsam meinen Kopf. "Ich kann nicht, Damon", flüstere ich mit zitternder Stimme. Keine Ahnung wieso ich auf einmal emotional werde. Ich glaube, weil ich erst jetzt richtig realisiere, dass ich meinem Onkel nicht helfen kann.

No escape, MafiosoWhere stories live. Discover now