Kapitel 22

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Alea

Durch ein Rütteln an meinen Schultern werde ich unsanft aus meinem Schlaf gerissen. "Ich will noch ein bisschen weiter schlafen, bitte", murmle ich und drehe mich auf die andere Seite. "Das kannst du schön knicken, Schätzchen. Du musst aufstehen", was zum...? Sofort richte ich mich auf und starre die Person vor mir ungläubig an. "Was machst du hier?!" Der bekannte blonde Lockenkopf grinst mich über beide Ohren an. "Ich erledige nur meine Arbeit", Nate's Augen folgen meinen Bewegungen.

Ich kann's nicht glauben, dass Damon seine Drohung wirklich wahr gemacht hat. Dieser verdammte Mistkerl. "Wie bitteschön bist du überhaupt in die Wohnung gekommen?" Ich stehe langsam auf und begebe mich in Richtung Küche. Ich brauche dringend einen Kaffee für meine Nerven. "Naja, Damon hat mir vielleicht ein Ersatzschlüssel gegeben?..." Langsam drehe ich mich zu ihm um. "Wir haben kein-" Das hat Damon nicht gewagt. Leider bestätigt Nate's mitleidiger Blick meine unausgesprochenen Gedanken. Damon ist offiziell ein riesengrosses Arschloch. Wir haben keinen Ersatzschüssel. Er hat wahrscheinlich eine Kopie meines Schlüssels gemacht. Und ein weiteres Mal wird mir bewusst, dass ich es hier mit erfahrenden Kriminellen zu tun habe. Wäre er hier, hätte ich ihm furchtbar gern einen Arschtritt verpasst.

"Sei bitte nicht wütend. Er macht sich nur Sorgen um dich", Nate setzt sich langsam auf einen Stuhl am Esstisch. Wütend pfeffere ich Zucker in meinen Kaffee. "Das ich nicht lache. Sag mal, willst du mich verarschen? Meinst du wirklich ich kauf dir die "Sorge" Nummer ab?" Er zuckt unschuldig mit seinen breiten Schultern. "Ich meine nur, dass er sich wirklich jede Minute den Kopf zerbricht, was er jetzt gegen diesen mysteriösen G machen soll", ich hole eine weitere Tasse aus dem Küchenschrank heraus.

Genau das wollte ich verhindern. Ich wollte nicht, dass er das Ganze erfährt. Es war so klar, dass er mir deswegen die Freiheit raubt. Diesem G würde ich auch gern den Arsch versohlen. Er hätte wenigstens Damon da raus halten können. Aber noch mehr nervt mich die Tatsache, dass Damon gar kein Recht hat, mich so einzuschränken. Wir sind nicht mal richtig zusammen. Ausserdem behandelt er mich wie seinen persönlichen Gegenstand, der beschützt werden muss. Das kann ich gar nicht abhaben. Ich hasse mich jedes Mal, dass ich in seiner Nähe weich werde und dadurch seinen Berührungen schonungslos ausgeliefert bin. Jedes einzelne Mal.

"Nate, ob er sich seinen Kopf zerbricht ist mir scheiss egal. Ich will nicht, wie ein kleines Kind dauernd bewacht und kontrolliert werden. Ich bin eine erwachsene Person. Und wenn er das nicht versteht, dann werde ich es ihm schon noch beibringen. Und zwar mit dem grössten Vergnügen das ich besitze", genervt schlürfe ich an der heissen schwarzen Brühe in meiner Tasse.

Mein Gegenüber nickt verständnisvoll. "Ich kann dich gut verstehen. Nur musst du dich mal in seine Lage begeben. Er hat so viele Dinge um die Ohren und hat Probleme die niemand zu bemerken scheint. Dennoch kümmert er sich um dich. Glaub mir, das macht er nicht bei jedem. Ach, und das mit dem Deal, meine Fresse, dass wisst ihr beide, dass das eine verdammte Ausrede ist. Ihr seid nur viel zu stur um es zuzugeben", er sieht mich mit einem ernsthaften Ausdruck in seinem Gesicht an. "Alea, ich will dich nicht mal umstimmen oder so. Ich will nur, dass du ihn besser kennenlernst, bevor du eilige Schlüsse ziehst. Ja, wir sind Mafiosos, aber Damon ist da etwas völlig anderes. Der Schein trügt, Kleines", verblüfft über seine ehrliche Meinung, beobachte ich ihn beim Austrinken seines Kaffees. Seine Worte verblüffen mich.

Obwohl sie Mafiosos sind, sind sie im Grunde wirklich keine schlechten Menschen. Ich hätte vielleicht nicht sofort nach ihrem Erscheinungsbild urteilen sollen.

"Meinst du, er wird mir zuhören, wenn ich mit ihm rede?" Nate hebt seinen Kopf und sieht mich schief grinsend an. "Und ob er das machen wird." "Nate?" "Ja?" "Nenn mich gefälligst nicht mehr Kleines", ein kehliges Lachen erfüllt die morgendliche Stille.

***

 Kann ich mit dir reden? -A

Bevor ich es mir anders überlege, drücke ich auf den Absenden Knopf. Eigentlich bin ich mir nicht so ganz sicher bei der Sache. Aber die Worte von Nate haben mir neuen Mut geschenkt. "Alea, du bist in Begleitung?" Alma greift etwas zu hektisch nach ihrer Haarspange und versucht ihre Haare zu bändigen. "Ja, bin ich. Frag bitte nicht wieso. Schaff ihn mir nur schleunigst vom Hals, das wäre wirklich nett von dir", flüstere ich ihr zu. "Hey! Das hab ich gehört", Nate hinter mir stemmt die Arme in die Hüfte vor Empörung. Ein zu lustiger Anblick. 

"S..Sicher", mein Blick schnellt sofort wieder zu meiner besten Freundin rüber. Seit wann wird denn sie rot? Mit zusammengekniffenen Augenbrauen sehe ich die beiden abwechslungsweise an. "Alea, kannst du kurz kommen?", Onkel Franko winkt mir von seinem Büro aus zu. Ich nicke und folge seiner Bitte. Mich überkommt wieder ein bekannter Wohlschauer, als ich seinen Rückzugsort betrete. Es ist richtig gemütlich eingerichtet und auf seinem Tisch stehen unzählige Bilder von mir und meinen Eltern von damals. Er war noch jung, als meine Eltern verstarben. Seither bin ich eigentlich seine einzige Familie. Nie hat er die passende Frau für sich gefunden, geschweige hat er sich darüber auch nur ein einziges Mal beschwert. Was in mir manchmal Gewissensbisse erzeugt, weil ich mir dann vorstelle, wie es für ihn gelaufen wäre, hätte er mich nicht unter seiner Obhut gehabt.

"Setzt dich doch, Liebling", ich nehme auf den Drehstuhl vor ihm Platz und er sieht mich aus seinen warmen braunen Augen aus an. In seinem Gesicht sieht man einen etwas traurigen und müden Ausdruck. "Was ist los, Onkel?" Er schüttelt lächelnd seinen Kopf. "Es ist nichts schlimmes. Ich wollte dir nur mitteilen, dass wir einen neuen Kaffeelieferanten haben und ausserdem...", er senkt seinen Blick auf seine Hände und wirkt einwenig nervös. Was mich langsam stutzig macht. Was ist denn los mit ihm?

Seine Augen fangen wieder meinen Blick ab. "Ich wollte dir sagen, dass ich da jemanden kennengelernt habe. Und hab oft versucht, es dir zu sagen, aber hab mich bis jetzt nicht getraut", ich lasse die angestaute Luft aus meiner Lunge raus. Sofort springe ich von meinem Stuhl auf. "Aber das ist doch super!" Ich laufe um seinen Schreibtisch herum und umarme ihn. Einen kurzen Moment ist er überfordert, doch keine Sekunde später legt er ebenfalls seine Arme um meinen Körper und umarmt mich zurück.

"Ich wollte nicht unseren Familienbund deswegen gefährden", ich hebe meinen Kopf von seiner Brust. "Das hast du wirklich gedacht?" Er sieht mich verlegen an. Noch nie habe ich ihn so erlebt. Es rührt mich fast zu Tränen, dass er sich zurück gehalten hat. Nur weil er vor meiner Meinung Angst hatte. Ich will, dass er glücklich ist. Spätestens dann, wenn ich ihn wegen der Uni verlasse, ist er zumindest nicht alleine. "Wann stellst du sie mir vor?" Sein Lächeln könnte nicht breiter sein.

No escape, MafiosoWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu