10 | Von Spitzentangas und Boxershorts

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Ein paar Stunden später hatte ich definitiv zu viel Alk im Blut und eine neue Lieblingsbeschäftigung gefunden. Und zwar Leonardos komischen Kumpel zu provozieren. Der soff mit uns, hatte aber bisher noch kein einziges Wort von sich verlauten lassen und spielte die ganze Zeit nur gelangweilt am pinken Schnürsenkel seiner Springer herum.

»Was'n mit dir?«, grinste ich mit einem Lallen in der Stimme. Eigentlich sollte irgendwer anfangen, Wetten zu setzen. Wie lang es dauern würde, dass der Typ versuchen würde, mir aufs Maul zu hauen. Würde er zwar eh nicht schaffen, aber gut. »Kannst nicht reden oder so? Zu schüchtern? Ohne Scheiß, wir tun dir nich's.«

Mittlerweile saßen wir auf dem Asphaltboden und tranken, während die Menschen auf der Brücke weniger wurden. Die Clubs hatten die meisten Touris verschluckt und hier trieben sich nur noch ein paar gescheiterte Existenzen rum. Ferhat lehnte zusammengesunken am Geländer und bei ihm war die Frage, ob er überhaupt noch lebte, nicht unbedingt leicht zu beantworten.

»Lass Vince jetzt in Ruhe«, forderte Leonardo bestimmt und erinnerte mich damit zum ersten Mal in all der Zeit an Fede. Ich hatte ihm echt nicht zugetraut, mir auch nur ansatzweise zu widersprechen, schließlich war er ansonsten der größte Arschkriecher überhaupt. Viel zu sehr darauf bedacht, dass alle ihn mochten.

»Wieso? Is' der behindert oder was ist sein kack Problem?« Grinsend sah ich Leonardo an und bemerkte aus dem Blickwinkel, wie der Punk seine Fäuste ballte. Die Zähne aufeinander presste. In seinen Augen flackerte Wut auf und ließ ihn noch mehr Aggression ausstrahlen als ohnehin schon. Nicht schlecht.

Keine Ahnung, warum, aber ich hatte so einen Pegel erreicht, bei dem ich sinnlose Prügeleien für 'ne gute Idee hielt. Sonst hatte ich immer Gründe dafür, wenn ich Menschen aufs Maul haute.

Leonardos Blick blieb mit einem ernsthaften Ausdruck auf mir ruhen. Seine Stimme klang fest, sogar wildentschlossen, als er weitersprach, trotz des Alkohols. »Hör auf, bitte. Jetzt mal ernsthaft, das is' doch voll scheiße! Du kannst doch auch einfach akzeptier'n, dass er nichts sagt, okay?«

»Du klingst schon wie dein bescheuerter Bruder«, grinste ich und riss ihm die Berentzenflasche aus der Hand, die sich langsam dem Ende neigte. »Mimimi, ich soll kein Wichser sein, blabla.«

»Boah, nee, halt bloß die Fresse mit dem.« Genervt verdrehte er die Augen.

»Hä, was denn los mit euch?«, fragte ich nach, während er den Ärmel seiner Jacke ein wenig hochschob und seinen Fingernagel über einen dünnen Kratzer auf dem Handgelenk rieb.

»Der nervt. Der klugscheißt immer nur und is' besonders toll, weil er doch dieses Jahr Abi macht. Ganz super, nich'?«, erzählte er dann und holte seine Kippen aus der Hosentasche. Die Schachtel war recht abgenutzt, wahrscheinlich trug er sie schon seit ein paar Tagen mit sich rum.

»Scheiß Streber halt. Hält sich doch immer für was Besseres.« Irgendwie versetzten mir meine eigenen Worte einen Stich. Ich sollte echt nicht so einen Scheiß über Fede labern. Das hatte der nicht verdient.

Alter, ich hatte definitiv zu viel gesoffen. Solche Gedanken waren in keinem Zustand angebracht.

»Naja, er kann ja irgendwie auch nichts dafür, er ist halt so. Aber für mich ist das halt echt scheiße. Er ist immer der Supertolle und was weiß ich und was is' mit mir? Voll der Versager«, fügte er zerknirscht hinzu. Während sein Kumpel ihm ein aufmunterndes Lächeln zuwarf, schob Leonardo sich die Kippe zwischen die Lippen. Aber irgendwie war seine Koordination so sehr am Arsch, dass sie sofort auf den Boden fiel.

Ich lachte auf. »Du Opfer.«

»Aber egal. Anderes Thema, okay?«, fuhr Leonardo schleppend fort, der nun nach seinem Feuerzeug tastete und es nicht fand. Ich warf ihm meines zu und fuck, es landete sogar ungefähr dort, wohin ich gezielt hatte. Mehr, als ich mir zugetraut hätte. »Lass lieber über Weiber reden, ey, über Weiber reden is' immer geil.«

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now