40 | Rücksichtslos

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Aus meinem Vorhaben wurde nicht sonderlich viel. Also in der Theorie wäre das ja ziemlich einfach gewesen. Ihm näherkommen, Blickkontakt aufzubauen. Verdammt, wir saßen zusammen in demselben Bett und schauten einen Film, eigentlich konnte es keine bessere Ausgangssituation geben.

In der Praxis bewegte ich mich keinen Millimeter zu ihm rüber und trank schweigend aus der Flasche, verfolgte Henrys Aufstieg in der Mafia und wie er nach und nach immer weiter die Kontrolle über sein Leben verlor. Aus dem Augenwinkel versuchte ich herauszufinden, ob Fede zu mir rüberguckte, aber scheinbar war der Film interessanter.

Das war doch bescheuert.

Mein Griff um die Bierflasche verfestigte sich, so sehr, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. Ich war alles andere als schüchtern, also sollte ich mich auch verdammt nochmal nicht so anstellen. Mit den Mädels hatte es doch sonst auch geklappt. Wieder verspürte ich das wütende Grummeln in meinem Magen. Konnte dieser Trottel sich nicht ein wenig in meine Richtung bewegen? Oder zumindest mal aufhören, den Fernseher anzustarren?

Verdammt, das war doch lächerlich. Konnte doch nicht so schwer sein.

Mit dem zweiten Bier wurde Fedes Gähnen häufiger. »Okay, wollen wir langsam pennen gehen?«, fragte er schließlich, als der Abspann über den Flachbildschirm wanderte. »Dieser Tag reicht mir langsam. Das war zu viel Chaos für meinen Geschmack.«

»Warte ... du willst hier pennen?«

»Guck nicht so dumm«, grinste er.

»Wir haben halt kein Wohnzimmer«, erklärte ich, während meine Gedanken schneller rasten. Fuck. Irgendwie war das verdammt cool, so auch die Nacht mit ihm zu verbringen. Vielleicht würde dann ja auch endlich mehr laufen ... aber andererseits wollte ich nicht noch einen Versuch starten, nicht noch einmal abgewiesen werden. Und mental steckte er doch eh in seinem Familienstuff fest, da hatte er wahrscheinlich gar nicht so Bock drauf. Wollte einfach pennen.

Verdammte Scheiße.

Denken war auch so ein Ding, das ich echt hasste.

»Und dein Bett ist zu schmal für zwei Personen?« Auf seinen Lippen tauchte ein arrogantes Grinsen auf, während seine Augenbrauen ein wenig nach oben wanderten. »Okay, verstehe ich. Auch dass es nicht möglich ist, dass ich auf dem Boden penne.«

»Fresse. Ich hab nie gesagt, dass du nicht da schlafen kannst.« Ich räusperte mich und wandte den Blick ab. Griff nach meinen Kippen, einfach, um irgendetwas zu tun haben.

Fede machte sich an seinem Rucksack zu schaffen und kramte daraus tatsächlich eine Zahnbürste hervor, was wohl den letzten Beweis erbrachte, dass dieser Kerl ein unfassbarer Spießer war. So häufiges Zähneputzen gehörte doch zu den überbewertesten Sachen allgemein, meine Fresse.

Aber andererseits bedeutete das auch, dass er sich von Anfang an auch darauf eingestellt hatte, auch hier zu pennen. War irgendwie cool. Kurz dachte ich daran, wie es gewesen wäre, wäre hier irgendein Mädel gewesen, mit dem ich zuvor gefickt hatte. Ob er dann eifersüchtig gewesen wäre.

Alter.


»Ich will gar nicht wissen, wie viel Sperma hier drauf klebt«, grinste Fede, als erst er und dann ich im Badezimmer verschwunden waren. Er warf einen Blick auf meine Matratze und streifte sich seinen Pulli über den Kopf. Das war so ein komisches Teil ohne Kapuze, eigens angefertigt für Streber. Andernfalls konnte ich mir nicht vorstellen, warum es so etwas gab.

»Du klingst schon wie meine Schwester.«

»Dass sie das auch sagt, sagt mehr über dich als über mich aus«, grinste er, während ich den Fernseher ausschaltete.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now