21 | Nur Freundschaft

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Fedes Magen gab ein knurrendes Geräusch von sich, als wir irgendwann Mario Kart hinter uns gelassen hatten und in der Piratenwelt von Assasin's Creed IV kämpften. »Hast du was zu essen da?«, fragte Fede, der mittlerweile von der Matratze heruntergerutscht war und neben mir an das Bett gelehnt saß. Er legte eine Hand auf den Bauch. »Irgendwie hat Alessia heute Morgen gemeint, eine Rebellion anzetteln zu müssen und es war ein kleines Drama, bis sie in der Schule war, dem mein Frühstück zum Opfer fiel.«

»Auf dem Tisch liegt 'ne Karte von 'nem Pizza-Service, die sind geil da«, erklärte ich, während ich über das Piratenschiff auf dem Fernseher rannte. »Lass mal was bestellen.«

Es dauert einen kurzen Moment, bis Fede antwortete. »Ist ja bestimmt nicht teuer, oder? Also gerne«, sagte er dann.

»Das eben war 'ne Aufforderung, dass du die jetzt holen sollst«, wies ich ihn hin, als er keine Anstalten machte, aufzustehen. Aus dem Augenwinkel warf ich ihm einen Blick zu, versuchte aber trotzdem, mich weiter auf das Spiel zu konzentrieren. Ich hatte ein feindliches Schiff am Horizont entdeckt und steuerte darauf zu, um es zu kapern.

»Schon verstanden.« Kaum bemerkbar tauchte auf seinen Lippen ein flüchtiges Grinsen auf und verschwand wieder, als würde er sich Mühe geben, es zurückzuhalten.

Meine Stimme wurde verlangender. Nur weil ich heute komischerweise gut drauf war, heißt das nicht, dass ich plötzlich so etwas wie Nettigkeit entwickeln würde. Niemals. »Dann mach!«

Er tat immer noch nichts. Noch ein Augenblick verstrich, in dem ich ihm einen drohenden Blick zuwarf und in dem seine Mundwinkel nicht aufhörten, belustigt zu zucken, ehe er den Controller neben sich ablegte. »Es macht jedes Mal aufs Neue Spaß«, höhnte er, während er die rechte Hand neben sich auf dem Boden aufstützte, um sich hochzustemmen. »Es gibt so viele Möglichkeiten dich irgendwie zu provozieren, das ist herrlich.«

»Wichser!« Ich trat nach ihm, doch er reagierte schnell genug und machte einen ausweichenden Schritt zur Seite.

Mit dem Flyer in der Hand ließ er sich einen Moment später neben mir auf dem Boden nieder – irgendwie saßen wir dieses Mal näher beieinander – und hielt ihn so, dass ich auch reingucken konnte. Ich schenkte dem angebotenen Essen nicht viel Aufmerksamkeit, ich wusste eh, was ich nehmen würde. Fede dagegen las sich alles mit konzentrierter Miene durch. Auf seiner Stirn waren ein paar gekräuselte Falten zu sehen und unter den Augen zogen sich dunkle Schatten entlang, er wirkte definitiv übernächtigt. Kein Wunder, war wahrscheinlich nonstop am Lernen, obwohl er doch erst in ein paar Monaten Prüfungen schrieb.

Und trotzdem saß er gerade hier. Schwänze Schule, um zusammen mit mir zu zocken.

Seine Gesichtszüge waren markanter als damals, genauso konnte man auch den Adamsapfel deutlicher sehen. Ein paar dunkle Bartstoppeln um das Kinn und die Wangen herum und fuck, ich sollte echt aufhören, ihn anzugucken, bevor er es noch bemerken würde.

»Thunfisch wär' auch geil ... Ich weiß nicht, was ich essen will«, seufzte er, während ich mich wieder auf den Bildschirm fokussierte, um weiter zu spielen. Drückte ein paar Tasten auf dem Controller. »Entscheidungen sind doch blöd.«

»Ich nehme 'ne Pizza Diavolo. Du rufst an«, beschloss ich und streckte mich nach meinem Schreibtisch, um etwas zu trinken. Dort standen mehrere angetrunkene Plastikflaschen herum und es fiel mir ein wenig schwer zu entscheiden, was davon noch genießbar war und wovon ich besser die Finger lassen würde. War praktisch gewesen, als meine Alte mir noch hinterher geräumt hatte.

»Telefoniert da jemand etwa nicht gerne?«, fragte er grinsend nach, während er sein schwarzes Handy aus seiner Hosentasche holte. Das Ding sah billig aus und noch dazu recht alt, die Abdeckung auf der Rückseite hatte sich ein wenig gelöst, weshalb er sie mit Tesafilm befestigt hatte.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt