34 | Niemals bedanken

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Ich warf einen kurzen Blick über meine Schulter, wo die Spielothek friedlich mit ihrem Einschussloch in der Tür hinter uns lag. Dunkelheit hatte sich längst über die Stadt gesenkt, sie wurde hier nur durch wenige Lichter durchbrochen. »Ich raff nicht, warum du so hart auf Kumpel mit dem machst, wenn du den so scheiße findest.«

»Du wirst das auch noch lernen, Bruder«, sagte Tarek mit dem Anflug eines Lächelns. Klirrende Kälte umgab uns und kroch trotz der dicken Winterjacke tief unter meine Klamotten. »Es bringt eben nichts, jeden zu deinem Feind zu machen.«

Schweigend griff ich nach meinen Kippen. Ich hasste es, dass er mal wieder so einen auf erfahren machen musste und noch mehr fuckte es mich ab, dass er irgendwie recht hatte. Dass seine Art, Probleme zu lösen, funktionierte.

»Nimm du Jay mit, ich muss direkt weiter«, meinte Tarek an Moussa gewandt und nickte in meine Richtung.

»Klar«, kam es von diesem, ehe Tarek sich mit einem Handschlag von uns dreien verabschiedete.

»Ey, Tarek«, hielt ich ihn zurück und aschte auf den Boden. Kickte einen Stein in Richtung von Moussas fetten Alufelgen. »Warte mal.«

»Hm?«

Ich räusperte mich und hasste es, die nächsten Worte aussprechen zu müssen. Es waren die, die ich am liebsten komplett vermeiden würde. Ich war kein verfluchter Bittsteller und ich hatte es nicht nötig, mich für die Gefallen anderer erkenntlich zu zeigen. »Danke. Korrekt von dir.«

Über sein Gesicht huschte ein kurzes Grinsen, dann wurde er wieder ernst. »Ich weiß ja, dass du das gleiche für mich tun würdest.«

Er sagte es mit so viel Nachdruck, dass ich auch ohne weitere Worte verstand, was das zu bedeuten hatte: Ich musste das irgendwie wiedergutmachen. In mir zog sich alles zusammen, wenn ich daran dachte, dass mich diese Aktion in eine dämliche Abhängigkeit gebracht hatte.

So nickte ich nur und zog mit verbissener Miene an meiner Zigarette, während Tarek sich verabschiedete und auf seinen Wagen zusteuerte.

»Kippe aus«, forderte Moussa, ehe er sich auf dem Fahrersitz seiner Karre niederließ. Typisches Exemplar von Schwanzverlängerung. Keine Ahnung, was die ganzen Typen so auf Autos steil gingen und darin mehr sahen als ein Fortbewegungsmittel.

»Jaja.« Genervt verdrehte ich die Augen und nahm noch zwei tiefe Züge, während mein Blick auf der Spielothek ruhen blieb. Kiral, diese Missgeburt. Irgendwie fühlte es sich gar nicht so erleichternd an, dass diese Sache geregelt war, sondern war einfach nur beschissen, dass ich mich damit so von anderen abhängig gemacht hatte. Das hatte ich doch nicht nötig. Schließlich schmiss ich meine Kippe weg und stieg ein.

Die weißen Ledersitze waren so sauber, dass ich die Erwartung hatte, sie mit meiner Jogginghose komplett zu verschmutzen. Hätte ich irgendwie lustig gefunden. Menschen, die ihre Autos putzten und ihnen sowas wie Liebe entgegenbrachten, waren doch echt der letzte Abschaum. Das waren Sachen, Alter, und als ob man sich an ein bisschen Dreck ernsthaft stören konnte.

»Ey, Mann, sag mal, woher kennen sich Tarek und Kiral eigentlich?«, hakte ich nach, während Moussa den Wagen durch die Straßen steuerte. Sein Fahrstil war ruhig und angenehm. Mit einer Hand hielt er das Lenkrad, die andere ruhte auf dem Schaltknüppel.

»Du bist viel zu neugierig, Kleiner«, seufzte Moussa. Er warf mir einen kurzen Blick im Rückspiegel zu. »Gewöhn dir das ab, gut gemeinter Ratschlag unter Freunden.«

»Ist doch 'ne sinnvolle Fähigkeit, ich weiß gerne Bescheid«, merkte ich an. Als keine Antwort von ihm kam, forderte ich ihn mit etwas mehr Nachdruck auf: »Sag halt.«

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now