29. Rochade

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Yella seufzte. »Kannst du bitte mal damit aufhören, ständig den Reißverschluss an deinem Rucksack auf- und zuzumachen?«

»Sorry.« Ich legte die Hände in meinen Schoß. »Ich bin nur ein wenig nervös wegen heute. Hoffentlich geht nichts schief.«

»Ich will ja nicht angeben, aber ich bin Profi. Das wird aalglatt über die Bühne gehen, vertrau mir.«

Narcisa musterte uns vom Vordersitz aus durch den Schminkspiegel. »Habt ihr was vor?«

»Nichts, gar nichts«, sagte ich rasch.

»Wehe, du blamierst mich bei irgendwas. Das ist immer noch mein Gesicht, mit dem du da rumläufst!«

»Keine Sorge.«

Wir stiegen aus dem Automobil und spazierten Richtung Pier. Unterwegs rief ich Husar auf dem abhörsicheren Handy an. »Seid ihr soweit?«

»Von uns aus kann's los gehen«, sagte der Hacker.

»Okay, dann schlagt wie besprochen heute eine Stunde vor dem Abendessen zu. Wir müssen sehen, wie er den Aeorodom verlässt.«

Ich nickte Yella zu. »Alles läuft nach Plan. Hast du die Kopie des Anhängers?«

Sie hielt die Kette mit der Themis-Figur in die Höhe. Sie war vom Original nicht zu unterscheiden. »Hab' sogar extra Abnutzungsspuren eingefügt, damit er so echt wie möglich aussieht.«

Bei der Abfahrt ließen wir uns nichts anmerken. Timo redete nicht viel. Er zauderte immer noch mit der Abgabe des Austrittsgesuchs. Vermutlich fürchtete er sich zu sehr vor Duncan, der ihn zwar letzte Woche zur Abwechslung in Ruhe gelassen hatte, aber sich immer noch allen Novizen gegenüber wie ein Tyrann verhielt.

Während des Abendessens schielte ich immer wieder rüber zum Tisch, an dem Duncan einsam seine Mahlzeit einnahm. Wenn das Cyber-Abwehrzentrum der Kirche so gut war, wie Husar behauptete, müssten sie den Erpressungsversuch inzwischen zurückverfolgt haben. Und tatsächlich tauchte eine Wachfrau in Uniform auf, die ihm ein Funkgerät reichte. Während er der Person am anderen Ende der Verbindung zuhörte, entgleisten nach und nach seine Gesichtszüge. Dann gab er anscheinend einige Befehle durch und wandte sich wieder dem Essen zu.

Was ist los, Duncan? Ist das kein Notfall, auf den du reagieren musst? In aller Seelenruhe spießte er eine Abrarottenscheibe mit der Gabel auf und führte sie zum Mund. Moment, jetzt stutzte er und griff wieder zum Funkgerät.

»Was?«, rief er so laut, dass es der ganze Speisesaal mitbekam. Er sprang von seinem Stuhl auf und brüllte das Funkgerät an. »Unternehmen Sie nichts, ich bin in einer Stunde da!« Dann ging er zu dem Tisch, an dem der Kapitän mit seinen Matrosen saß. Was auch immer Duncan sagte, dem Kapitän schien es nicht zu gefallen, denn er schüttelte mehrfach mit dem Kopf und zeigte abwechselnd auf seinen Teller und die Uhr über der Essensausgabe. Duncan ließ sich nicht auf eine Diskussion ein. Er zerrte den Mann an der Schulter von seinem Platz und schubste ihn Richtung Ausgang. Den Matrosen bedeutete er, ihnen zu folgen.

»So wütend habe ich Duncan noch nie erlebt«, stellte Max fest.

»Ja, ich auch nicht«, pflichtete ihm Yella bei. »Muss ja was ziemlich Schlimmes vorgefallen sein.«

Bevor wir zu Bett gingen, vergewisserten Yella und ich uns mit einem Blick durch eines der Bullaugen noch, dass Duncan wirklich abreiste. Tatsächlich sahen wir, wie er in das U-Boot stieg und sich wenig später der Fahrstuhl des Turms in Bewegung setzte.

»Das wird ihn erst mal eine Weile beschäftigen«, sagte ich.

Um drei Uhr nachts, zur verabredeten Zeit, kam Yella in meine Kabine. Sie hatte einen schmalen Werkzeugkoffer bei sich und natürlich die Wärmflaschen.

Ich bin KHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin