Das Jahr 2009

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"Machen wir heute noch was zusammen?" fragt mich mein bester Freund Alec, als wir gemeinsam aus der Schule in die Sonne treten. "Na sicher. Es ist Freitag und wir können machen, was wir wollen. Schläfst du bei mir?" Er zuckt mit den Schultern und setzt sich seine Kappe auf. "Klar. Ich frag mal meine Mum aber die wird nichts dagegen haben. Was ist mit deinem Dad?" Ich muss lachen. "Als wenn der nein sagen würde. Du bist quasi sein zweiter Sohn." Alec grinst und wir gehen gemeinsam nach Hause.

Wir kennen uns seit dem Kindergarten, als seine Familie neben unsere gezogen ist und wir sind sehr schnell die besten Freunde geworden. Mit Alec rede ich über alles und mir wird ein bißchen übel, als ich daran denke, was ich ihm heute Abend beichten muss. Ich glaube zwar nicht, dass er mich danach nicht mehr seinen Freund nennen wird, aber aufgeregt bin ich trotzdem.

Vor unserem Haus bleiben wir kurz stehen. "Ich gehe mal eben fragen, ob es klar geht, wenn ich bei euch esse und schlafe, ja?" fragt er und ich nicke. "Bis gleich." stimme ich zu und er hebt kurz die Hand, bevor er im Haus verschwindet. Ich schließe die Haustür auf und finde meinen Dad in der Küche. Er rennt hin und her und scheint etwas zu suchen. "Dad? Suchst du was?" frage ich und er bleibt stehen und sieht mich an. "Ja, meinen Schlüssel. Ich hätte vor zehn Minuten im Büro sein müssen." murmelt er und sieht sich um. "Es ist Freitag." sage ich vorwurfsvoll und er blickt mich über den Rand seiner Brille an.

"Das weiß ich, Magnus aber ich habe dir doch gesagt, ich muss heute zu einem wichtigen Meeting. Es wird also spät. Kommt Alec zu uns?" Ich nicke und er seufzt. "Dann bist du wenigstens nicht ganz alleine. Tut mir leid. Morgen unternehmen wir gemeinsam was, ja? Worauf hast du Lust?" Ich denke nach. "Pizza essen in der Mall und anschließend Mum besuchen." antworte ich und er nickt. "Das machen wir. Ich muss echt los. Wo ist dieser verdammte Schlüssel nur?" Er kratzt sich am Kopf und ich greife an der Kaffeemaschine vorbei und halte ihm den Bund vor die Nase. "Hier, Dad." Erleichtert greift er danach und drückt mich kurz an sich. "Bin dann weg. Ich hab dich lieb." Ich sehe ihm noch hinterher und schüttel den Kopf. Seit dem Tod meiner Mum ist er nicht mehr der Selbe. Sie ist vor drei Jahren an einem Hirntumor gestorben und mein Dad hat lange gebraucht, um wieder ins Leben zurück zu finden. Ich habe mich für ihn zusammen gerissen und mir nur in Alecs Armen Momente der Schwäche erlaubt. Er war es, der mich getröstet hat und mich im Arm gehalten hat. Das Ganze hat uns noch enger zusammen geschweißt.

"Was stehst du hier so in der Gegend herum?" Ich fahre erschrocken herum und sehe Alec in der Hintertür stehen. "Alter, musst du mich so erschrecken? Komm lieber rein." brumme ich und er lacht. "Hab deinen Dad wegfahren sehen. Muss er wieder lange arbeiten?" Ich nicke. "Ja. Und was sagt deine Mum?" Er zuckt mit den Schultern. "Glaube es ist ihr ziemlich egal, ob ich zu Hause bin oder hier."

Alec tut mir leid. Seine Mum ist eine nette Frau aber ständig vergräbt sie sich in ihrem Arbeitszimmer, um an ihrem neusten Roman zu schreiben. Das meiste bleibt an ihrem Mann Robert hängen und der wirkt oft völlig überfordert mit vier Kindern. Alec ist mit vierzehn Jahren der Älteste, Jace ist eineinhalb Jahre jünger als er, Izzy ist neun und der kleine Max erst vier Jahre alt. Bei den Lightwoods ist immer was los und ich bin gerne bei ihnen aber oft bevorzugen Alec und ich die Ruhe in meinem Haus.

Als wir in meinem Zimmer sitzen, sieht er mich an. "Was machen wir? Ein Film oder wollen wir zocken?" Er deutet auf meine Playstation und ich weiß, wie gerne er darauf spielt, einfach weil seine Familie sich so etwas nicht leisten kann, während mein Dad als Vorstand einer großen Automobilfirma mir jeden Wunsch erfüllen kann.

"Wir können nachher zocken aber erst muss ich mit dir über was reden." sage ich und ignoriere die Angst in meinem Bauch. Alec schmeisst sich auf mein Bett. "Ich höre. Um was geht es?" fragt er und betrachtet mich neugierig aus seinen braunen Augen. Ich knete meine Hände und gehe dann dazu über an meiner Nagelhaut zu zupfen. "Mags? Ist es was schlimmes?" fragt er und klingt ängstlich dabei. Ich schüttel den Kopf. "Nein, also eigentlich nicht. Ich weiß nicht, vielleicht findest du es schlimm." erwidere ich und er hebt die Augenbrauen. "Nun sag schon." fordert er mich auf und ich hole tief Luft.

"Naja, also ich habe festgestellt, dass ich wohl anscheinend kein Interesse an Mädchen habe." flüstere ich und er starrt mich an. "Bist du schwul, Magnus?" fragt er und mir schiessen Tränen in die Augen, während ich nicke. "Ich glaub schon." murmel ich und er kommt langsam zu mir und kniet sich vor den Schreibtischstuhl, auf dem ich sitze. "Das ist doch nicht schlimm. Warum denkst du, ich könnte das schlimm finden? Es ist voll okay." Ich schniefe. "Wirklich?"

Ernst sieht er mich an. "Klar. Du bist weiter als ich. Ich weiß nicht mal, auf wen oder was ich stehen soll." Er grinst schief und ich betrachte ihn. "Bist du etwa auch schwul, Alexander?" Ich nenne ihn schon immer Alexander und er hat nie dagegen protestiert aber ich bin der Einzige, bei dem er das zulässt. "Ich hab keine Ahnung. Ehrlich gesagt, habe ich mir da noch nie Gedanken drüber gemacht. Bisher stehe ich einfach mal auf niemanden." antwortet er. "Und selbst wenn, wäre das ebenso in Ordnung, wie bei dir." Schnell nicke ich. "Seh ich genauso. Danke, Mann." Ich strecke ihm die Faust entgegen und er schlägt ein. "So und was machen wir jetzt?" fragt er erneut und ich deute auf die Playstation. "Dann zeig mir mal deine Fahrkünste." grinse ich.

Searching for you Where stories live. Discover now