Neuanfang

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Mein Dad hat es tatsächlich akzeptiert, dass ich noch ein paar Tage bei Clary bleiben will und er hat es hingenommen, dass ich nicht über Alec reden möchte. Nach einer weiteren Woche, in der ich tief in Selbstmitleid versunken auf Clarys Sofa gesessen habe, ist der Zeitpunkt des Abschieds gekommen. "Du wirst mir schrecklich fehlen. Willst du nicht doch bei mir bleiben? So als Mitbewohner?" jammert sie gerade und ich muss lächeln. "Du bist so lieb, Clarissa Fairchild und die beste Freundin, die man sich wünschen kann. Ich würde gerne bleiben aber deine Wohnung ist eindeutig nur für eine Person gedacht." Traurig nickt sie. "Sehen wir uns denn wieder?" fragt sie leise und ich fasse sie an den Schultern.

"Clary, hast du mir nicht zugehört? Du gehörst zu meinem Leben und ich wäre so, so dumm, wenn ich dich wieder gehen lassen würde. Du bist eine so tolle Freundin. Wir kennen uns erst so kurze Zeit und trotzdem hast du mich hier wohnen lassen." Sie schmeisst sich in meine Arme und schluchzt auf. "Es war so schön, nicht mehr einsam zu sein. Ich hab dich so lieb." Ich erwidere ihre Umarmung. "Und ich dich, Biskuit."

"Hast du schon fertig gepackt? Lass uns noch einen Kaffee zusammen trinken, ja?" Sie sieht mich bittend an und ich nicke. "Sehr gerne. Ich mach uns eine Tasse." Sie grinst. "Siehst du. Auch das werde ich vermissen. Niemand, der mir einen Kaffee kocht und meinen Kram hinter mir herräumt." Sie seufzt theatralisch. "Ohne dich bin ich verloren."
Lachend gehe ich in die Küche und mache mich daran, die Kaffeemaschine zu befüllen. Mir geht es etwas besser und nur noch die Nächte sind hart für mich und die Sehnsucht nach Alec will nicht weniger werden. Gerade als ich zwei Tassen aus dem Schrank krame, klingelt es und kurz darauf höre ich Clary brüllen. "Verschwinde von hier. Ich bringe dich um, wenn du ihm auch nur zu nahe kommst." Vor Schreck lasse ich fast die Tassen fallen und stürme ins Wohnzimmer.

Die wütende Clary steht in der offenen Wohnungstür und als ich besorgt nachsehe  wer sie so aufregt, erstarre ich, denn niemand Geringerer als Alec steht da und sieht sie verzweifelt an. "Clary, ich will doch nur mit ihm reden und ich.....Magnus." Clary wirbelt herum und als sie mich entdeckt, schnaubt sie laut. "Ich habe ihm gerade gesagt, dass er nicht erwünscht ist. Ist das in deinem Sinne?" fragt sie mich und ich nicke. "Ist es. Geh einfach, Alec. Du hast es gehört. Du bist hier nicht willkommen. Woher weißt du überhaupt, wo ich bin."

Alec zuckt mit den Schultern. "Dein Dad hat es mir gesagt und ich werde nicht eher gehen, bis du mir zugehört hast, Magnus." Ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Ich wüsste nicht, was es noch zu reden gibt. Du hast mir in Köln sehr eindeutig gezeigt, wie ernst du das zwischen dir und mir meinst." Alec fährt sich durch die Haare. "Das alles ist ein Missverständnis, du musst mir zuhören. Bitte." sagt er ernst und ich schüttel den Kopf. "Ich muss gar nichts. Meine Augen funktionieren sehr gut und ich habe genug gesehen." sage ich so kalt wie möglich und ignoriere den inneren Schmerz, der in mir tobt.

"Du kannst uns doch nicht einfach so aufgeben, Magnus. Mach das nicht, bitte. Ich liebe dich doch." Jetzt werde ich wütend. "Ich gebe uns auf? Ist das dein Ernst? Habe ich mit einem anderen Mann geknutscht oder du? Du sprichst von Liebe aber du hast keine Ahnung, was Liebe überhaupt ist. Das Einzige was du wolltest, war dir selbst etwas zu beweisen. Ja, du hast es geschafft deinen besten Freund ins Bett zu bekommen und sein Herz zu brechen. Bist du jetzt zufrieden?" Jetzt schreie ich und er zuckt zusammen. "So war das nicht." flüstert er.

"Doch, genau so war es. Du warst nie ehrlich zu mir. Ich sage nur Codie Wallgoth. Es hat ihn eigentlich nie gegeben, denn damals sollte es Alec Lightwood heißen und ich bin darauf herein gefallen. Ich bin fertig mit dir." Alec starrt mich an und er ist blass geworden. "Du weißt es." stellt er fest und ich nicke. "Ja, ich weiß es. Ich weiß jetzt, dass mein Leben eine einzige Lüge war. Ich hoffe, du hattest deinen Spaß. Leb wohl, Alexander."

Damit knalle ich die Tür vor seiner Nase zu und drehe mich zu Clary um. Sie starrt mich an und breitet dann wortlos ihre Arme aus. Schluchzend lasse ich mich von ihr in eine Umarmung ziehen. "Es tut so weh, Clary. Es tut so schrecklich weh." weine ich und als meine Beine nachgeben, sitzen wir schließlich eng umschlungen auf dem Fußboden.

Das Ganze hat mich wieder vollkommen zurück geworfen und am liebsten würde ich wieder auf Clarys Sofa sitzen und mir selbst leid tun aber es ist an der Zeit wieder nach vorne zu sehen und ich habe ihre Wohnung noch am selben Tag verlassen. Jetzt sitze ich in meinem ehemaligen Kinderzimmer und versuche mich nicht von den Erinnerungen überrollen zu lassen. Hier in diesem Zimmer habe ich mich geoutet, hier hat er mich nach dem Tod meiner Mutter in den Armen gehalten, hier hat er mich belogen. Der Schmerz sitzt tief und im Moment kann ich mir nicht vorstellen, jemals wieder glücklich zu sein.

Ich kann meinem Dad nicht übel nehmen, dass er Alec verraten hat, wo ich bin, denn nach wie vor, weiß er nur, dass Alec einen anderen Mann geküsst hat. Details wollte ich ihm ersparen und mir selbst auch. Trocken lache ich auf, als ich plötzlich das Ouijabrett in einer Ecke entdecke. Wieder sammeln sich Tränen in meinen Augen und ich packe das Brett und schleudere es durch das Zimmer. "Du Scheiß Teil. Ich hasse dich." Es prallt von der Wand ab und bleibt auf dem Fußboden liegen. "Magnus? Was machst du für einen Lärm?" Mein Vater guckt vorsichtig durch die Tür und sein Blick fällt auf das Brett. "Das Ouijabrett. Das habe ich ewig nicht mehr gesehen." Fast schon ehrfürchtig kniet er sich hin und nimmt in seine Hände. "Es gehörte deiner Mum und es lag in der Kiste, die du eines Tages bekommen hast. Mit all den Erinnerungen darin, weißt du noch? Und dann war es plötzlich verschwunden." Er sieht zu mir hoch und ich nicke. "Ich glaube, ich muss dir da was erklären." murmel ich.

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