Das Jahr 2015

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Mittlerweile wohnen Alec und ich nicht mehr nebeneinander, dafür aber gemeinsam im Studentenwohnheim der New York University. Wir haben uns beide dazu entschlossen zu studieren und da wir noch immer beste Freunde sind, lag es nahe uns zusammen ein Zimmer zu teilen. Alec studiert Literatur und Kunstgeschichte und ich Maschinenbau und Industriewesen.

Wir hatten zusätzlich noch das Glück zusammen einen Job zu ergattern in einem Café, womit wir das Zimmer bezahlen können. Die Studiengebühr übernehmen unsere Eltern. Für meinen Dad ist das kein Problem und Alecs Mutter ist mittlerweile eine bekannte Schriftstellerin und die Zeit der finanziellen Sorgen sind Vergangenheit.

Gerade sitze ich am Computer, als Alec herein kommt und sich stöhnend auf sein Bett schmeisst. "Ich hasse Professor Starkweather." seufzt er. "Er zwingt mich zu einer Rezension über Nikolas Sparks. Das ist eine Beleidigung. Jetzt muss ich eine dieser Schnulzen lesen. Kannst du dir das vorstellen?" Ich brumme nur zustimmend und tippe weiter auf der Tastatur herum.

"Was machst du da eigentlich?" fragt er und kommt zu mir. Neugierig legt er sein Kinn auf meine Schulter und schaut auf den Monitor. "Mags, nicht schon wieder." sagt er und geht zurück zu seinem Bett. "Ich kann nicht anders, Alexander. Ich habe tatsächlich einen Codie Wallgoth gefunden, aber er kann es nicht sein, denn er ist letztes Jahr gestorben." seufze ich. "Du bist regelrecht besessen davon, diesen Mann zu finden. Das ist...."

"Ungesund." unterbreche ich ihn. "Ich weiß. Das sagst du mir ständig." Er sieht zu mir. "Und es ist auch so. Versteif dich doch nicht auf jemanden, der vielleicht nicht mal existiert. Das ist sechs Jahre her. Vergiss es einfach." Ich denke kurz nach. "Ich versuche es ja aber immer, wenn ich soweit bin, kreuzt ein Codie meinen Weg und alles ist wieder da." Er lacht. "Ja ich erinnere mich an all die Codies in deinem Leben aber keiner war dein Schicksal."

Ich seufze laut. "Irgendwann begegnet er mir, Alexander. Du wirst schon sehen. Sag mal, fährst du in den Semesterferien nach Hause?" versuche ich abzulenken und es funktioniert. "Ich schätze nein. Mum ist auf einer Lesereise und Dad ist völlig unentspannt weil Max sich gerade zu einem Rebell entwickelt." Er rollt mit den Augen. "Dann bleib ich lieber hier und übernehme ein paar Extraschichten im Hunters Moon. Wie sieht es bei dir aus?" Ich schüttel den Kopf. "Ähnlich. Dad arbeitet wieder sehr viel und hat eh keine Zeit für mich, also bleib ich wohl auch hier."

"Wir bekommen die Zeit schon um. Wir könnten mal was trinken gehen. Vielleicht lernen wir mal ein paar neue Leute kennen." Ich grinse. "Gerade du könntest ja mal ein nettes Mädchen kennen lernen." Er wird ernst und weicht meinem Blick aus. "Kein Interesse." murmelt er und ich runzel die Stirn. "Warum denn nicht? Du siehst gut aus, bist intelligent und sportlich. Es wird kein Problem sein für dich jemanden kennen zu lernen oder?" Er schnaubt. "Lass es gut sein, Magnus."

Ständig weicht er bei dem Thema aus und ich habe ihn noch nie mit einer Frau zusammen gesehen. Hier und da mal eine kleine Flirterei aber nie etwas Ernstes. "Wieso denn?" frage ich weiter und er zuckt mit den Schultern. "Weil ich nunmal schon jemanden mag aber es soll wohl nicht sein."

Neugierig sehe ich ihn an. "Wieso weiß ich nichts davon?" Ich wühle in meinem Kopf, welches Mädchen er wohl meinen könnte. "Warte, ist es Lydia?" Er macht Würggeräusche. "Bäh. Nein, was soll ich mit dieser Hohlbirne?" Ich muss lachen, denn er hat Recht. Ich kenne niemanden der dümmer ist, als Lydia Branwell. Sie ist die Tochter eines Professors von Alec und niemand versteht, was genau sie studiert. "Ist es Camille oder Maia?" rate ich weiter und Alec steht auf. "Lass es einfach, Magnus. Ich geh zum Sport und dann duschen. Wir sehen uns dann später." Bevor ich etwas sagen kann, hat er sich seine Tasche geschnappt und die Tür hinter sich zugeschmissen. Verwundert sehe ich ihm hinterher und frage mich, was er wohl vor mich zu verheimlichen hat. Wir haben noch nie Geheimnisse voreinander gehabt und es verletzt mich ein bißchen.

Alec ist mein bester Freund und er war der Erste, der von meinem Outing erfahren hat und er war es auch, dem ich sofort von meinem ersten Kuss erzählt habe. Es war furchtbar. Dieser Will, der eine Stufe höher war als wir, hat mich zu einem Date eingeladen und mich dann einfach geküsst. Dieser Kuss war nicht schön, er war feucht und ekelig und danach wollte ich lange Zeit niemanden mehr küssen.

Dann kam allerdings Andrew in mein Leben und er hat wesentlich besser geküsst. Er war nett, charmant, gutaussehend und eben nett. Er war viel zu nett und schnell war ich genervt, weil er scheinbar keine eigene Meinung hatte und sich immer meiner angeschlossen hat. Nett war er trotzdem und ich habe nie verstanden, warum Alec ihn nicht mochte. In der Zeit, wo ich mit Andrew zusammen war, habe ich Alec nur selten gesehen und er hat mir schrecklich gefehlt. Es war einer der Gründe, warum ich bald wieder Schluß gemacht habe. Danach war die Welt wieder in Ordnung und ich habe mich neben der Freundschaft mit Alec darauf konzentriert, den ominösen Codie Wallgoth aufzuspüren. Bisher habe ich kein Glück gehabt aber ich bin immer noch fest entschlossen, ihn eines Tages zu finden. Er ist mein Schicksal und deswegen muss ich ihn finden.

Seufzend setze ich meine Recherche im Internet weiter fort. Kurz sehe ich auf das Foto, welches am Rand des Monitors hängt und muss lächeln. Es zeigt Alec und mich gemeinsam beim High School Abschluß. Er hat einen Arm um mich gelegt und ich grinse fröhlich in die Kamera, während er mich von der Seite ansieht.

Searching for you Where stories live. Discover now