Kälte

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Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn das nächste, was ich wahr nehme ist, dass ich fortgetragen werde. Jemand hat seine Arme um mich gelegt und mir wird sofort etwas wärmer. "Was machst du nur?" höre ich eine Stimme flüstern aber ich bin so erschöpft, dass ich meine Augen nicht öffnen kann.  Das Nächste was ich wahrnehme, sind mehrere Stimmen und das jemand an meiner Jacke und meinen Schuhen zerrt. Ich werde abgelegt und eine warme Decke wird um mich gelegt. Befriedigende Stille legt sich auf mich und ich bekomme nicht mal mehr mit, wie eine Wärmflasche zu mir gelegt wird und jemand permanent mein Gesicht streichelt oder meine Hand hält.

Ich lasse die Augen vorerst geschlossen, als ich wieder aufwache, mein Kopf hämmert und mein Mund ist trocken. Ohne hinzusehen, versuche ich mich zu orientieren. Wo bin ich? Es riecht fremd und doch vertraut und ich bin ratlos. Ganz vorsichtig öffne ich meine Augen und erkenne sofort, dass ich hier fremd bin. Ich liege auf einem Sofa in einem unbekannten Wohnzimmer und als ich mich vorsichtig rühre, stelle ich fest, dass Alec neben mir auf dem Boden sitzt und tief und fest schläft.

Was macht er hier? Was mache ich hier? Langsam, damit ich ihn nicht wecke, richte ich mich auf und sehe auf dem anderen Sofa Clary und Jace sitzen. Sie sind sitzend nebeneinander ei geschlafen und ihre Köpfe liegen aneinander. Wenn ich nicht so verwirrt wäre, würde ich mich jetzt darüber freuen und es möglicherweise sogar fotografieren. Sie sehen einfach zu süß aus.

Ein Blick auf meine Hände zeigt mir, dass ich nicht geträumt habe, dass ich auf dem Friedhof war. Sie sind verdreckt und auch unter den Fingernägeln ist alles schwarz. Leise stöhnend fasse ich mir an den Kopf. "Magnus?" Ruckartig drehe ich mich zu Alec um, der mich blinzelnd ansieht. "Wie geht es dir" fragt er. "Wo bin ich hier und warum bist du hier?" zische ich leise und er rappelt sich umständlich auf. Seine Knie knacken und fast tut er mir leid aber eben nur fast. Er deutet mir an, ihm zu folgen und genervt mache ich es. Ich finde mich mit ihm in einer kleinen Küche wieder und er schließt die Tür hinter uns.

"Kaffee?" fragt er und ich nicke stumm und setze mich an den Tisch, der in einer Ecke steht. Wir schweigen, bis Alec sich mir gegenüber gesetzt hat und wir beide eine Tasse mit dampfendem Kaffee in der Hand halten. "Wirst du mir endlich zuhören?" Mein Blick zuckt zu ihm und ich sehe in seine Augen, die mich flehendlich ansehen. "Sag, was du zu sagen hast. Wenn es dir dann besser geht und du mich danach in Ruhe lässt." antworte ich gespielt gleichgültig. Er seufzt. "Magnus, ich liebe dich." beginnt er aber ich hebe die Hand. "Falscher Ansatz, Alexander." sage ich und erneut seufzt er.

"Okay, entschuldige. Dann werde ich dir nicht mehr sagen, wieviel du mir bedeutest." murmelt er und ich hebe nur die Augenbrauen. "Lass mich die Sache mit Köln bitte erklären." Er deutet mein Schweigen als Einverständnis und das ist es auch. Ich will endlich damit abschließen.

"Ich habe Helen in der Menge verloren und hab sie gesucht und dann stand er plötzlich vor mir. Ich habe mit ihm nicht gerechnet und ich war völlig perplex." Die Wunde in mir blutet wieder und ich sehe ihn nur starr an. "Er hat sich so gefreut mich zu sehen und ich wusste wirklich nicht, dass er zum gleichen Zeitpunkt in Deutschland war, wie wir." Noch immer habe ich keine Idee von wem er redet aber dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen.

"Carlos." sage ich heiser und Alec nickt. "Magnus, du musst mir glauben, wir haben nur  über alte Zeiten geredet und dabei auch getrunken. Die Zeit verging so schnell und ich hatte zu viel Alkohol. Als er mich gebeten hat mit ihm zu tanzen, habe ich ja gesagt, weiß der Teufel warum. Ich kann es dir wirklich nicht erklären und ich bin nicht stolz darauf. Trotzdem musst du mir glauben, dass ich von dir erzählt habe, ich habe dich nie verleugnet. Plötzlich hat er sich beim Tanzen an mich gedrückt und mich geküsst und das war der Moment, wo du uns gesehen hast. Du hast nicht mehr gesehen, dass ich ihm eine Ohrfeige verpasst habe und ihn sofort stehen gelassen habe. Bitte Magnus, du musst mir glauben." fleht er und ich starre ihn an.

"Das ändert nichts an der Tatsache, dass du mich belogen hast. Wieviel Sucherei hättest du mir ersparen können, wenn du mir die Wahrheit gesagt hättest." Er hebt die Hände und sieht verzweifelt aus. "Zu dem Zeitpunkt war es doch nur ein Spaß. Ich hab geglaubt, du kommst sofort darauf, dass es mein Name ist. Wie sollte ich denn ahnen, wie ernst du das alles nimmst und mal ehrlich, hätte ich die Wahrheit gesagt, wärst du ewig sauer gewesen. Wer konnte denn ahnen, dass es Codie Wallgoth wirklich gibt? Einen bescheuerteren Namen kann es kaum geben. Was meinst du denn, wie es mir ging? Wir haben uns geküsst und mehr und dann kommt dieser Fantasiemensch und weg bist du. Ich dachte mich trifft der Schlag, als ich ihn gesehen habe. Die ganze Zeit hatte ich gehofft, er ist alt und hässlich oder zumindest hetero aber nein, er muss genau deinen Vorstellungen entsprechen."

Noch immer sehe ich ihn an, dann trinke ich einen großen Schluck Kaffee und räuspere mich leise. "Ich hab so viele Fehler gemacht, Alexander und jeder einzelne tut mir leid aber ich weiß einfach nicht, ob ich dir jemals verzeihen kann, auch wenn ich deine Gründe nun verstehe und auch wenn ich dir tatsächlich glaube, dass du Carlos nicht zurück geküsst hast. Du hast einen Trümmerhaufen aus mir gemacht und den muss ich erstmal wieder aufbauen."

Er blinzelt heftig und eine einzelne Träne löst sich aus seinem Augenwinkel. Er nickt. "Ich verstehe." flüstert er und ich greife nach seiner Hand. "Nein, du verstehst es nicht aber das ist okay. Alexander, ich liebe dich noch immer aber gib mir Zeit okay?" Ich ziehe meine Hand zurück, als er nickt und stehe dann auf. "Wir sehen uns. Eines Tages sehen wir wieder. Ganz bestimmt." Dann gehe ich aus der Wohnung, ohne mich noch einmal umzudrehen.

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