Clary

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Wortlos hat Clary mich nach der langen Reise in ihre Arme geschlossen und wieder habe ich geweint. Es muss ein merkwürdiger Anblick gewesen sein, wie ein verkleideter Mann, mit verschmiertem Make up sich laut schluchzend an eine kleine rothaarige Frau klammert aber es ist mir egal.

Mittlerweile sitze ich geduscht und in eine Wolldecke eingewickelt auf Clarys Sofa und halte eine große Tasse mit Kaffee in meinen Händen. "Wie gut, dass ich noch ein paar Klamotten von Raphael hier habe. Auch wenn die Hose ein bißchen kurz ist." Ich zucke mit den Schultern. "Das macht nichts. Hauptsache was anderes als diese enge Jeans." Clary nickt und wir starren beide ins Leere, bis sie meine Hand mit ihrer kleinen umfasst. "Du kannst so lange bleiben, wie du willst, Magnus." sagt sie ernst und wieder rollt mir eine Träne über die Wange. "Danke." flüster ich und sie nickt. "Wenn ich wirklich noch an Schicksal glaube, dann höchstens weil es mich zu dir geführt hat."

Sie lächelt mich warm an. "Wir beide passen schon zusammen, mit Männern haben wir einfach kein Glück, aber hey, brauchen wir sie? Wir haben uns und ich habe soeben beschlossen, dass du mir vollkommen reichst." erklärt sie und dankbar lehne ich meinen Kopf auf ihre Schulter. "Und du mir. Scheiß auf die Kerle." Begeistert nickt sie. "Genau das. Wir beide bestellen uns jetzt eine Pizza und danach essen wir Eis, bis uns schlecht wird. Was hältst du davon?" Ich nicke lächelnd. "Ich weiß zwar nicht, ob ich etwas runter bekomme aber wir machen das."

Als ich einige Stunden später alleine im Dunkeln auf Clarys Sofa liege, will der erlösende Schlaf sich einfach nicht einstellen. Immer wieder sehe ich die Szene vor meinem geistigen Auge, wie Alec einen fremden Mann küsst und mein Herz in diesem Moment in tausend Teile zersprungen ist. Wieder beginne ich zu weinen und ich weine um alles, was ich verloren habe, bis ich irgendwann in einen unruhigen Schlaf falle.

Sechs Tage später geht es mir nicht sehr viel besser. Der Schlafmangel setzt mir zu und ich habe tiefe Augenringe. Clary bemüht sich sehr mich abzulenken und meistens gelingt ihr das auch sehr gut aber die Stunden in denen sie arbeiten ist und ich alleine bin, ziehen sich wie Kaugummi und immer wieder liege ich eingerollt auf ihrem Sofa und starre vor mich hin. Mein Handy habe ich seit meiner Ankunft nicht mehr eingeschaltet und mittlerweile ist der Akku sowieso leer. Ich weiß, ich sollte mich bei meinem Dad melden aber noch immer bringe ich es nicht über mein Herz, ihm die Wahrheit zu sagen.

Allerdings wiegt mein schlechtes Gewissen sehr schwer auf mir und zögerlich nehme ich Clarys Telefon zur Hand und wähle die Nummer seiner Firma. "Automobile Bane, mein Name ist Heidi McKenzie. Was kann ich für Sie tun?" meldet sich die Sekretärin meines Vaters und ich hole tief Luft. "Hallo Heidi. Magnus hier." Sie atmet hektisch ein und aus. "Magnus. Oh mein Gott, du lebst." keucht sie und ich bin überrascht. "Natürlich lebe ich noch. Warum auch nicht?" Sie lacht leise. "Weißt du eigentlich was hier los ist? Dein Vater dreht durch. Niemand weiß, wo du bist und dein Handy ist ständig aus. Ich habe im Stundentakt versucht dich zu erreichen."

Ich beisse mir auf die Unterlippe. "Das hab ich nicht gewollt. Kann ich ihn sprechen?" Heidi schluchzt leise auf. "Natürlich. Ich spreche persönlich mit ihm. Wenn ich dich einfach durchstelle, bekommt er einen Herzinfarkt. Ich bin so froh, dass es dir gut geht, Magnus." weint sie und ich kneife die Augen zusammen. Als ich mich gerade bei ihr entschuldigen will, höre ich, wie sie den Hörer zur Seite legt. Dann passiert einen Moment nichts, bis ich die Stimme meines Vaters höre.

"Magnus? Bist du es wirklich?" schreit er ins Telefon und ich zucke zusammen. "Ja, Dad. Ich bin es." Augenblicklich bricht seine Stimme und auch ich beginne zu weinen weil es mir so leid tut. "Mein Junge, wo warst du denn nur? Alec war hier und auch er macht sich große Sorgen und ich.....ich hatte solche Angst um dich." Ich versuche mich zusammen zu reissen. "Es geht mir gut, Dad. Ich bin bei einer Freundin, hier in New York." Er seufzt laut. "Wo genau? Ich komme sofort." Ich nenne ihm die Adresse und im nächsten Moment hat er schon aufgelegt und keine halbe Stunde später steht er vor mir.

Er hat genau so wie ich tiefe Augenringe und in seinen Augen schimmern Tränen, als er mich fest in seine Arme zieht. "Was machst du nur? Ich hab gedacht, ich hätte dich verloren. Mach das nie wieder, hörst du?" Stumm nicke ich an seiner Schulter und er streicht mir immer wieder über den Rücken. Als ich mich von ihm löse, schniefe ich verlegen und bitte ihn sich zu setzen.

"Wer wohnt denn hier?" fragt er und sieht sich in der kleinen Wohnung um. "Eine gute Freundin. Clary Fairchild." murmel ich und in diesem Moment kommt Clary durch die Tür. "Mags, ich hab schon eingekauft. Was hälst du von.....Oh Hallo." unterbricht sie sich selbst, als sie meinen Vater erblickt. "Sie müssen Magnus' Dad sein, richtig? Hast du ihn endlich angerufen?" schimpft sie mit mir und mein Vater springt auf und geht auf Clary zu.

Bevor sie weiß, wie ihr geschieht, hat er auch sie in eine Umarmung gezogen. "Danke, meine Liebe. Danke, dass Sie auf meinen Sohn aufgepasst haben." Sichtlich verwirrt nickt sie. "Jederzeit. Magnus ist hier willkommen und darf so lange bleiben, wie er will. Ich wollte schon immer einen Mitbewohner." Sie zwinkert mir zu. "Das ist sehr nett aber ich nehme an, es ist nicht mehr nötig. Magnus, du wohnst wieder bei mir." sagt mein Vater bestimmt und ich wechsel einen Blick mit Clary, die mich warm anlächelt.

"Gib mir noch ein paar Tage, Dad. Dann komme ich zurück und arbeite auch wieder." Er starrt mich an und setzt sich schließlich wieder zu mir. "Was ist passiert zwischen Alec und dir? Er wollte nichts sagen." Ich schnaube laut. "Natürlich wollte er das nicht. Wie soll er auch erklären, dass er mich betrogen hat?" Mein Vater reisst die Augen auf. "Er hat dich betrogen? Magnus, bist du dir sicher? Er war vollkommen fertig, als er bei mir war."

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