Chaos

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Ich werde wach, als mir jemand sanft auf die Wange schlägt. Unter mir spüre ich Kälte und als ich blinzelnd zu mir komme, stelle ich fest, dass ich noch immer vor der Bar auf der Straße liege, mit dem Kopf auf Alecs Schoß. Ich sehe zu ihm hoch, möchte schreien, weinen, ihm sagen, dass ich ihn hasse, ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe und weiter schlafen. "Nimm deine Hände weg von ihm." höre ich Clary schimpfen und dann beugt sich mein persönlicher Engel über mich. "Was machst du denn nur?" murmelt sie und nimmt meinen Kopf hoch. "Geh weg." knurrt sie Alec an und er steht auf.

Ich kicher leise. "Sorry, Biskuit. Der Tequila hatte es in sich. Ich will schlafen." murmel ich und sie sieht hoch. "Jace, hilf mir bitte. Er muss auf die Beine." Im nächsten Moment packen mich zwei starke Arme und ziehen mich auf die Beine. "Magnus Bane, bekannt für Chaos. Es hat sich nichts geändert." schmunzelt Jace und ich grinse ihn an. "So bin ich." Laut räuspere ich mich. "Vielen Dank für die Hilfe aber ich gehe jetzt nach Hause." lalle ich und will entschlossen loslaufen aber meine Beine knicken erneut weg und wieder fängt Alec mich auf.

Wütend schlage ich seine Hände weg. "Fass mich nicht an. Nie wieder, hörst du. Ich hasse dich." Alec starrt mich an und nimmt dann die Hände hoch. "Sorry." murmelt er und ich nicke zufrieden. "Komm mir nicht mehr zu Nahe. Das Alles," ich mache mit einer Hand eine große, kreisenden Bewegung "ist vorbei. Es gibt kein wir mehr. Keine Beziehung, keine Freundschaft, nichts mehr. Wenn wir uns mal zufällig sehen, möchte ich nicht mal, dass du mich grüßt. Hast du das verstanden?" motze ich und ich hoffe, dass ich trotz meiner alkoholgetränkten Stimme und dem Schwanken Eindruck schinde. Er beisst sich auf die Unterlippe. "Das kann ich nicht." flüstert er und ich schnaube laut. "Dann lerne es." erwidere ich und er schüttelt den Kopf.

"Nein." sagt er fest und ich werde wütend. Mit meinem Zeigefinger bohre ich in seine Brust, seine herrliche und gutaussehende Brust. "Was stimmt denn nicht mit dir?" motze ich los und er zuckt mit den Schultern. "Einiges, sonst würde ich nicht so einen Mist bauen aber ich liebe dich nunmal und bin nicht bereit, dich aufzugeben." Verblüfft starre ich ihn an. Ist das sein Ernst? Die Emotionen überwältigen mich und ich beginne auf ihn einzuschlagen. Meine Fäuste trommeln auf seine Brust und er sieht mich einfach nur an und lässt es geschehen.

Ich sehe, dass Clary eingreifen will aber Jace hält sie sanft zurück und flüstert ihr etwas ins Ohr. "Du Scheißkerl, ich hab dir vertraut und du machst so was." schreie ich Alec an. "Ich hab dich geliebt und tue es immer noch aber ich hasse dich auch. Ich hasse dich, dass du mir das Herz gebrochen hast. Das du darauf herum getrampelt hast ohne Rücksicht." Tränen laufen über mein Gesicht und Alec greift nach meinen Handgelenken, um mich festzuhalten. "Lass mich los. Du sollst mich nicht anfassen." brülle ich aber er zieht mich einfach fest an sich und das ist alles zu viel für mich. Schluchzend klammere ich mich an ihn und er steht einfach da und hält mich fest.

Alles bricht aus mir heraus, all die Gefühle, all das Chaos, was sich mein Leben nennt, all die Verzweiflung und all die tiefe Traurigkeit. Ich weine an der Brust des Mannes, den ich so sehr liebe und gleichzeitig hasse und er hält mich einfach fest und sagt kein Wort. Ich atme seinen Geruch ein, der Geruch meiner Kindheit, der Geruch meiner Liebe und der Geruch des Verrates. Mein Geist befindet sich in einer Art Schwebezustand, ich will weg von Alec und gleichzeitig will ich bei ihm sein.

"Es tut mir so leid." flüstert er leise in mein Ohr und ich erwache zu neuem Leben. Ich stosse ihn unsanft von mir und sehe ihn an. Sein Blick brennt sich tief in mir ein und ich weiß, diese Szene werde ich nie wieder vergessen. "Hör auf dich zu entschuldigen." schniefe ich heiser. "Es ist vorbei." Damit drehe ich mich um und lasse sie alle zurück. Alec, der mir hintersieht, die weinende Clary und Jace, der sie noch immer an den Schultern festhält. Ich will niemanden von ihnen gerade in meiner Nähe haben und Jace scheint der einzige zu sein, der das versteht, denn er hält beide davon ab mir nachzulaufen.

Blindlings laufe ich durch die Straßen von New York und nehme nichts um mich herum wahr. Ich weiß nicht, wo ich hingehe oder wo ich gerade bin, geschweige denn, was ich fühlen soll. Innerlich bin ich wie tot und auch die Tränen sind versiegt. Ich höre meinen Herzschlag in meinen Ohren und spüre, wie schwer meine Beine sind. Schließlich bleibe ich vor einem großen Tor stehen und stelle fest, dass ich am Friedhof stehe. Hier liegt meine Mutter begraben und ich finde den Weg zu ihr sofort. Lange war ich nicht mehr hier und sofort bereue ich es. Vor ihrem Grab lasse ich mich auf die Knie fallen und sehe in den Himmel.

"Mum, ich wünschte, du wärst hier. Du hättest gewusst, was ich machen soll. Wie ich damit umgehen soll und wie es jetzt weiter gehen soll. Ich brauche dich." Ich beginne damit meine Finger in der kalten Erde zu vergraben, kralle mich förmlich hinein, so als würde es mich meiner Mutter näher bringen. "Du hast mir nie gesagt, wie sehr die Liebe weh tun kann und du bist ohne einen Ratschlag gegangen, wie man darüber hinweg kommt. Das ist einfach nicht fair." Mir ist bewusst, wie kindisch ich mich gerade verhalte aber ich brauche meine Mum gerade mehr denn je.

Kurzerhand lege ich mich neben ihr Grab und erzähle mit Flüsterstimme, was passiert ist und wie hilflos ich mich gerade fühle. Ich spüre nicht einmal die Kälte, so sehr bin ich damit beschäftigt, mir alles von der Seele zu reden. Ich wünschte mir so sehr, sie wäre jetzt da und würde ihre warme Hand auf meinen Kopf legen und mir sagen, dass alles wieder gut wird.

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