29 | Nur ein Kollege

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Love

Nach langer Zeit, in der ich anderweitig beschäftigt war, saß ich in der Küche auf dem Barhocker und tippte fleißig auf dem Laptop. Am Donnerstag bekamen wir leider eine Aufgabe, die wir bis Montag erledigen sollten. Es handelt sich um eine Präsentation.

Ich solle eine Präsentation über das Thema Wachstum erarbeiten und mich mit den wichtigsten Oberpunkten beschäftigen. Das Thema definieren, wie das Wachstum zustande kommt, wann es in unserem Leben eintrifft. Einige Faktoren solle ich erwähnen und schließlich Vor- und Nachteile darstellen.

Im Auge des Lehres sei es eine kurze Arbeit von einer Stunde, jedoch ist ihm nicht bewusst, dass nur die Recherche eine Stunde dauert. Man muss noch das Referat gestalten und seinen Text vorbereiten. Leider berechnen Lehrer diese Zeit meisten nicht mit ein.

»Kommst du voran?«, erkundigte sich Mum und guckt zu mir rüber, während sie Gemüse klein schnitt.

»Irgendwie«, murmelte ich und nahm meine Augen nicht vom Laptop.

»Wo liegt denn das Problem?«, möchte sie fragend wissen und schiebt das geschnittene Gemüse in eine Schüssel.

»Es verwirrt mich«, erzählte ich ihr. »Nicht genau das Thema, sondern die vielen Informationen. Auf jeder Seite steht irgendwas anderes, Mum. Das nervt mich.«

Es war wirklich so. Jede Seite befasste dieselben Themen, aber mit verschiedenen Details. Zum Beispiel wächst ein normaler Mensch bis zum achtzehnten Lebensalter. Allerdings ist eine andere Seite der Meinung, dass es von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist.

Für meinen Teil hört sich das zweite authentischer an. Auch wenn das erste sehr verlockend ist, darf ich keine falschen Informationen vor meiner Klasse präsentieren.

»Merk ich«, lachte sie und war dabei ihren Salat anzurichten. Sie schnappte sich einen Kopfsalat, den sie erstmal ausgiebig in der Spüle wusch.

Seufzend fing an sie zu beobachten, da ich keine Lust mehr auf die vielen Informationen, die in meinem Kopf herrschten, hatte. Manchmal braucht man wirklich eine Auszeit. Von allem.

»Was gibts heute zum Essen?«, fragte ich sie zum Tausendsten Mal. Am frühen morgen hab ich mich schon erkundigt beim Frühstück. Dann als ich auf meinem Zimmer war, hab ich durch das ganze Haus geschrien, aber bekam leider keine Antwort.

Und jetzt fragte ich sie wieder.

»Lass dich überraschen«, trällerte sie. »Nur zu Info, wir bekommen heute Besuch.«

»Was?«, überrascht keuchte ich auf. »Von wem?«

Es ist komisch Besuch zu bekommen, denn keiner mochte meine Mutter.

Einmal hatte ich es schon erwähnt. Seitdem Tod meiner Schwester ist sie in der Nachbarschaft die Verrückte. Sie wurde durch die ganzen Lästereien einfach so abgestempelt. Das ist auch ein Grund dafür, dass keiner mit ihr im Kontakt stehen möchte. Es ist für sie nicht möglich mit Mum zu reden. Sie finden es komisch.

Aber in meinen Augen sind diese Menschen komisch. Diese Frau hat ihr eigenes Kind verloren und nur weil sie es nicht akzeptiert hat, ist sie gleich die Verrückte? Menschen können nur eine Seite nachvollziehen, die andere ignorieren sie vollkommen.

Till the Death | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt