45 | Eine Überraschung

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Love

Rowen und ich saßen gegenüber auf meinem Bett und wir sprachen über alles. Erst hatten wir über unser Leben angefangen zu sprechen, dann sind wir rüber zur Welt gegangen und wieder beim Gott gelandet. Schließlich hatten wir eine Vereinbarung getroffen, dass wir uns beide in der Kirche am Sonntag treffen.

Während Rowen weiterhin über die Kirche erzählte, dachte ich an Hailey und an ihren Brief. Es brannte immer noch in meinem Brustkorb und die Schuldgefühle saßen tief in meiner Seele. Jedoch lenkte mich Rowen so unbewusst ab, dass ich auf andere Gedanken kam.

»Außerdem hab ich eine Überraschung für dich, wenn alles so klappt, wie ich es möchte.«, grinste er und strich mir zart über die Wange, währenddessen seine warme Hand auf meiner Wange ruhte.

Verwundert und voller Neugier hob ich meine Augenbraue. »Was genau?«

Er zuckte unschuldig mit seinen Schultern. »Lass dich einfach überraschen«, meinte er bloß und änderte schnell das Thema. Augenverdrehend hörte ich ihm trotzdem aufmerksam zu und verfiel in ein weiteres Gespräch mit ihm.

»Aber muss ehrlich zugeben, dass die Lehrer an unserer Schule richtige Opfer sind. Die scheiß Englischlehrerin hat mir einfach 'ne fünf gegeben. Meint wohl, dass ich noch vieles nachzuholen habe und mich mehr beteiligen sollte«, erzählte er mir. »Und wenn ich mich mal beteilige, dann rufen die mich nicht auf. So ein beschissenes Schulsystem.«

»Ich hab die Probleme in Geschichte«, gab ich murmelnd zu.

Seine Augen weiteten sich kurz. »Was genau verstehst du daran nicht?«

»Irgendwie alles«, schüchtern vermied ich den Augenkontakt. »Ich interessiere mich nicht für die Geschichte Amerikas oder über den ersten Weltkrieg. Oder wie alles Auswirkungen auf die Menschheit hatte..«

»Es ist nicht schwer, Shawty. Wir können es auch gemeinsam lernen. Du musst es nur verstehen und dann sitzt alles.« Mit diesen Worten legte er seinen Finger unter mein Kinn, hob meinen Kopf und zwang mich dazu in seine fesselnden Augen zu schauen. »Weißt du wann du dir alles besser merken kannst?«

Eindringlich blickte er mir ins Gesicht, dabei huschten seine Augen immer wieder von meinen Augen zu meinen trockenen Lippen. Sofort befeuchtete ich sie, als mir bewusst war, wie trocken sie sich anfühlten. Seine Augen blitzten auf. »Du merkst dir erst alles«, die Begierde identifizierte man in seinen Augen. »Wenn du selber Geschichte schreibst.«

»Und wie tu ich das?«, ich atmete schwer.

Mein Herz schlug mir stark gegen die Brust. Es fiel mir immer schwerer dem Augenkontakt standzuhalten. Er durchlöcherte mich förmlich und konnte genau in mein Inneres sehen. »Indem du dein Leben lebst und genießt.« Seine Worte bestanden aus einem Hauchen.

Lebe das Leben, das ich nie leben konnte. Waren Haileys Worte gewesen.

»Und was ich wenn ich das nicht kann?«, fürchtete ich mich und zeigte es ihm auch. »Und wieso kannst du es nicht? Was hält dich davon ab?«, wollte er flüsternd wissen.

Ängstlich zuckte ich mit meinen Schultern. »Keine Ahnung, aber ich habe Angst. Schreckliche Angst, dass ich vielleicht versagen könnte.«

»Es ist menschlich, dass man versagt. Jeder versagt mal im Leben, wahrscheinlich öfter als gewollt, trotzdem gehen sie weiter. Denn wenn sie im Leben stehen bleiben, werden sie nie wissen, was sie erwartet hätte.« Die Ruhe in Person saß wieder vor mir und berührte mich vorsichtig an der Wange.

»Ich weiß, dass dir deine Schwester am Herzen liegt«, kam er wieder zurück zu Hailey. Meine Nackenhaare stellten sich auf der Sekunde auf. »Und du vermisst sie schrecklich, aber sie möchte, dass du weitergehst. Sie wäre bestimmt nicht stolz darauf, dich in dieser Situation zu sehen.« Dann legten sich seine beiden Hände auf meine Wangen und er näherte sich mit seinem Gesicht.

Till the Death | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt