Kapitel 14

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Regulus strich sich mit der einen Hand über seinen kurzen Ziegenbart, während seine andere durch das frisch geschnittene Haar fuhr. Severus und Izar würden dem definitiv zustimmen.

Seine neuen Roben waren steif und einengend, aber in einem königlichen Blau gehalten; den politischen Standpunkt des Regimes und des Friedens vertretend. Das Wappen der Familie Black war auf seine Brust gestickt, groß genug, dass jeder, der hinsah, es bemerken würde. Einige Mitarbeiter des Ministeriums hielten inne und starrten ihn an. Sie waren es nicht länger gewohnt, einen Black in ihrer Mitte zu wissen. Regulus war hierhergekommen, um das zu ändern. Die Blacks gehörten zu den ältesten nachweisbaren Linien der Reinblüter – den politischen Führern in der Geschichte der Zaubererwelt.

Es war an der Zeit, sich wieder an der Spitze einzufinden.

Es gab nur noch eine Hürde zu überwinden, bevor Regulus seinen rechtmäßigen Sitz im Ministerium einnehmen konnte.

„Ich bin gekommen, um Untersekretär Tom Riddle zu sprechen.", sagte Regulus zu der Frau an der Rezeption, achtlos in seiner Tonwahl. Sie schaute ihn über ihre Hornbrille an, die trübbraunen Augen amüsiert.

„Mr. Riddle ist ein sehr beschäftigter Mann. Ich fürchte, Sie werden einen Termin ausmachen und zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen müssen.", informierte sie hochnäsig und griff mit ihren langen, krallenartigen Nägeln nach dem Kalender. „Nächsten Monat wäre ein Termin frei–"

„Ich fürchte, das wird nicht reichen.", flüsterte Regulus dunkel und richtete sich zu voller Größe auf. Er überragte ihre sitzende Gestalt und stellte sicher, dass er ihr gesamtes Blickfeld einnahm. Ihren Blick einfangend, hielt er ihn intensiv. Sie versteifte sich in ihrem Stuhl und die Finger, die sich auf den Kalender gelegt hatten, zitterten leicht. Als sie das Wappen der Blacks bemerkte, leckte sie sich nervös die Lippen. „Er muss heute Zeit haben. Ein kurzer Augenblick reicht vollkommen...", drängte er leise.

„Lassen Sie ihn rein, Roberta.", säuselte eine unheimliche Stimme vom Ende des Flurs her.

Regulus sah auf, direkt auf die Form des Dunklen Lords, der seinen Glamour oben hatte. Der Politiker lehnte an dem Türrahmen zu seinem Büro, der Gesichtsausdruck alles andere als erfreut. Regulus spürte, wie sein Herz zu rasen begann, während er dem Mann gegenüberstand. Er hatte kühn behauptet, dass das Treffen im Ministerium nicht sonderlich beschwerlich ausfallen sollte, zumindest nicht einmal ansatzweise in den Ausmaßen, die ein Treffen annehmen würde, wenn er mit dem Mann allein war. Fernab von aller Öffentlichkeit. Aber all das schien nun unwichtig, während dieselbe Angst sich in ihm ausbreitete. Dieselbe Angst, wie in jedem anderen Szenario, ganz gleich ob nun öffentlich oder verborgen.

Er hatte vergessen, wie leicht es dem Dunklen Lord fiel. Wie leicht er in anderen Angst auslösen konnte. Er hatte das pure Charisma vergessen, dass ihn wie eine zweite Haut umgab.

Regulus warf Roberta einen letzten Blick zu, ehe er steif den Flur hinunterschritt. Auf beiden Seiten von Riddles geschlossenem Büro waren reihenweise Schreibtische aufgestellt, hinter denen arbeitstüchtige Zauberer und Hexen saßen. Keiner von ihnen schenkte ihm auch nur das geringste Maß an Aufmerksamkeit. Immerhin war Regulus Black vor fünfzehn Jahren verschwunden. Sie hätten ihn nicht wiedererkannt.

Riddle trat einen Schritt zurück und öffnete die Tür für Regulus. Er trat in das Büro und wusste, dass sein Schicksal besiegelt sein würde, sobald die Tür sich verriegelte.

Der Dunkle Lord schloss die Tür, schob sich an Regulus vorbei und stellte sich hinter seinen Schreibtisch. Schweigen war bei diesem Mann kein gutes Zeichen. Vor allem, wenn er seinen Kopf gesenkt und die Hände vor sich auf den Tisch gestützt hatte.

Regulus ließ sich auf eines seiner Knie fallen. Er ballte seine linke Hand zur Faust, hob den Arm und platzierte seinen Pulspunkt direkt zwischen seinen Augen. „Vergebt mir, mein Herr. Ich habe Euch verraten und Euch Unrecht getan... auf jede erdenkliche Weise. Ich biete Euch meine Freiheit, meinen Willen und meine Seele als Mittel der Vergebung."

Seine Position auf dem Boden glich der alter Tage; der Zeit, in der Reinblüter respektiert wurden und ihre Geschicklichkeit, ihre Überlegenheit anerkannt wurde. Seine Haltung sollte Verwundbarkeit und Respekt bezüglich ranghöherer Zauberer zum Ausdruck bringen. Und er wusste, dass Voldemort dies erkennen würde, trotz dessen eigener Abstammungslinie.

Er hob seinen Blick nicht vom Boden, um die Reaktion des Dunklen Lords zu begutachten.

„Du hast mir beachtliches Unrecht getan.", zischte Voldemort und seine Wut war deutlich zu vernehmen. „Und wofür das alles? Deine Hure von einem Schlammblut?"

Regulus schloss die Augen, kontrollierte sein Temperament. Der Dunkle Lord schien nicht überrascht, dass Regulus am Leben war. Das bedeutete, dass er es gewusst haben musste. Severus hatte Recht behalten. „Vergebt mir, Mylord. Aber mein Verrat stützt sich auf das Kind, das das Schlammblut zu dieser Zeit in sich trug. Ich beging Verrat für den Sohn, den ich ihn ihr verborgen glaubte."

Der Dunkle Lord gluckste. Es war ganz und gar nicht beruhigend und jagte Regulus eine Welle der Gänsehaut über den Rücken. „Je nach deinen Motiven bist du entweder klug oder ziemlich naiv, dich hierherzuwagen, Black. Du weißt, dass ich nicht dazu in der Lage bin, dass zu tun, was mir rechtens zusteht."

Der Cruciatus-Fluch. Wenn Regulus Glück hatte. Es gab weitaus furchterregendere und schmerzvollere Flüche in der Sammlung des Dunklen Lords. Und das war auch der Grund, weshalb Regulus den Mann im Ministerium aufsuchte.

„Ich könnte dich von hier fortbringen." Regulus blieb zusammengekauert, verharrte in Position, aber er hörte, wie der Dunkle Lord sich um den Schreibtisch herumbewegte und auf ihn zuging. „Nur dort könnte ich mich deiner Schreie erfreuen, die du für das, was du getan hast, mehr als verdienst. Du bist schlau, Regulus, mir so kühn zu begegnen. Du weißt, dass dein Sohn mir sehr viel bedeutet, nicht wahr?"

Regulus warf einen kurzen Blick nach oben und schluckte, als er auf das leidenschaftlich glühende Rot traf. Der Mann musste außerordentlich wütend sein, wenn er das Verrutschen seines Glamours erlaubte. „Das tue ich, Mylord.", gab Regulus zu. Severus hatte ihm einmal anvertraut, dass der Lord jede Lüge durchschauen konnte. Regulus würde nicht dabei helfen, sein eigenes Grab zu schaufeln, indem er den Mann auch noch anlog.

„Und du nahmst an, dass ich dich nicht töten würde, weil ich weiterhin in Izars Gunst stehen möchte, korrekt?"

Regulus bemühte sich, an dem Kloß in seiner Kehle vorbei zu atmen. „Habe ich mich dahingehend verkalkuliert, Mylord?" Es war unglaublich tollkühn, so etwas zu sagen. Neunmalklug. Zu bissig, um zu passen – zumindest in diesem Augenblick.

Kalte Finger griffen nach seinem Kiefer, brachen seine Haltung. „Ich sehe, woher Izar seine vorwitzige Zunge nimmt, aber von dir werde ich sie nicht tolerieren." Voldemort zog Regulus näher heran, ein bedeutsames Grinsen im Gesicht. „Wir haben noch einige Dinge zu besprechen, Black. Zum Glück für dich habe ich einen Termin mit deinem Sohn zum Mittagessen, der nicht verschoben werden kann." Der Mann stand auf und stieß Regulus Gesicht verächtlich zur Seite, als wäre er nichts wert. „Beim nächsten Mal wird dir deine Strafe zugeführt. Izar wird dabei auf jeden Fall anwesend sein. Ich bin der festen Meinung, dass er die Erklärung für dein Fehlverhalten genauso verdient wie ich."

Es war verständlich und er würde nicht dagegen aufbegehren. Sein Sohn musste erfahren, was damals geschehen war.

Er blieb auf dem Boden, kannte den Ablauf, die Demut, solange dort bleiben zu müssen, bis der Dunkle Lord es ihm zugestand, sich zu bewegen.

„Übrigens..." Die Stimme des Mannes adoptierte eine Kälte, die Regulus frösteln ließ. „Was hältst du hiervon?"

Regulus blickte verwirrt auf und starrte auf die samtene Ringschatulle, die ihm entgegengehalten wurde. Seine Augen schossen zu denen des Dunklen Lords, beunruhigt ob des besitzergreifenden Schimmers in den Tiefen des Karmesinrots. „Ich verstehe nicht; für wen ist der?" Sein Blick wanderte zu den Händen des Dunklen Lords und er erkannte, dass der Mann einen ähnlichen Ring am Finger trug. Nur war der des Dunklen Lords viel schlichter – ein silberner Ring mit keltischem Muster.

Der in der Schachtel war pechschwarz. Er enthielt ein eingraviertes keltisches Muster im Titanmetall.

Regulus' Magen sank, während sich das kalte Gefühl von Grauen in ihm ausbreitete. Er erkannte den Ring, der in den Rängen der Reinblütigen beliebt war.

„Nein!", zischte Regulus, vor Wut geblendet, als ihm bewusst wurde, was der magische Ring bedeutete; welchem Zweck er diente. „Lasst Izar da raus! Das ist eine Sache zwischen Euch und mir. Er ist fünfzehn!"

Voldemort gluckste, knallte die Schatulle mit einem lauten Schnappen zu und steckte sie in seine Tasche. Er schien mehr als zufrieden mit Regulus' Reaktion. „Je weiter du deinen Mund öffnest, desto zeitintensiver wird dein Aufeinandertreffen mit dem Cruciatus-Fluch." Karmesinrote Augen verengten sich schadenfroh. „Es dreht sich alles um Izar. Ich will, dass du bestraft wirst. Und nach dem, was ich gehört habe..." Voldemort brach ab und neigte den Kopf zur Seite. „Würdest du alles tun, um Izar aus Schwierigkeiten herauszuhalten. Deinen Sohn leiden zu lassen, wirkt auf mich wie eine anständige Strafe für dich."

Regulus saß fassungslos da.

Eine Hand tätschelte seinen Kopf. „Ich werde mich für unser nächstes Treffen mit dir in Verbindung setzen." Voldemort knöpfte seinen Umhang zu, zufrieden mit sich selbst. „Du kannst dich selbst hinausführen, wenn du bereit bist, zu gehen."

Damit verließ der Mann das Büro, die Schatulle in der Hand.

Regulus Maske zerbröckelte, sobald sein Gesicht auf seine Handflächen traf.

Death of Today | ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt