Kapitel 7

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Die Stirn an das kühle Glas gelehnt, starrte er müde in die vorbeiziehende Landschaft hinaus. In dem Versuch, den pochenden Schmerz in seinem linken Unterarm zu betäuben, umklammerte seine rechte Hand das Dunkle Mal. Er wusste, dass es sinnlos war. Er hatte jeden ihm bekannten Heilzauber ausprobiert, doch der Schmerz ebbte nur für wenige Minuten ab, ehe er doppelt so stark zurückkehrte.

Er fühlte sich miserabel. Nicht wie er selbst. Und völlig krank.

Auf seinem Schoß lag ein Buch über den Proteus-Zauber. Der Proteus-Zauber wurde mit dem Ziel entworfen, mehrere Objekte über einen gemeinsamen Link miteinander zu verbinden. Izar hatte den Verdacht, dass Voldemorts Dunkle Mal auf ebenjener Methode beruhte. Doch so sehr Izar auch das Verlangen hegte, mehr über das Mal zu erfahren, sein Verstand konnte den Schmerz nicht ausblenden, der aus seinem Arm quoll, ihn ablenkte.

Der große ledernde Wälzer – Eruditio – den Voldemort ihm überreicht hatte, war sicher im unteren Teil seines Koffers verborgen, umhüllt von dem schützenden Tuch. Er konnte sich nicht dazu durchringen, das Buch zu benutzen. Nicht jetzt, wo er mit dem Dunklen Lord alles andere als zufrieden war. Trotz seiner kindlichen Sturheit, das Geschenk nicht einzusetzen, wanderten seine Gedanken immer wieder zum Buch zurück.

Gab es möglicherweise Informationen zum Proteus-Zauber im Eruditio? Informationen zum Dunklen Mal selbst?

Er zweifelte daran.

Riddle hatte es selbst erfunden. Izar müsste es auseinandernehmen, um seine Eigenschaften aufzudecken.

Ein lautes Quietschen ertönte von der Abteiltür, ausgelöst von einem Erstklässler, der zaghaft seinen Kopf hineinsteckte. „Überall sonst ist es voll, dürfte ich...", hob der Junge zögernd an.

Izars Hals knackte hörbar, so schnell drehte er sich zu dem Jungen um, begleitet von einem stechenden Blick. „Nein, du darfst nicht hier sitzen. Such dir gefälligst einen anderen Platz."

Der Junge schloss eilig die Tür hinter sich und entfernte sich so schnell es ging von dem Abteil. Statt jedoch die nötige Ruhe finden zu können, durfte er erfreulicherweise mit der Präsenz eines gewissen blonden Jungen vorlieb nehmen, der sich selbst in sein Abteil einlud. Ohne auch nur zu fragen, ob Izar lieber alleingelassen werden wollte. Er wollte nicht, dass andere seine Schmerzen bemerkten. Er wollte keine Gesellschaft.

„Was hat der kleine Erstklässler dir je getan?", fragte Malfoy grinsend.

Izars lehnte seinen Kopf gegen die Bank und sah den Blonden unglücklich an. „Dasselbe, was du auch tust, Malfoy. In meine Privatsphäre eindringen."

Malfoy schien der abfällige Ton nichts auszumachen. Stattdessen setzte der verwöhnte Bastard sich auf die Bank gegenüber von Izar. Der Malfoy-Erbe schien sich in seiner Gegenwart pudelwohl zu fühlen, selbst nach vier langen Jahren, in denen er ihn terrorisierte. Dennoch wusste Izar genau, warum er sich so wohl fühlte. Und es gefiel ihm ganz und gar nicht.

Er hatte befürchtet, dass das geschehen würde.

Izar seufzte. „Wir sind keine Freunde. Und sicherlich auch keine Familie, Malfoy. Was immer du glaubst, von Bellatrix gehört zu haben, bleibt unter uns, verstanden?" Izar beugte sich vor und zuckte daraufhin zusammen, als sein Gewicht seinen linken Arm belastete.

Das Letzte, worüber er nachdenken wollte, war seine Abstammung.

Er hatte die Situation nach der Initiation in den Hintergrund gedrängt. Zumindest ... bis er Lily letzten Freitag in der Mysteriumsabteilung über den Weg gelaufen war.

Sie hatte sich mit einem entschuldigenden Ausdruck an ihn gewandt, zweifellos um genau das zu tun – sich zu entschuldigen, wegen dem, was in der Todeskammer vorgefallen war. Doch ehe sie sich ihm nähern konnte, hatte Izar sich auf der Ferse umgedreht und sie in dem Korridor zurückgelassen. Was immer sie auch von ihm gewollt haben mochte, es war ihm gleichgültig. Er würde sich das nicht antun. Sie zu sehen, hatte den Schmerz an die Oberfläche gebracht, den er bei der Initiation bereits genügend zu spüren bekommen hatte. Er wollte so gerne fragen, warum, konnte sich aber nicht dazu durchringen.

Es war besser, die ganze Situation auf sich beruhen zu lassen.

Wie es schon seit fünfzehn Jahren gehandhabt wurde.

Nun, da er sich im Zug nach Hogwarts befand, konnte er aufatmen. Bis zum nächsten Sommer würde er nicht an einem einzigen Treffen teilnehmen müssen. Außerdem würde er Lily nicht sehen müssen. Tatsächlich brauchte er nicht einmal an seine Eltern zu denken, während er sich ausschließlich auf Schularbeiten und seine Aufgabe, die Eigenschaften des Dunklen Mals zu entschlüsseln, konzentrierte.

Aber Malfoy musste seine Nase ja in seine Angelegenheiten stecken, nun, da er wusste, dass sie „verwandt" waren – wie weit entfernt das auch immer war.

Izar wollte das nicht.

Er wünschte sich ein ruhiges Jahr, bevor seine Probleme ihn im nächsten Sommer mit rasanter Geschwindigkeit einholen würden.

Malfoy schenkte dem gefallenen Kommentar keine Beachtung. „Ich hörte, man hätte dir eine silberne Maske überreicht. Neue Rekruten bekommen gewöhnlich lediglich Bronzemasken präsentiert." Die Stimme des Jungen klang verklemmt, einen Hauch neidisch, doch neugierig genug. „Der Dunkle Lord muss dir einiges an Vertrauen entgegenbringen. Und mein Vater scheint mit der Entscheidung unseres Lords einverstanden zu sein. Was ich nicht verstanden habe, war, wieso du die Salbe nicht erhalten hast. Ich konnte von meiner Position fast nichts hören und Vater wollte sich zu dieser Angelegenheit nicht äußern."

Ohne Atem zu holen, erhaschte Malfoy einen Blick auf seine Hand. Seine Augen weiteten sich komisch.

„Deine Hand sieht riesig aus! Die ist dreimal so groß wie die andere."

Izar knurrte. „Deine Beobachtungsgabe ist fast so bemerkenswert, wie deine Fähigkeit, dass Offensichtliche festzustellen."

Draco schniefte. „Wie immer ähnelst du Severus in deiner Art, aber ich bin daran gewöhnt. Du kannst mich nicht beeinflussen. Er hat keinen Einfluss auf mich."

Schade. „Offensichtlich empfindet er genauso wie ich."

Draco hob eine Hand und inspizierte seine Fingernägel. „Dein Zynismus dient dir als Deckmantel, um deine wahren Gefühle zu verbergen. Meine Mutter meinte, Regulus sei Severus sehr ähnlich gewesen. Ihr drei hättet gut zusammengepasst..." Der Blonde brach bei Izars tosenden Gesichtsausdruck ab. Plötzlich verschwanden Ruhe und Arroganz. An deren Stelle traten Zögern und Nachdenklich. „Hör zu, Harrison, ich bin nicht hergekommen, um mich bei dir zu entschuldigen."

Izar hob die Augenbrauen. Er wollte diese Art der Diskussion nicht führen, wollte keinen verständnisvollen Malfoy.

„Mir ist jedoch klargeworden, dass ich dich in der Vergangenheit ungerechtfertigt behandelt habe. Ich werde mich nicht entschuldigen, schlage aber einen Neustart vor."

Izar lächelte spöttisch und lehnte sich zurück gegen die Bank. „Willst du ein neues Kapitel aufschlagen, weil der Dunkle Lord und dein Vater offensichtliches Interesse an mir bekundet haben und du deinen eigenen Arsch retten willst? Oder machst du wirklich einen Wandel durch und schlägst es aus der Güte deines Herzens heraus vor?"

Der Blonde verzog das Gesicht. „Die erste Variante, offensichtlich."

„Offensichtlich.", wiederholte Izar trocken, dennoch ein wenig erleichtert. Er hatte nicht erwartet, dass Draco seine Meinung ändern würde. Nein, ihm ging es nur darum, seine eigene Haut zu retten, wie jeder reinblütige Slytherin es tun würde.

Draco schmunzelte. „Ich würde gern noch einmal von Vorn anfangen. Ich wäre sogar damit einverstanden, deine Abstammung niemandem gegenüber zu erwähnen."

Izar musste ein Stöhnen zurückhalten. Der Junge ließ einfach nicht locker. „Wenn ich zustimme, versprichst du mir dann, mich in Ruhe zu lassen?"

„Das würde den Zweck eines „Neuanfangs" zunichtemachen, oder nicht?" Der Blonde hatte seinerseits seine Augenbrauen hochgezogen und die silbernen Augen tanzten über Izars irritierten Gesichtsausdruck. „Aber zumindest ist es ein Anfang." Und nach einer gefühlten Ewigkeit, erhob Draco sich. Sein Mund verzerrte sich vor Belustigung – als würde er ahnen, welchen Qualen er Izar aussetzte. „Ich werde Severus bitten, einen Blick auf deinen Arm zu werfen. Das sieht wirklich nicht mehr gesund aus."

Was du nicht sagst.

„Verlässt du uns schon, Malfoy?", ertönte eine weitere Stimme und veranlasste Izar dazu, resigniert gegen das Sitzkissen zu sinken.

Waren Ruhe und Frieden wirklich zu viel verlangt?

Daphne Greengrass betrat – in all ihrer Reinblüterpracht – anmutig das kleine Abteil.

„Harrison möchte seine Ruhe, Greengrass.", kommentierte Draco abfällig. Er besah sich Daphnes wachsendes Lächeln und die Art, wie sich ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf Izar zu konzentrieren schien. „Ich wusste nicht, dass du und Harrison euch kennen." Er klang eifersüchtig, misstrauisch. Und das nur, weil Draco angenommen hatte, Izar für sich allein zu haben.

Izar wusste, dass die beiden sich nicht allzu gut verstanden. Sie tolerierten einander, ja, aber sie pflegten keinen regen Kontakt. Malfoy fand, dass Daphne für eine reinblütige Hexe zu freimütig war – und Daphne teilte Izars Meinung über Draco. Er war ein verwöhnter Junge, der das Erwachsenenalter noch lange nicht erreicht hatte.

Daphne strich sich eine Strähne ihres kurzen, blonden Haares hinters Ohr und betrachtete Draco. „Einige von uns haben genug Menschenkenntnis, um an Izars Fassade vorbeischauen zu können."

Izar nahm sein Buch zur Hand, bereits gelangweilt von den beiden. „Wenn ihr nichts dagegen habt." Er zeigte sein Buch hoch. „Würde ich gerne ein paar Dinge nachlesen. Ohne Unterbrechung."

Daphne wandte sich von Malfoy ab und fokussierte sich auf ihre Beute. „Ich kam eigentlich hierher, um mit dir zu sitzen, Izar. Immerhin haben wir uns den ganzen Sommer nicht getroffen, von der Gala mal abgesehen." Izars angestachelte Miene bemerkend, fuhr sie nahtlos fort: „Ich habe sogar etwas zum Lesen mitgebracht."

Izar hob amüsiert die Augenbrauen. „Rein im Sinne der Bildung, sicherlich?"

„Du kennst mich zu gut." Sie grinste, während ihre perfekt manikürten Nägel die neueste Ausgabe der Hexenwoche öffneten.

Izars Augen weiteten sich bestürzt, ehe er hastig von dem Abfall weg auf sein Lehrbuch schaute.

Das Mädchen verbrachte ihre Freizeit nicht mit Lesen, bestand ihre Fächer aber dennoch mit Bravour, allein auf der Grundlage ihres Talents.

Er erinnerte sich an die Situation ihres Kennenlernens. Sie war im dritten Jahr gewesen und hatte über ihrem Zaubertrankaufsatz gehangen, sichtlich gestresst. Als sie daraufhin aufblickte und seine Beobachtungen bemerkte, hatte er deutlich ihre blutunterlaufenden Augen sehen können. Natürlich hatte sie ihn angeschnauzt und gemeint, sie würde ihn verhexen, wenn er nicht woanders hinschaute. Ihre hitzige Frustration hatte Izars Stimmung ein wenig gemildert. Ihre Drohung ignorierend, bot er ihr seine Hilfe an.

Sie wollte zunächst nicht einwilligen, viel zu stolz, Hilfe anzunehmen; vor allem von jemanden, der eine Stufe unter ihr war. Aber schließlich hatte sie nachgegeben.

Seitdem hatte sie sein Wissen nie wieder beansprucht und schien besonders hartnäckig in seiner Nähe verweilen wollen, was zu einer speziellen, äußerst ungewöhnlichen Beziehung zwischen den beiden führte.

Irgendwann hatte er – wenn auch widerwillig – gelernt, ihre Anwesenheit zu tolerieren.

Malfoy räusperte sich, noch immer in nächster Nähe zur Abteiltür. „Ich glaube, in dem Fall bleibe ich ebenfalls hier." Der Junge schniefte hochnäsig, als er sich gegenüber von ihnen niederließ. „Hast du was zu lesen, Harrison? Wie ich dich kenne, hast du wahrscheinlich ein Buch in deinem Arsch versteckt."

Daphne gab ein bestürztes Seufzen von sich.

Er blickte langsam von seinem Text auf, dank der ständigen Unterbrechung noch immer an derselben Stelle.

Über den Rand seines Buches hinaus, studierte er Draco. Der Junge war im Laufe des Sommers herangereift, wirkte mehr wie ein Mann als ein Junge. Er ähnelte Lucius mit dem verlängerten Haar und dem Ausdruck kühler Arroganz. Izar war Narzissa Malfoy nie begegnet, dennoch sah er eine Weichheit um Dracos Mund, die Lucius nicht besaß – die Draco von seiner Mutter vererbt bekommen hatte.

„Ich denke mit deinen Lesevorlieben solltest du dich eher an Daphne wenden." Izar zog träge eine Augenbraue nach oben, während der Malfoy-Erbe einen Blick auf die Hexenwoche warf. „Vielleicht könntest du sie um eine Ausgabe bitten."

Als Daphne ihre Hand hob, um ihr Gelächter zu dämpfen, fing der Familienring der Greengrass' das Licht ein und reflektierte es. Izars Laune verschlechterte sich, wissend, dass auch Draco einen solchen Ring an seinem Finger trug. Er wandte sich ab, ehe sein Blick auffällig wurde.

Dracos Lippen verzerrten sich, formten eine Grimasse. „Wirklich witzig, Harrison."

Daphne schaltete sich erneut ein, wechselte das Thema geschickt. „Ich bin gespannt, wie die Durmstrang-Schüler sich machen werden." Sie schlug ihre Wimpern nieder. „Ich war Erstklässlerin, als das Turnier das letzte Mal in Frankreich stattfand. Die jüngeren Jahrgänge mussten zurückbleiben, aber nach dem zu urteilen, was ich gehört habe, gibt es einige stattliche Exemplare."

Es dauerte eine Weile, bis Izar verstand, wovon sie sprach. „Ich hatte das Turnier fast vergessen.", gab er zu, ehe er sich wieder seinem Buch zuwandte. Seine Augen sahen durch die Seiten durch, anstatt sich zu fokussieren. Seit der Wiederaufnahme des Trimagischen Turniers vor fast fünfzig Jahren hatten sie beschlossen, dass Turnier alle fünf Jahre stattfinden zu lassen.

„Vergiss die Beauxbatons nicht." Draco warf Daphne einen selbstgefälligen Blick zu. „Dort gibt es eine Menge hübsche Frauen."

„Wohl kaum." Sie blickte zu Izar. „Hältst du sie für was Besonderes, Izar?"

Er starrte auf die Buchseite, ungläubig, dass er diese Diskussion führte. Er würde lieber mit Lily Potter in der Todeskammer sitzen, als die Schönheitsgrade zwischen Beauxbaton und Durmstrang zu bewerten. „Werdet ihr eure Namen in den Kelch werfen?", wechselte Izar leichtfertig das Thema.

Daphne zeigte sich unbeeindruckt ob seiner Taktik, doch Dracos Brust schwoll an, während sich sein Kinn stolz hob.

„Natürlich."

Izar verengte die Augen, beobachtete die stolze Haltung und die Röte, die sich auf den Wangen des Jungen ausbreiteten. Etwas an seinem Tonfall verriet, dass er sich bereits für den Champion hielt, dass er mit Sicherheit sagen konnte, ausgewählt zu werden. Izar konnte es nicht sehen, doch der Ausdruck des Jungen sprach von größter Zuversicht.

Was genau wusste Draco?

„Du scheinst gar nicht aufgeregt zu sein." Daphne berührte seine Schulter. „Wirst du deinen Namen etwa nicht reinwerfen? Meiner Meinung nach würdest du einen brillanten Champion abgeben."

„Man muss mindestens sechzehn Jahre alt sein, um teilnehmen zu können und ich bin gerade fünfzehn geworden." Sie schmollte. „Trotzdem – selbst, wenn ich alt genug wäre – würde ich nicht teilnehmen wollen." Das Letzte, was er wollte, war Aufmerksamkeit. Ruhm. Interesse. Glorie. Er konnte sich nicht vorstellen, in die breite Öffentlichkeit zu treten und Ruhm und Ehre zu erhalten.

Selbst, wenn es um eine gewaltige Summe Geld ging.

Dennoch hatte das Turnier seine Vorteile. Ihm wurde klar, dass er viel zusätzliche Zeit zum Recherchieren haben würde, während der Rest der Schule das Turnier besuchen und die Aufgaben betrachten würde. Er wäre allein, konnte an dem Dunklen Mal und an seinem eigenem Projekt bei den Unsäglichen arbeiten, wo er sich geschworen hatte, dieses Schuljahr fertig zu werden – bevor er nächsten Sommer zur Arbeit antrat.

Draco lachte spöttisch und lenkte Izars Aufmerksamkeit auf die Gegenwart.

„Izar würde niemals eintreten." Die beiden Jungen tauschten wissende Blicke untereinander. „Solange Norwegen nicht wieder gewinnt, ist es mir egal, wer der diesjährige Champion wird. Durmstrang hat alle Turniere gewonnen, ausgenommen vom ersten Jahr, wo Frankreich gewann. Großbritannien dagegen, hat seit der Wiedereröffnung nicht ein einziges Mal gewonnen."

Das stimmte.

Die drei Ministerien waren ziemlich wetteifernd, konkurrenzbetont, wenn es um das Turnier ging. Das norwegische Ministerium, insbesondere das Durmstrang-Institut, besaß die höchsten Prüfungsergebnisse und somit die meisten Rechte zur Prahlerei. Soweit Izar wusste, setzten die hochrangigen Politiker Wetten auf das Trimagische Turnier. Sie wurden während des Turniers ziemlich aggressiv – reisten vermehrt sogar in die gastgebende Schule.

Und wie es schien, war Großbritannien dieses Jahr als Gastgeber ausgewählt worden...

Izars Finger zuckten und sein Buch sank auf seinen Schoß, als ihm etwas klar wurde. Tom Riddle war ein Politiker. Lediglich dem Minister unterstellt. Er würde auf jeden Fall nach Hogwarts kommen und den Rest des Jahres bleiben.

Izar holte tief Luft, versuchte sich zu beruhigen, während sein linker Arm schmerzhaft zuckte.

Er hatte gedacht, ihm würde ein ganzes Jahr zustehen, ehe er dem Dunklen Lord erneut unter die Augen treten musste.

Nun... Fuck.

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Es gelang ihm schließlich, sich von Draco und Daphne zu befreien. Izar betrat – nun in die blauen und bronzenen Gewänder der Ravenclaws gehüllt – das Schloss. Er fühlte sich erleichtert, wieder in Hogwarts zu sein. Er würde alles geben, um sich nicht im Waisenhaus oder der Mysteriumsabteilung aufhalten zu müssen. Izar wusste nicht, wie lange er die Anwesenheit Lily Potters hätte tolerieren können, ohne sich etwas anmerken zu lassen.

Das Ravenclaw Wunderkind schritt auf eine der Säulen zu, verbarg sich in den Schatten, um sich zwischen dem Meer an Studenten zu sammeln.

Sein linker Arm brannte hitzig. Nicht nur das Dunkel Mal selbst, sondern sein ganzer Arm – und das mit einer Intensität, die den Schmerz und die Schwellung bis zu seiner Schulter ziehen ließ. Sich anzukleiden war schierer Folter gleichgekommen und schließlich hatte er sogar Dracos Hilfe annehmen müssen.

Izar stöhnte leise und lehnte sein erhitztes Gesicht an die Säule. Zugegeben, hatte er die Salbe am Tag seiner Brandmarkung haben wollen, war jedoch zu stolz, um den Dunklen Lord zu kontaktieren. Der Mann ließ sich leicht hassen. In einem Moment zeigte Tom Riddle Einfühlungsvermögen, handelte menschlich und im nächsten Moment verschloss er sich und betrachtete andere so, als wären sie unter seiner Würde.

Außerdem hatte er es einfach nicht mit sich vereinbaren können, sich dem Mann zu beugen.

Nur minderten das Pochen und Brennen seine Konzentrationsfähigkeit.

Schmerzerfüllte Augen beobachteten, wie sich die Schülerinnen und Schüler zusammendrängten, um laut miteinander zu sprechen. Ihre Schritte waren großspurig, hatten es eilig, während sie die Große Halle betraten, eifrig darauf aus, ihre Freunde wiederzusehen. Und dann sah Izar, wie Durmstrang- und Beauxbaton-Schüler den Eingangsbereich füllten.

Er presste die Zähne zusammen und kniff die Augen flüchtig zusammen, als sein Arm erneut zuckte.

Würde seine fehlende Anwesenheit beim Begrüßungsfest überhaupt bemerkt werden?

Nein.

Er öffnete die Augen, betrachtete die vorbeigehenden Schüler, die ihn nicht bemerkten. Izar drückte sich fester gegen die Säule, während ihm bewusst wurde, wie unsichtbar er für die anderen war. Einige sahen ihn an und wandten sich dennoch rasch wieder ab, als hätten sie ihn gar nicht erst gesehen.

Doch das war gut so, nicht wahr? Alles tun zu können, was er wollte, ohne Vorankündigung, ohne prüfende Blicke. Im Zug war er der Anwesenheit Dracos und Daphnes schnell überdrüssig geworden, also warum kümmerte ihn die Selbstvergessenheit der anderen Schüler ihm gegenüber?

Er erblickte einige Ministeriumbeamte, die durch die Türen Hogwarts' kamen. Und in der Mitte der britischen Gruppe ragte der charmante Politiker Tom Riddle auf. Seine Betrügerbrille auf der Nase, die Augen funkelnd, während er mit seinem Kollegen interagierte. Bevor Izar sich beruhigen konnte, dem Dunklen Lord erneut so nah zu sein, hob sich der Blick des Mannes und erfasste Izars verborgene Gestalt mit Leichtigkeit.

Izar schnappte überrascht nach Luft. Er drehte seinen Körper und verschwand eilig um den Pfeiler, während die Gruppe an ihm vorbeistolzierte.

Sein Atem kam flach.

Wenn er schon für einfache Studenten unsichtbar war, wie konnte dann ein mächtiger Dunkler Lord ihn so leicht bemerken? Ohne auch nur einen Augenblick zu verlieren? Als ob Izar von Bedeutung wäre...

„Mr. Harrison."

Mit dem Herzschlag in der Kehle, blickte er zu Severus Snape auf.

„Kommen Sie mit mir."

Der Professor für Zaubertränke wartete nicht darauf, dass Izar sich sammelte, bevor er den Weg hinunter in die Kerker geleitete. Izar stieß sich von der Säule ab und folgte den wogenden Gewändern.

„Was gibt es, Sir?", fragte er, als sie sich den Privatgemächern des Mannes näherten. „Werden wir das Begrüßungsfest nicht verpassen?" Er war ihm egal, ob er das Fest verpassen würde. In Wirklichkeit begrüßte er die Chance sogar, dem Trubel entfliegen zu können, der sich unwiderruflich erheben würde, wenn die Ankündigung des Trimagischen Turniers gemacht wurde.

Snape antwortete nicht, während er die Tür für Izar offenhielt. Der Ravenclaw betrat ungefragt die Privaträume und betrachtete die Gläser in den Regalen. Seine übliche Neugierde flammte am heutigen Abend seltsamerweise nicht auf und er ignorierte die ungewöhnlichen Zutaten zugunsten der Betrachtung eines gewissen Tränkemeisters. Der lief um ihn herum, der Gesichtsausdruck verklemmt.

„Du hättest dem Dunklen Lord oder mir eine Eule zukommen lassen sollen." Snapes tiefer Bariton durchbrach die Stille peitschend. „Leg dein Gewand ab."

Izar Schultern sackten bei dem Kommando zusammen. „Ich wollte nicht..." Er stockte, während seine rechte Hand ungeschickt an den Schnallen herumfingerte.

„Du wolltest dich dem Dunklen Lord nicht beugen, ja, ich hatte meine Vermutungen. Aber ich bin nicht der Dunkle Lord und im Besitz der Salbe. Ich habe die letzten Tage auf deine Eule gewartet." Snape holte ein Keramikbehältnis mit der Salbe von seinem Schreibtisch, ehe er sich Izar näherte. „Es scheint mir ganz so, als seist du nicht so intelligent, wie ich ursprünglich angenommen hatte."

Izar warf dem Mann einen vernichtenden Blick zu. „Ich wollte keine Last sein." Und er wollte allein rausfinden, wie man die Verbrennung heilen konnte. Doch dieser Plan war ihm abhandengekommen, als er bemerkte, wie sehr das Fieber ihn vom Studieren abhielt.

„Eine Last.", wiederholte Snape trocken. Er seufzte ungeduldig und streckte die Hand aus, um Izar beim Ablegen der Robe zu assistieren. „Du bist ein Wunder."

Während Izar von dem Professor entkleidet wurde, breitete sich eine unangenehme Röte über seinem Nacken aus. Sein Gesichtsausdruck blieb neutral, als Snape den linken Ärmel hochrollte, wobei diese Neutralität nicht lange anhielt, als das Material die zarte Haut darunter streifte.

Ein Zischen entkam den zusammengebissenen Zähnen.

„Törichter Junge.", rügte Snape, den dicken, rosa Arm betrachtend. „Du hast eine Infektion."

„Ich wollte es selbst entschlüsseln.", fauchte Izar, weil er es leid war, dass Snape ihn ausschimpfte, als wäre er ein kleiner Junge. „Ich hätte in der Lage sein müssen, herauszufinden, wie man das Brennen stoppen kann. Aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Nicht bei dem Brennen, ... nicht bei allem...", seine Stimme verzagte vor Frust, brach ob der beißenden Niederlage.

Tränen trübten seine Sicht und er blinzelte sie wütend weg. Zwischen seiner Abstammung, der Brandmarkung und seiner Unfähigkeit, bei den Unsäglichen voranzukommen, hatte Izar Schwierigkeiten, sich selbst in den Fokus zu rücken. Er hatte diesen Sommer bei vielen Dingen versagt und fühlte sich – offen gesagt – wie eine einzige, klägliche Enttäuschung.

Snape blieb still, während er die Salbe öffnete.

Der Duft von Aloe und Rosmarin breitete sich aus, beruhigte seine Sinne.

„Ich habe Angst, das zu verlieren, was mich besonders macht.", gestand er, fürchtete wirklich, die einzige Sache zu verlieren, über die er Kontrolle hatte; die einzige Sache, auf die er stolz sein konnte. Er brauchte seinen Intellekt.

Snape schnalzte missbilligend mit der Zunge und trug eine großzügige Menge Salbe auf das pechschwarze Dunkle Mal auf. „Man verliert seine Intelligenz nicht einfach so, Mr. Harrison. Wissen nimmt nicht ab, sondern wächst mit der Zeit." Überraschenderweise schwang keinerlei Verachtung in der Stimme mit, wie Izar es ob seiner kindischen Ängste vermutet hatte. „Du erlebst den bitteren Beigeschmack des Erwachsenwerdens mit all seinen Wandlungen und Schwierigkeiten. Dein Geist ist unruhig, erschüttert. Es ist nur natürlich, dass er nicht lange genug ruhen kann, um Wissen aufzunehmen."

Das Erwachsenenalter klang wahrlich miserabel. Diese Emotionen, Gefühlsschwankungen kamen seiner typischen Konzentration in die Quere. Es war kein Wunder, dass er immer für sich blieb. Die Menschen und ihr Drama bewiesen die Tendenz, ihn von dem abzulenken, was wirklich wichtig war.

Der Ravenclaw studierte Snapes gebeugte Haltung, als der Mann die beruhigende Salbe auftrug. „Haben Sie es jemals bereut?", fragte er zögernd, Snapes Reaktion abschätzend.

Erstaunlicherweise wusste Snape genau, wovon die Rede war.

„Ja." Der Mann zog sich zurück und drehte Izar den Rücken zu, während er den Deckel befestigte. Izar beobachtete aufmerksam, wie Snape um den Schreibtisch herumging und die Salbe in die oberste Schublade packte. „Jeder neue Rekrut bereut es, das Dunkle Mal akzeptiert zu haben, wenn auch nur kurzzeitig. Du bist nicht allein."

Izars Aufmerksamkeit fiel auf seinen pulsierenden, geröteten Arm und er studierte die intensiv duftende Paste. „Danke, Sir."

Erst als die Paste eingezogen war, ließ er den Ärmel wieder sinken. Es brannte noch immer, dennoch verschaffte es ihm ein wenig Erleichterung.

Izar war sich nicht sicher, ob die Salbe oder Snapes Zusicherungen die Ursache war.

„Es wird wahrscheinlich einige Tage dauern, bis die Schwellung zurückgeht und die Farbe sich normalisiert. Wir werden die Salbe morgen noch einmal auftragen, um sicherzugehen, dass die Infektion auch wirklich verschwindet." Snape lehnte sich gegen die Rückseite seines Schreibtisches. Die Arme über der Brust verschränkt, bedachte er Izar mit dem unermüdlichen Blick eines Legilimentikers. Nichts kam je an einem Legilimentiker vorbei und Izar verspürte einen erneuten Stich des Neids.

„Wäre es möglich, morgen eingehender über das Dunkle Mal zu sprechen, Sir? Ich würde gern mehr darüber erfahren. Seine Funktionen und Eigenschaften." Er ließ aus, dass er mit dem Dunklen Mal experimentieren wollte, für den Fall, dass der Mann ein solches Verhalten gegenüber ihrem Herrn nicht tolerieren würde.

Unerwartet breitete sich ein Lächeln auf Snapes Zügen aus und die Augen blitzten wissend. „Als ich das Mal erhielt, habe ich mich auch daran gemacht, zu experimentieren. Braute unzählige Tränke, um den Einfluss des Mals zu stoppen. Bedauerlicherweise kam ich in meinen Studien nicht sehr weit. Morgen werde ich dir meine Notizen zu dem Thema überreichen."

Es überraschte Izar, dass Snape bereitwillig zugab, an dem Dunklen Mal experimentiert zu haben. „Sie haben meinen Dank, Sir. Das würde mir wirklich gefallen."

Der Tränkemeister nickte knapp und wandte sich zur Tür. „Wir werden in der Großen Halle erwartet. Zweifellos hat der Dunkle Lord unsere Abwesenheit bereits zur Kenntnis genommen."

Izar runzelte die Stirn. Der Dunkle Lord war nicht dumm. Er würde eins und eins zusammenzählen. Voldemort hatte ausdrücklich befohlen, dass Izar ihn kontaktieren sollte, sofern er die Salbe haben wollte. Jetzt blieb nur abzuwarten, ob der Dunkle Lord seine Zunge im Zaum halten würde, solange sie sich in Hogwarts befanden, oder ob sein Temperament überhandnahm.

Als die beiden in den Gang hinaustraten, machte Izars fiebriges Gesicht Bekanntschaft mit der angenehm kühlen Atmosphäre des Kerkers. Er blickte Snape aus dem Augenwinkel an, wunderte sich über den Mann. „Sir?" Izars Stimme hallte in den Korridoren gespenstisch wider. „Kannten Sie Regulus Black?"

Er hatte sich geschworen, dass Thema auf sich beruhen zu lassen, aber er wusste, dass es etwas gab, dass Snape mit seinen Eltern verband. Der Mann musste gewusst haben, dass Izar den Abstammungstrank in seinem dritten Jahr gebraut hatte. Warum konfrontierte der Mann Izar nicht, insbesondere, weil es verboten war, Zutaten aus seinem persönlichen Vorrat zu entwenden?

Izar erinnerte sich, von Gyffindors gehört zu haben, die von ebenjenem Vorrat stahlen. Snape hatte ihnen drei monatiges Nachsitzen aufgebrummt und so viele Punkte abgezogen, dass nicht einmal mehr der leiseste Funken an Hoffnung bestand, den Hauspokal gewinnen zu können. Nur, um dann vor ihm zurückzutreten und zu schweigen, während Izar sich nicht nur einmal, sondern ganze dreimal an dem Vorrat bediente?

Entweder bevorzugte Snape Izar – genug, um solch eklatante Respektlosigkeit einfach zu übersehen – oder er wusste worum es ging und verstand seine Neugierde, wenn es zu seiner Abstammung kam.

Er vermutete, dass es letztes war. Snape nahm ziemlich besitzergreifende Züge an, wenn es um seine Tränke ging.

Die Haltung des älteren Mannes änderte sich. „Ich kannte ihn." Snapes Finger bogen sich, eine Geste die gewöhnlich erfolgte, wenn der Mann sein Temperament zügeln wollte.

„Sie wussten, dass er mein Vater war, oder?" Die Anschuldigung klang kaltblütig.

Snape hielt inne und wandte sich geschwind zu Izar um. Der Mann blickte auf ihn herab. „Ich hatte meinen Verdacht, der sich bestätigte, umso älter Sie wurden. Wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn ich es Ihnen gesagt hätte, sofern ich es früher gewusst hätte?"

„Nein.", antwortete Izar fest entschlossen. „Ich war nur neugierig, das ist alles."

Izar sandte dem Mann einen unerschrockenen Seitenblick, bevor er seinen Weg fortsetzte. Er war nicht verärgert, dass Snape die Sache geheim gehalten hatte, wo es doch seine Eltern gewesen waren, die genauso verbittert darum kämpften, das Geheimnis zu bewahren. Warum sollte er Snape die Schuld geben, dasselbe getan zu haben?

Snapes Stimme folgte ihm auf den Fersen. „Er ist ein guter Mann."

Izar wirbelte herum, die Augen zu Schlitzen verengt. „Ist? Mir wurde versichert, Regulus Black wäre wegen Verrats ermordert worden. Wollen Sie etwas anderes andeuten?" Er erlaubte dem Mann nicht, seine Behauptung zu bestätigen oder abzulehnen. „Ich kann Ihnen garantieren, dass – ganz gleich, wie die Antwort lauten mag –, es mir gleichgültig ist. Er ist für mich gestorben. Und das wird so bleiben."

Er merkte einen Moment zu spät, dass seine Hände zitterten.

Izar holte tief Luft, um seinen Ärger zu ersticken. Es war idiotisch, seine Frustration an dem Tränkeprofessor auszulassen. „Vielen Dank nochmal für Ihre Unterstützung, Sir. Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen."

Damit drehte er sich um und eilte aus den Kerkern.

Regulus Black ist tot.

Das war es, was er immer und immer wieder aufsagen musste, um das Gefühl des scharfen Verrats einzudämpfen.

Death of Today | ÜbersetzungWhere stories live. Discover now